16 Jahre Ausonius-Forschung 1989–2004 – ein Überblick

3. Teil: Varia

1. Briefe
Unter den monographisch kommentierenden Arbeiten zu einzelnen Werken des Ausonius ist der gewichtige Kommentar zu den Episteln von Luca Mondin von besonderer Bedeutung. Mondin bietet nach einem ausführlichen Literaturverzeichnis im Rahmen der Introduzione zunächst ein Kapitel „Una poesia tra pubblico e privato”, in dem Leben und Werk des Ausonius gewürdigt werden (XVII–XXXVIII). Besonders wird seine Rolle im Kontext der gebildeten politisch-literarischen Oberschicht herausgearbeitet, wie sie etwa im Briefwechsel und im persönlichen Kontakt mit Symmachus zum Ausdruck kommt. Die Mosella versteht Mondin in der Tradition von Marx und Ternes als ein Gedicht im Dienste der Valentinianischen Reichspolitik und als ein Lob der Zivilisation dieses Reichsteils (XXIIIf.).
Der Briefwechsel selbst umfaßt die Zeit zwischen der Rückkehr nach Bordeaux und dem Tod des Autors. Darin ist die Korrespondenz mit dem ehemaligen Schüler Paulinus von Nola von besonderem Interesse. Dabei zeigen die Briefe 5, 6, 8, 9 an Paulinus das ruhige {\it otium litteratum} eines reichen und kultivierten Grundbesitzers (XXXI). Sie gehören zu den letzten Zeugnissen aus der Hand des Ausonius (Lolli 16). Nicht zuletzt unter dem Einfluß des Martin von Tours zieht sich Paulinus zuerst in Aquitanien, dann in Spanien immer mehr aus der Welt zurück, um sich schließlich nahe dem Grab des heiligen Felix von Nola einem kontemplativen Leben zu widmen. Des weiteren wird die Form des poetischen Briefes besprochen, verstanden als „ Statussymbol” und Form der Höflichkeit gegenüber Bildung und Geschmack des Empfängers (XXXVI). Der zweite Teil der Einleitung stellt die Textüberlieferung der Briefe ausführlich dar. Mondin geht dabei weit über das von den früheren Editoren (einschließllich Green) Gebotene hinaus. Ausgangspunkt auch für die Textkonstitution der Briefe ist die für das Gesamtwerk des Ausonius nach Mondins These vorliegende doppelte Redaktion Y und Z. Dieser gehören (zusammen mit anderen Opuscula) die Briefe 1–13 an, die einen ursprünglich eigenen, chronologisch homogenen {\it liber epistularum} mit einer geschlossenen Komposition repräsentieren, wie Mondin im Detail nachweist (XLIff.). Dieses Corpus enthält auch vier Briefe an Paulinus, von denen keiner nach der Mitte des Jahres 389 zu datieren ist.102
Die 2. Familie (Z) ist, nach Mondin, vertreten durch die für die Ausonius-Überlieferung so bedeutende Handschrift V (s. 1. Teil). Die darin enthaltene Sammlung, deren Anordnung offensichtlich mehr praktischen als artifiziell-kompositorischen Gesichtspunkten folgt, beginnt mit dem Symmachus-Brief 1,31 Callu und der Antwort des Ausonius und schließt mit den letzten Briefen an Paulinus, die in der Üerlieferung eine Sonderstellung einnehmen (ausgeführt S. XLVI—LXIII).103 In der Ausgabe von Mondin wird das überlieferungsgeschichtliche Faktum der beiden Sammlungen klar repräsentiert. In der Textgestaltung bietet Mondin gegenüber Green einen mehr traditionellen Text (LXIV).
An den Text der 23 Briefe schließt sich ein ausführlicher Kommentar an, der zunächst zu jedem Brief eine Einleitung über Inhalt und Thema gibt. So wird etwa zu Epist. 1 die Thematik der invitatio besprochen, daran schließen sich Erörterungen über den Empfänger und die Datierung, es folgt Vers für Vers die Einzelerklärung sprachlicher und sachlicher Art mit einer Fülle von Parallelmaterial, die mit Hilfe des Thesaurus linguae Latinae, von Handbüchern wie Neue-Wagener und nicht zuletzt mit dem Suchprogramm Poesis der Universität Venedig gewonnen wurde.104
Eingeleitet wird der Band mit einer „Nota bibliografica”, die die erwähnten Ausgaben, Arbeiten zur Überlieferung und Textkritik, allgemeine Ausonius-Literatur sowie Abkürzungen von Handbüchern und Sammelwerken enthält.
Die Liste der Werke des Ausonius wird in der Reihenfolge von Green, die Abkürzungen aber im Gegensatz zu ihm in überwiegender Kleinschreibung angeführt. Beschlossen wird der Kommentar durch drei Indices. Der erste enthält Wörter und besondere Konstruktionen, der leider ziemlich eklektische zweite Namen und Sachen (einschließlich zitierter Stellen, wobei man jedoch die aus anderen Werken des Ausonius vermißt), ein letzter die im Kommentar erwähnten „studiosi moderni”. Mondin hat einen Kommentar vorgelegt, der einen Markstein nicht nur in der Forschung zu Ausonius, sondern zur spätantiken Epistolographie insgesamt darstellt.

Den Briefwechsel des Ausonius mit Paulinus von Nola hat David Amherdt in einer gesonderten Edition herausgegeben. Nach einer kurzen historischen Einführung, in der auch die Bedeutung dieses Briefwechsels als eines Abbildes der spätantiken Aristokratie, ihrer politischen und literarischen Intentionen, ihres Lebensstils, aber auch eines Zeugnisses für den Zusammenstoß zwischen altrömischer Tradition und entstehendem Christentum (näher ausgeführt S. 23–25) gewürdigt wird, folgt ein knapper Forschungsbericht über die wichtigsten Arbeiten zu Ausonius und Paulinus seit 1989.105 Sodann werden Leben und Werke der beiden Korrespondenten noch einmal gesondert dargestellt. Das Kapitel „La correspondance” bespricht die beiden Gruppen der Briefe vor und nach der Konversion des Paulinus, wie sie auch in der Überlieferung faßbar sind;106 die Argumente für die chronologische Reihenfolge der zweiten Gruppe werden klar zusammengefaßt. Es folgt eine knappe Charakterisierung des Briefwechsels in Hinblick auf die Positionen der beiden Korrespondenten. In diesem Zusammenhang ist natürlich die Frage nach dem Christentum des Ausonius von besonderem Interesse.107
Als Beispiel für einen Briefwechsel unter Gebildeten der Spätantike verstanden liegt es nahe, das Reglement, die zu beachtenden officia, zu betrachten (28–30), die diesen „rite social et culturel” (29) bestimmen. Der Text der vorliegenden Ausgabe schließt sich für Ausonius an Green, für Paulinus an Hartel an, nicht ohne gelegentlich eigene Entscheidungen zu treffen (Übersicht S. 34f.).
Im Hauptteil der Edition wird zunächst jedem Brief eine Einleitung („Présentation”) vorausgeschickt, die über den Inhalt und die Umstände der Abfassung informiert. Text und Übersetzung werden parallel dargeboten, das Druckbild ist, anders als in der Ausgabe von Dräger, klar und ansprechend.
Bei den „notes”, die als Fußnoten zur französischen Übersetzung erscheinen, konnte Amherdt auf die umfassenden Erklärungen von Mondin sowie auf andere adnotierte Ausgaben (Alvar Ezquerra, Dräger) zurückgreifen. Die Ausgabe sei auch dem deutschsprachigen Leser wärmstens empfohlen.

2. Commemoratio professorum Burdigalensium
Zu dem von Sivan und Coşkun in seiner Bedeutung für die Bildungs- und Sozialgeschichte des 4. Jh. gewürdigen Werk hat Maria Grazia Bajoni eine Sonder-edition vorgelegt. Die Einleitung geht aus von dem Schulgesetz Gratians vom Jahre 376, in dem die Vergütung der Lehrkräfte in den Hauptstädten Galliens geregelt wurde und das wohl nicht ohne den Einfluß des damaligen Quaestors Ausonius denkbar ist. Im Kontext der Vita und des Selbstverständnisses des Ausonius wird kurz die politische Rolle der Rhetoren im 4. Jh. angesprochen, die Bildungssituation der Zeit, die Quellenlage, die von Hieronymus (epist. 125,6) genannte ubertas Gallica (im Gegensatz zur gravitas Romana), die Nähe der Commemoratio zu den Parentalia. Abgeschlossen wird die Einleitung mit einer hinreichenden Bibliographie. Der Text (ohne kritischem Apparat) folgt der Ausgabe von Green, Abweichungen werden in den Noten besprochen. Ihm ist eine italienische Übersetzung gegenübergestellt. Die knappen und eklektischen Erläuterungen (S. 75–108) stützen sich auf die bekannten Handbücher. Indices fehlen.

3. Cupido cruciatus
Zu Ausonius' ersten Gedichten in Trier zählt Cupido cruciatus, die Beschreibung eines Wandgemäldes in einem Privathaus. Dargestellt war die Bestrafung des in der Unterwelt an eine Myrte gefesselten Cupido durch unglücklich liebende Frauen und durch Venus. Zu den 102 Versen und dem Widmungsschreiben an den Sohn Gregorius hat Alessandro Franzoi einen Einzelkommentar vorgelegt. Die Einleitung beschränkt sich auf eine knappe Charakterisierung des Widmungsbriefes und des Gedichts, das im Kontext der früheren Forschung entweder als Ekphrasis verstanden werden kann oder mit Franzoi, wohl überzeugend, als ein Dokument, durch das die Überlegenheit der Poesie über die Malerei bewiesen werden soll.108 Gegen die Deutung als Ekphrasis spricht auch das Fehlen jeglicher Signale dieser Textsorte (10). Auch die teilweise früher vermuteten religionsgeschichtlichen Bezüge werden entkräftet. Die erwogenen literarischen Bezüge zu AL 273 und zu einem Gedicht des Reposianus werden diskutiert, wobei Ausonius eher als Modell für Al 273 angesehen wird. Strukturell läßt sich das Gedicht in fünf Abschnitte gliedern und wird so in der Abfolge deskriptiver, narrativer und dramatischer Szenen verstanden als ein „ centone narrativo mitologico” mit vergilischem Einschlag (15). Metrik, Empfänger und Datierung werden knapp dargestellt, eine Bibliographie schließt die Einleitung ab. Text und Übersetzung sind leider nicht synoptische angeordnet, ein kritischer Apparat fehlt.
Der Text folgt der Ausgabe von Green, in deren Bewertung Franzoi sich dem Urteil Mondins109 anschließt.
Die Kommentierung selbst ist sehr detailliert. Sie berücksichtigt sprachliche, textkritische, motivische und reale Fragen in gleicher Weise. Erfreulicherweise schreibt Franzoi Zitate in der Regel aus und kommt somit dem Benützer entgegen. Das reiche Material, das sich gelegentlich zu ausführlicheren Kapiteln ausweitet (2 lucus opacat,} 6 gravidum papaver, 10 Oebalides Hyacinthus, 24/25 nimboso Leucate,} 32 Phaedra, um nur einige zu nennen), wird in vorbildlicher Weise durch einen vollständigen Stellenindex erschlossen. Somit steht für die weitere Diskussion über diesen Text ein solides Fundament zur Verfügung.

4. Epigramme
Basierend auf dem Text von Green, aber ohne dessen kritischen Apparat,110 hat Kay einen ausführlichen Lemmata-Kommentar zu den Epigrammen vorgelegt und damit eine weitere Lücke in der Reihe der Einzelkommentare geschlossen. Die Einleitung beginnt mit einem Überblick über die Tradition des Epigramms und die Stellung des Ausonius darin. Bestimmt ist die Gruppe der über 100, zu verschiedenen Zeiten entstandenen111 Epigramme vom Prinzip der variatio, sowohl des Inhalts als auch der Metren, und darin bestand nach Kay (12) für Ausonius die Attraktivität dieser Gattung, in der er sein breites Interesse, seinen literarischen Geschmack und seine Bildung unter Beweis stellen konnte. Dafür sind nicht zuletzt die griechischen, griechisch-lateinischen und aus dem Griechischen übersetzten Epigramme ein Beleg, wobei der Begriff „Übersetzung” nicht allzu eng gefaßt werden darf, wie Kay 15ff. darlegt. Die Übersetzungen zeigen gleichzeitig die Tradition, in der Ausonius steht. Dabei wird auch die Frage seiner Griechischkenntnisse erörtert. Nach Kays Auffassung ist Ausonius nicht der plumpe Epigrammatiker, wie ihn Cameron verstand, und die Epigramme sind auch nicht nur Produkte seiner letzten Schaffensperiode.112 In diesem Zusammenhang bespricht Kay auch die Frage des Christentums des Ausonius.113
In der Reihenfolge der Epigramme folgt Kay ebenfalls Green, die anderer Ausgaben ist aus der Konkordanz S. 29ff. ersichtlich. Wie schon bei Green im Kommentar und in der Oxoniensis so fehlen auch hier die teilweise überlieferten, teilweise von früheren Herausgeber hinzugefügten Tituli. Auch wenn sie offensichtlich nicht von Ausonius selbst stammen (27), wäre ihre Beigabe, wie bei Schenkl und Peiper, hilfreich.

Textgestaltung und Kommentierung: Der Einzelkommentierung geht jeweils eine Prosaübersetzung voraus.Von Green übernimmt Kay die Versumstellung in Epigr. 1114 und die Aufteilung von Epigr. 2 in zwei Stücke. Abweichend von Greens Ausgaben kehrt Kay 7,10 mit dem gut begründeten und durch die Überlieferung gestützten funis eat zu einer Emendation des Gronovius zurück. Erwägenswert ist die Rollenverteilung in 12,3 (mit umsichtiger Kommentierung) und der Wiederaufnahme von Polizianos Emendation fortunare (12,6), die auch Green in seinem Kommentar bot, aber in der Oxoniensis durch et Fortuna ersetzte. Ebenso überzeugt 14,2 die Beibehaltung und Kommentierung des überlieferten rene als Euphemismus für cunno, 20,1 quod viximus. Auch Realia finden hinreichend Berücksichtigung, so 12 zur Statue des Phidias, 15,2 zu canis caeruleus, 20,5 zu Cumanam Deiphoben, 21,1 zu Meroe und viele mehr.

Ein Verzeichnis der Eigennamen, der erwähnten antiken Autoren, der besprochenen Wörter und ein „General Index” beschließen den gehaltvollen Kommentar, dessen reiches Material allerdings durch einen Stellenindex noch besser erfaßt würde.

5. Ordo urbium nobilium
Diese Sammlung von Laudes v.a. europäischer Städte des Imperiums eröffnet nicht selten interessante Ausblicke auf die zeitgenössische Geschichte sowie die wirtschaftlichen und urbanen Verhältnisse. Besonders diese Aspekte hat der gehaltvolle Kommentator von Di Salvo im Auge, der auch einen an den Handschriften überprüften eigenen Text bietet.
Einleitend werden zunächst das literarische Genus und mögliche Vorbilder besprochen. Während die ältere Forschung, dominiert durch die Ansicht bei Schanz-Hosius-Krüger, darin für die Schule bestimmte Memorialverse ohne jeden poetischen Wert sah, wurde neuerdings die Textsorte der Itinerarien bemüht, Parallelen zur Epigrammdichtung gezogen und der Einfluß der Rhetorik (Menander) sowie des Ailios Aristeides erwogen. Die besondere Hervorhebung der gallischen Städte zeigt die Vaterlandsliebe des Ausonius, wie sie auch in der Mosella zu beobachten ist. Einig ist sich jetzt die Forschung, daß hier, trotz der vielen traditionellen Elemente, ein durchaus eigenständiges Werk vorliegt, das aber insofern mit der Schule in Verbindung steht, als der Titel Ordo auf Wertungen hinweist, wie sie der Schulbetrieb mit sich bringt (11). Entstanden ist der Zyklus mit großer Wahrscheinlichkeit nach der Rückkehr des Ausonius nach Bordeaux und wurde nach 389 abgeschlossen. Es dürfte sich damit (abgesehen von den späten Briefen an Paulinus) um das letzte Werk des Ausonius handeln (18). Nachdem er in den Parentalia seine pietas gegenüber den Familienangehörigen ausgedrückt und in der Commemoratio professorum Burdigalensium seiner Lehrer und Kollegen gedacht hatte, wendet er sich im Ordo den Städten des Westens und nicht zuletzt seiner Heimat zu, wie es auch Vergil, Horaz und Ovid in ihren Werken taten. Aktuelle Bezüge fehlen nicht, wie die Zusammenfassung S. 18ff. deutlich zeigt, wobei sich dann, wie bei der Mosella, die Frage nach einer bestimmten politisch-kulturellen Tendenz des Werkes stellt. Dieser Aspekt wird zunächst in Hinblick auf das Christentum des Ausonius besprochen, da sich im Ordo zahlreiche Erwähnungen heidnischer Götter und Heiligtümer finden. Mit Recht wird der daraus mögliche Schluß einer heidnischen Phase des Ausonius abgelehnt. Im Kontext mit anderen seiner Opuscula ist er nach Di Salvo als „lauer und oberflächlicher Christ” (21) zu bezeichnen, also als ein Typus, wie wir ihn vielfach in dieser Zeit des Übergangs (Di Salvo weist in diesem Zusammenhang auf den Streit um den Victoria-Altar hin) antreffen. So bleibt auch Ausonius ein Heide nach Kultur und geistigem Habitus (ibid.).115 Und nicht von ungefähr nennt er Rom, mit dem er den Ordo in einem einzigen Hexameter eröffnet, divum domus. So reiht sich Ausonius in eine Tendenz des 4. Jh. ein, die darauf abzielte, so gut wie möglich die Zeugen der großen Vergangenheit und der kaiserlichen Macht zu erhalten (23). Überzeugend ist daher der Bezug zu dem Edikt des Gratianus von 376, für dessen Formulierung Ausonius als Quaestor verantwortlich war.
Unter literarischen Gesichtpunkten sind die Bezüge zu den Itinerarien herausgearbeitet („Ausonio si presenta come una guida dotta”, 30), ja Di Salvo sieht aufgrund der Tatsache, daß Ausonius bedeutende Gebäude und Lokalitäten einer Stadt heraushebt, sie gleichsam mit einem „Stern” markiert, in ihm einen Vorläufer („antesignano”) des modernen Reiseführers (31).116 Der Abschnitt „Fortuna” (32–36) beschäftigt sich mit Anklängen an den Ordo bei späteren Autoren, besonders bei Paulinus von Nola. Schließlich werden noch die besonderen stilistischen, grammatischen, syntaktischen und prosodisch-me-trischen Besonderheiten zusammenfassend besprochen. Der größte Teil der Einleitung ist jedoch der handschriftlichen Überlieferung gewidmet (39–99). In diesem Abschnitt werden auch wertvolle Beobachtungen zum Sprachgebrauch des Ausonius vorgelegt, so zu ingenuus (60f.), omnigenus (61ff.), lustrum (66f.), profundus (93ff.), aber auch zum Inhalt der Opuscula, etwa in der Erörterung der Darstellung Spaniens im Werk des Ausonius (69ff.). Die Einleitung beschließt ein umfangreiches Literaturverzeichnis (101–118). Es folgt der Text mit einem ausführlichen kritischen Apparat117 und italienischer Übersetzung. Durch die Majuskeln an den Satzanfängen ist auch der lateinische Text, anders als in der Oxoniensis, leserfreundlich gestaltet; leider fehlt eine gesonderte Zeilenzählung der einzelnen Gedichte.

Textgestaltung: 5 ambarum wird gegen Greens Konjektur ante parum wieder hergestellt,118 bedenkenswert ist die Deutung von 34 omnigenus als Adverb, 70 lixae mit der Überlieferung, 156 die Lesart unum per cunctas solitus portare Choaspen mit der Überlieferung (gegen Greeen prae cunctis solitus potare). Da im Apparat jeweils die Entscheidungen der wichtigsten Herausgeber aufgeführt sind, liefert er, im Gegensatz zur Oxoniensis, alle wünschenswerten Informationen.

Der Kommentar der 168 Verse umfaßt 123 Seiten. Der Umfang erklärt sich nicht zuletzt daraus, daß Di Salvo sehr viele der zitierten Stellen ausschreibt. Das ist, wie schon zum Kommentar von Franzoi hervorgehoben, gerade bei spätantiken Autoren ein vernünftiges Verfahren, kommt es doch nicht nur dem Benützer entgegen, sondern läßt auch sofort erkennen, auf welche Formulierung abgehoben wird (häufig ist diese noch durch Sperrung und Unterstreichen hervorgehoben). Sowohl sprachlich119 als auch sachlich ist der Kommentar erschöpfend. Bei den sachlichen Erklärungen ist es naturgemäß schwer, eine Grenze zu ziehen. Di Salvo beschränkt sich weitgehend auf literarische Primärquellen. Das ist hilfreich in Hinblick auf die Formulierungen des Ausonius. Darüber hinaus sollten aber ausgewählte Literaturangaben den Benützer bei historischen oder topographischen Fragen, also bei dem was im Vorwort (7) als „realtà contemporanea dal punto di vista storico, socio-economico, ambientale e urbanistico” bezeichnet wird, weiterhelfen. In dieser Hinsicht bestehen einige Defizite.120 Besonders hilfreich für die weitere Arbeit am Werk des Ausonius sind die Indices, v.a. der vollständige und mustergültige Stellenindex.
So läßt der Kommentar von Di Salvo die „Memorialverse der Schule” in einem ganz neuen Licht erscheinen. Der lange unterschätzte Schulmeister und Rhetor aus Bordeaux war nicht nur, wie Coşkun gezeigt hat, ein Mann, der sich auch im politischen Geschäft bewährte (was man auch bei der Beurteilung der Tendenz der Mosella berücksichtigen sollte), sondern er hatte auch für den Kreis jener spätantiken, von der alten Kultur geprägten aristokratischen Gesellschaft eine Botschaft, nämlich die vom Wert dieser Tradition und vom Glauben an das Imperium Romanum, mag es auch im Äußeren von immer neuen Völkern bedroht und im Innern durch die Aufgabe des alten Götterglaubens erschüttert werden. Er hat seine Botschaft nicht wie Symmachus oder Praetextatus offensiv vertreten, aber er hat mit den Mitteln des Literaten es so gesagt, daß es seine Adressaten verstanden. Daß auch wir wieder diese Botschaft verstehen, dazu hat Di Salvo einen wichtigen Beitrag geleistet.

6. Parentalia
Dieses Werk des Ausonius nimmt für Sivan und Coşkun eine Schlüsselfunktion bei ihren Untersuchungen zur Gens Ausoniana ein. Es wurde durch die an der Universität Fribourg 1994 vorgelegte, von Margarethe Billerbeck betreute Dissertation von Massimo Lolli kommentiert. Lolli kündigt im Vorwort eine sprachliche, stilistische, historische und prosopographische Kommentierung an (9). Die Introduzione beginnt mit einem kurzen, aber gut dokumentierten Überblick über Leben und Werk des Ausonius, wobei allerdings jetzt einige Daten aufgrund der neueren Froschung so vermutlich nicht bestand haben können (z.B. S. 13 Teilnahme am Alamannenzug bereits 368). Sodann wird die Eigenheit der in dem Dezennium zwischen 380 und 390 enstandenen Parentalia besprochen, die im Titel an den alten römischen Ahnenkult anknüpfen und hier Namen und Taten der verwandten Verstorbenen der Nachwelt überliefern. Alle Verwandtschaftsgrade von den Großeltern bis zu den Urenkeln sind vertreten (19–22), beginnend mit Vater und Mutter und fortgesetzt in einem „certo gusto per la variatio” (23). In Hinblick auf die Gattung der Gedichtsammlung zeigt sich zuerst eine thematische und damit sprachliche Verwandtschaft mit den carmina epigraphica (26ff.). Im Gegensatz zu den Grabinschriften wird jedoch die jeweilige Lebensdauer nur umschrieben (28), die Anrede an die Toten ist im Gegensatz zu den Dedikationsformeln der Sepulkralinschriften stärker vom Affekt bestimmt und in einem kolloquialen Ton gehalten (29 Anm. 21). In ihrer Art stellen die {\it Parentalia} wie auch andere Werke des Ausonius etwas Einmaliges in der lateinischen Literatur dar. Weiterhin gibt die Einleitung einen zusammenfassenden Überblick über Sprache, Stil und Metrik der Parentalia. Schließlich wird noch die Überlieferung besprochen, die allein auf der Handschrift V beruht. Ein Stammbaum der in den Parentalia genannten Familienmitglieder schließt die Einleitung ab.121
Der Text selbst und der kritische Apparat beruhen im wesentlichen auf der Ausgabe von Green. Die Abweichungen sind S. 41 aufgelistet und im Kommentar umsichtig besprochen und begründet;122 das gilt auch von anderen textkritischen Problemen.123 Den Text begleitet eine Prosaübersetzung, jeweils gefolgt von einem Lemmatakommentar. Die Informationen sind von unterschiedlicher Dichte, wobei die zu Sprache124 und Stil sowie zu den genannten Familienmitgliedern besonders ausführlich sind. Die Notierung sprachlicher Parallelen beschränkt sich (warum eigentlich?) nicht selten (in einem deutlichen Gegensatz zu Mondin und anderen Kommentatoren) auf den Sprachgebrauch des Ausonius.
Meist ausreichend sind die Informationen zu den Realia; z.B. zu nenia S. 53, gradus S. 54, zum Totenritus der Anrufung S. 56, zu fama pudicitiae S. 69f., zur Laufbahn des Aemilius Magnus Arborius S. 80, zu gelehrten Frauen S. 104 u.a.125 Wilkommen sind die ausführlichen Indices, nach Sachgruppen aufgeteilt Index verborum latinorum, graecorum, nominum, rerum notabilium, locorum, letzterer offensichtlich aus Platzgründen leider nicht sehr übersichtlich angeordnet). Insgesamt hat Lolli zu diesem für die gallische Gesellschaft des 4. Jh. so wichtigen Werk ein nützliches, auch äußerlich ansprechendes Hilfsmittel geschaffen, das große philologische Kompetenz beweist.

7. Technopaegnion
Dieses offensichtlich ohne Vorbilder gestaltete „Virtuosenstück in Hextern, die alle mit einem Monosyllabon enden” (Liebermann/Schmidt 295), das von Sivan (191 Anm. 13) dem Schulmilieu zugewiesen, von Green (421) aber in die Trierer Zeit datiert wird, ist durch Carlo Di Giovine ausführlich kommentiert worden. Das oben besprochene Problem der Autorenvarianten stellt sich auch für diese Opusculum, und für Di Giovine war es der Anlaß, sich mit diesem Werk des Ausonius näher zu beschäftigen, zumal diesem Werkchen vor Greens Kommentar, wie das Literaturverzeichnis bei Di Giovine zeigt, nur vereinzelte Beiträge gewidmet wurden.
Die Introduzione erörtert zunächst „Caratteristiche generali del Technopaegnion”, das als ein „Scherzo d'arte” (27) aus drei Prosa-Praefationen und einer Gruppe hexametrischer Gedichte besteht. An den Versenden bringt Ausonius fast alle einsilbigen Wörter der lateinischen Sprache unter, wie schon Green in seinemn Kommentar S. 583 beobachtet hat. Dadurch werden nicht zuletzt Stil und Metrik des Werkes beeinflußt.
Ausführlich ist die handschriftliche Situation besprochen. Die Schrift ist in den beiden Famlien z und x (s. 1. Teil) überliefert. Die einzelnen Vertreter dieser beiden Familien werden mit genauen Literaturhinweisen vorgestellt. Die Frage der doppelten Dedikation wird – vorsichtig – dahin erörtert, daß es sich um zwei verschiedene Personen (vermutlich Paulinus von Nola und Pacatus) handele. Schließlich wird die Frage der Varianten – ebenfalls mit aller Vorsicht – zugunsten von möglichen Autorenvarianten beantwortet. Ein Überblick über die Druckausgaben und Bemerkungen zur vorliegenden Ausgabe beschließen die gehaltvolle Einleitung. Es folgt der Text mit einem häufig von Green abweichenden Apparat; eine italienische Übersetzung, wie sie die meisten anderen Kommentare bieten, fehlt leider. Der Kommentar hat seinen Schwerpunkt, wie nicht anders zu erwarten, im grammatisch-lexikographischen Bereich, während sich die Erklärungen der Realia, mit häufigem Bezug auf RE und Daremberg-Saglio, auf das nötigste beschränken. Drei Indices (der genannten Gelehrten, der „monosillabi in clausula” und „delle parole e delle cose notevoli”; leider fehlt ein Stellenindex) schließen diesen wichtigen Beitrag zur Ausoniusforschung ab.

Der Überblick über die wichtigsten neueren Arbeiten zu Ausonius hat gezeigt, daß ein Großteil des vielschichtigen Werks jetzt durch teilweise mustergültige Kommentare erschlossen ist, wobei gerade die italienische klassische Philologie eine Spitzenstellung einnimmt. Durch die besprochenen Beiträge ist ein lange Zeit vernachlässigter Autor wieder ins Zentrum philologischer und historischer Diskussion gerückt. Verstanden als Ausdruck der Konvention und Kommunikation innerhalb der spätantiken Gesellschaft wird man zwar immer wieder nach den Qualitäten der Opuscula fragen müssen, nach ihren Intentionen und nach ihrer Rolle im kommunikativen Kontext der Spätantike, man wird aber nicht mehr einfach von der „gähnenden Öde und Leere” sprechen, wie es seinerzeit Friedrich Marx (RE II 2566) getan hat. Daß die Bewertung des Ausonius in das andere Extrem umzuschlagen scheint, zeigt die Formulierung Kays (24): „His writings and his politics show the same thing: he is clever and witty, and has an enquiring mind; he is a mediator and synthesiser, adaptable and affable, highly literate and competent, a fascinating and brilliant product of his age.” Wer sich allerdings von der immer wieder faszinierenden Epoche der Spätantike angezogen fühlt, wird sich diesem Urteil nur schwer verschließen.

Bibliographische Angaben zu den besprochenen Arbeiten

Gesamtausgaben:
P. H. Green: The Works of Ausonius, edited with Introduction and Commentary. Oxford: Clarendon Press 1991. lvi, 780 S. ISBN 0-19-814463-6.
Decimi Magni Ausonii opera, recognovit brevique annotatione critica instruxit R. P. H. Green, Oxford: Clarendon Press 1999. 354 S. £ 33.50. ISBN 0-19-85039-3.

Einzelausgaben:
Briefe
Decimo Magno Ausonio: Epistole. Introduzione, testo critico e commento a cura di Luca Mondin. Venedig: Il Cardo 1995. LXIV, 302 S. ISBN 88-8079-002-1.
David Amherdt: Ausone et Pauline de Nole: correspondance. Introduction, texte latin, traduction et notes. Bern u.a.: Peter Lang 2004 (Sapheneia 9). VII, 247 S. ISBN 3-03810-247-8.

Commemoratio professorum Burdigalensium
D. Magno Ausonio: Professori a Bordeaux. Commemoratio Professorum Burdigalensium. Con testo a fronte. A cura di Maria Grazia Bajoni. Florenz: Casa Ed. le Lettere 1996. 110 S. ISBN 88-7166-208-

Cupido cruciatus
Decimo Magno Ausonio: Cupido messo in croce. Introduzione, testo, traduzione e commento a cura di Alessandro Franzoi. Neapel: Loffredo editore 2002. 143 S. Euro 15. ISBN 88-8096-895-5.

Epigramme
Ausonius, Epigrams. Text with introduction and commentary by N. M. Kay. London: Duckworth 2001. 315 S. £ 40. ISBN 0-7156-3105-5.

Mosella
Ausonius: Mosella. Herausgegeben und in metrischer Übersetzung vorgelegt von Bertold K. Weis. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1989. XII, 113 S. 1 Karte, 9 Abb. ISBN 3-534-104546- 0.
Ausonio, Mosella. Introduzione, testo, traduzione c commento a cura di Maria Elvira Consoli. Congedo 1998.
D. Magnus Ausonius: Mosella. Mit Texten von Symmachus und Venantius Fortunatus. Lateinisch/Deutsch. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Otto Schönberger. Stuttgart: Reclam 2000 (UB 18027). 111 S. 6 Abb. Euro 2.60. ISBN 3-15-018027-4.
Ausonius: Mosella, Lateinisch/Deutsch. Herausgegeben, in Blankverse übersetzt, erläutert und mit einer Einführung versehen von Paul Dräger. Trier: Paulinus 2001. 160 S. zahlr. Abb. Euro 15.30. ISBN 3-87760-167-7.
Decimus Magnus Ausonius: Mosella, Bissula, Briefwechsel mit Paulinus Nolanus. Herausgegeben und übersetzt von Paul Dräger. Düsseldorf/Zürich: Artemis & Winkler 2002 (Sammlung Tusculum). 320 S. 1 Abb. Euro 29.80. ISBN 3-7608-1729-7.
Decimo Magno Ausonio: Mosella. Introduzione, testo, traduzione e commento a cura di Alberto Cavarzere. Con una appendice di Luca Mondin su La data di pubblicazione della Mosella. Amsterdam: Adolf M. Hakkert 2003. 223 S. ISBN 90-256-1177-X.
Decimus Magnus Ausonius: Mosella, Bissula, Briefwechsel mit Paulinus Nolanus. Herausgegeben und übersetzt von Paul Dräger. Düsseldorf/Zürich: Artemis \& Winkler 2004 (Tusculum Studienausgaben). ISBN 3-7608-1380-1.

Ordo urbium nobilium
Decimo Magno Ausonio: Ordo urbium nobilium. Introduzione, testo critico, traduzione e note di commento a cura di Luca Di Salvo. Neapel: Loffredo editore 2000. 341 S. Euro 18.10.ISBN 88-8096-721-5.

Partentalia
D. M. Ausonius, Parentalia. Introduzione, testo, traduzione e commento a cura di Massimo Lolli. Brüssel: Latomus 1997 (Collection Latomus 232). 281 S. ISBN 2-87031-172-9.

Technopaegnion
Decimus Magnus Ausonius, Technopaegnion. Introduzione, testo critico e commento a cura di Carlo Di Giovine. Bologna: Pàtron 1996. 266 S. ISBN 88-555-2397-X.

Gesamtdarstellungen, Sammelbände, Überlieferung:
Wolf-Lüder Liebermann, Peter Lebrecht Schmidt,: Ausonius. In: Reinhart Herzog, Peter Lebrecht Schmidt (Hrsg.): Restauration und Erneuerung. Die lateinische Literatur von 284 bis 374 n. Chr. Handbuch der lateinischen Literatur der Antike 5. München: Beck 1989, 268-308.
Francesco Della Corte: Storia (e preistoria) del testo ausoniano. Rom: Accademia Nazionale dei Lincei 1991 (Supplemento 10 al Bollettino dei Classici). 121 S.
Manfred Joachim Lossau (Hrsg.): Ausonius. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1991 (WdF 652). VI, 468 S. ISBN 3-534-03157- 1.
Hagith Sivan: Ausonius of Bordeaux. Genesis of a Gallic Aristocracy. London/New York: Routledge 1993. XV, 242 S. 3 Karten, 4 Abb. £ 65. ISBN 0-415-08614-0.
Altay Coşkun: Die gens Ausoniana an der Macht. Untersuchungen zu Decimius Magnus Ausonius und seiner Familie. Oxford: The Unit for Prosopographical Research (Linacre College) 2002 (Prosopographica et Genealogica 8). XVI, 266 S., 1 Stammtafel. Euro 39. ISBN 1-900934-08-6.


102 Danach auch Amherdt 19. Dagegen setzt Dräger 2002, 292, ohne weitere Diskussion, die Abfassungszeit der ersten vier Briefe zwischen 378 und 395 an.

103 Vor allem ist die chronologische Reihenfolge der Briefe 21 und 22 (Green) des Ausonius umstritten, die Mondin umkehrt (zustimmend Amherdt 21 Anm. 9). Unklar ist auch das Verhältnis zwischen den Briefen 23 und 24 Green. Mit Mondin sieht jetzt Amherdt (22) die Kurzfassung (Epist. 23) als die Arbeit eines Redakteurs an.

104 Manche Beiträge holen weiter aus wie etwa 2,22 zu platea; 6,5 zum Problem der Adaption fremder Eigennamen im Lateinischen. Bei den Realien wird nicht selten, wie bei Green, nur auf die RE verwiesen, auch wenn es neuere Darstellungen gibt, z.B. zu Saintes (S. 62) wäre statt Keune (nicht „Ihm”) RE I A (1920) zu nennen L. Maurin, Saintes antique, Paris 1994. - Wünschenswert wäre eine Diskussion zum Begriff „Prosimetrum” im Zusammenhang mit Epist. 3 „Epistola prosimetrica” (75) und besonders Epist. 6 (113: „Qui l'estensione del testo ... punta decisamente al prosimetro”). Der Rezensent hat mehrfach auf die Rolle hingewiesen, die nach seiner Auffassung Ausonius bei der Ausbildung spätantiker prosimetrischer Texte zukommt. Das wird scharf betritten von Bernhard Pabst: Prosimetrum. Tradition und Wandel einer Literaturform zwischen Spätantike und Spätmittelalter, Köln u.a. 1994, 97-104. Pabst weist nicht Ausonius, sondern Martianus Capella den entscheidenden Einfluß zu, übersieht aber dabei, daß Martianus erst in der frühmittelalterlichen Schule eine Rolle spielt, während Ausonius in der Spätantike präsent bleibt und der ebenfalls auch prosimetrisch schreibende Ennodius nachweislich eine Ausonius-Ausgabe vorliegen hatte (Della Corte 23). Man vergleiche dazu im „Indice dei nomi” bei Mondin die Rubrik „Fortuna delle epistolae di A.”. Für Epist. 6 konstatiert Pabst selbst die „Nähe zur Menippea” (S. 102).

105 Die von Amherdt zitierten Arbeiten zu Ausonius sind auch in diesem Überblick besprochen. Zu Paulinus von Nola sind nach Amherdt folgende seit 1990 erschienene zu nennen (auch als Ergänzung zu den Literaturhinweisen bei Dräger 2002):
1. Editionen:
A. Ruggiero: Paolino di Nola: I carmi. Introduzione, traduzione, note e indici. Rom 1990.
G. Santaniello: Paolino di Nola: Le lettere. Testo latino con introduzione, traduzione italiana, note e indici. 2 Bde. Neapel/Rom 1992.
A. Ruggiero: Paolino di Nola: I carmi. Testo latino con introduzione, traduzione italiana, note e indici. 2 Bde. Neapel/Rom 1996.
M. Skeb: Paulinus von Nola: Epistulae – Briefe. Freiburg 1998.
G. von Hartel: Sancti Pontii Meropi Paulini Nolani opera. Editio altera supplementis aucta curante M. Kamptner. CSEL 29/30. Wien 1999.
R. Kirstein: Paulinus Nolanus, Carmen 17. Basel 2000.
2. Monographien:
M. Skeb: Christo vivere. Studien zum literarischen Christusbild des Paulinus von Nola. Bonn 1997.
E. Trout, Paulinus of Nola: life, letters, and poems. Berkeley u.a. 1999 (Rez. R. Kirstein, BMCRev 2001.10.16)
C. Conybeare: Paulinus Noster. Self and Symbols in the Letters of Paulinus of Nola. Oxford 2000 (Rez. D. Amherdt, Plekos 3, 2001; J. Ebbeler,BMCRev 2002.05.05).
S. Mratschek: Der Briefwechsel des Paulinus von Nola. Kommunkation und soziale Kontakte zwischen christlichen Intellektuellen. Göttingen 2002 (Rez. D. Amherdt,Plekos 5, 2003).

106 Zu berücksichtigen wäre, daß der zweite Widmungsbrief des Technopaegnion vermutlich auch an Paulinus gerichtet ist (Di Giovine 28 und 50).

107 Amherdt schließt sich der Auffassung von Skeb (siehe Anm. 105) an, nach der die Alternative „Christ oder Heide” für Ausonius nicht zutrifft. „Ausone se trouve donc, si l'on peut dire, dans une zone intermédiaire, que l'on peut certainement appeler un „syncrétisme intellectuel”, expression qui décrit de toute façon mieux la position d'Ausone que des expressions telles que demi-chrétien ou chrétien de nom.”

108 In diesem Sinne verteidigt Franzoi 8ff. schlüssig die überlieferte Lesart nebulam des Widmungsbriefes gegenüber der auch von Green in den Text aufgenommenen Konjektur tabulam.

109 Wie oben 1. Teil Anm. 3; Franzoi S. 22 ist „BStudL 20” durch „Prometheus 20” zu ersetzen.

110 Das Fehlen des Apparats, dessen Beigabe eigentlich Standard auch eines Einzelkommentars sein sollte, ist bedauerlich. Die 32 Abweichungen (einschließlich Interpunktion) von Greens OCT-Text sind S. 27 f. aufgelistet. Die Einzeldiskussion bietet dann der Kommentar. Wichtige Detaildiskussion bietet die eingehende Besprechung von Paul Dräger, Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 5, 2002, 1107-1113.

111 Dazu im einzelnen Della Corte 8 und 21f.; Kay 22–24.

112 Die ersten Epigramme entstanden (nach Lolli 15) schon während der Tätigkeit als Rhetor in Bordeaux.

113 „His attitude to Christianity and paganism is essentially one of tolerance and moderation, arousing no great passion or crisis of conflict in him” (24).

114 Gegen den Widerspruch von Mondin, Prometheus 20, 1994, 157f.

115 Diese Position erscheint in Hinblick auf das Gesamtwerk des Ausonius überzeugender als die von Coşkun, wenn man nicht sogar mit Skeb die Frage als unzutreffend gestellt sehen will; vgl. oben Anm. 107.

116 Zum topographischen Modell der Regionenbeschreibung vgl. zuletzt Martin Ott, Die Entdeckung des Altertums, Kallmünz 2002, 145ff.

117 Die mitgeteilten Handschriftenvarianten beruhen auf eigenen Lesungen und bieten weit mehr als in den herkömmlichen Ausgaben vorhanden.

118 Zweifelnd Mondin, Prometheus 20, 1994, 151 Anm. 7.

119 Interessante Beobachtungen zum Sprachgebrauch z.B. 209 Gallia/Galliae.

120 Die Nennung alter Artikel aus Daremberg-Saglio oder RE ist dabei nur noch wegen des literarischen Materials hilfreich, ihre Wiederholung im Literaturverzeichnis überflüssig. Im folgenden sind v.a. bequem zugängliche Literaturangaben bzw. Monographien zum spätantiken Städtewesen genannt, die als Ausgangspunkt für weitere Recherchen dienen können.
Karthago: G. Charles-Picard: La Carthage de saint Augustin, 1965; weitere Literatur zum spätantiken Karthago in: Antike Welt 27, 1996, 458.
Antiochia: J. Lassus: La ville d'Antioche à l'époque romain d'après l'archéologie. ANRW II, 8, 1977, 54–102.
Alexandria: G. Grimm: Alexandria. Die erste Königsstadt der hellenistischen Welt. Mainz 1998.
Für das spanische Städtewesen sind jetzt die Bände von Hispania Antiqua (Mainz: Philipp von Zabern) zu berücksichtigen; vgl. auch Sabine Panzram, Stadtbild und Elite: Tarraco, Corduba und Augusta Emerita zwischen Republik und Spätgantike, Stuttgart 2002, besprochen in Plekos 7, 2005.
Gut dokumentiert sind dagegen die italischen Städte Mailand S. 170ff., Capua 183ff.; Aquileia 195ff.
Für Arles ist jetzt zu ergänzen M. Heijmans: Arles durant l'antiquité tardive, Rom 2004; weniger empfehlenswert Meike Droste: Arles, Mainz 2003 (vgl. die kritische Rezension in Plekos 6, 2004.).

121 Ein ausführlicherer Stammbaum findet sich bei Coşkun (nach S. 266).

122 So Parent. praef. B, 9 die Beibehaltung des überlieferten et ... et;} 3,2 wird die alte Konjektur von Souchay dicere et rea fit in den Text aufgenommen (während im Kommentar merkwürdigerweise das Lemma die Überlieferung von V zwischen Cruces bietet). 4,10 hielt schon Schenkl das überlieferte victor für korrupt und setzte, wie noch Green, die Crux. Lolli (S. 89) vermutet ein Wortspiel mit Victorinus (abgelehnt von Green z. St.); wenn er bemerkt, daß die Quellen nichts von militärischen Erfolgen des Victorinus berichteten, so wäre vielleicht der Verweis von Rudolf Hanslik (RE VIII A 2078) auf die Münzprägung des Victorinus in Trier („lorbeerbekränzt im Harnisch”, also in der Pose des Siegers) förderlich; solche Goldmünzen kann Ausonius gekannt haben. 4,26 wird die Konjektur von Brandes, die schon Peiper in den Text aufgenommen hatte, wohl mit Recht beibehalten. Das gleiche gilt für die Überlieferung in 5,7 deliciis (gegen Green; vgl.Mondin, Prometheus 20, 1994, 152 Anm. 10). Ehrlich sind die Cruces in 8,6 bei civis und 23,17. 12,9 greift Lolli mit guten Gründen auf die Konjektur vitans von Peiper zurück, die Green nur im Kommentar, aber nicht mehr in der Oxoniensis erwähnt. 27,1 kehrt Lolli mit obiit (nur Green {\it abiit}) wieder zur Überlieferung zurück, ebenso 29,4. 29,1 läßt Lolli die Entscheidung für die Füllung der fehlenden Silbe offen.

123 Z.B. 3,2; Titel zu 6 mit Diskussion der Frage des Christentums des Ausonius (man vergleiche damit die knappen Bermekungen bei Green S. 310); 8,6 mit einiger Sympathie für Peipers Vorschlag quamvis, dem auch Green in seinem Kommentar folgt, während dieser in der Oxoniensis jetzt aequaevis in den Text setzt; 23,17.

124 Gut wird man unterrichtet über die Sprachsituation (60 Anm. 6), die für Ausonius vorauszusetzen ist, d.h. außer dem Lateinischen das Griechische der Ärzte sowie das einheimische keltische Idiom. Die Erläuterungen zu 27,2 melea sind erschöpfend (Green z.St. ist völlig unzureichend).

125 Ergänzen ließen sich z.B. die Ausführungen zu Vienne, wo man wenigstens einen Hinweis auf eine neuere Darstellung vermißt (z.B. A. Pelletier: Vienne antique, 1982), ähnlich bei Tarraco 223; zum corrector Tarraconensis vgl. jetzt Sabine Panzram (wie Anm. 120), 116.


Joachim Gruber, Erlangen
joachim.gruber@nefkom.net

1. Teil: Gesamtdarstellungen und Gesamtausgaben || 2. Teil: Mosella

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