16 Jahre Ausonius-Forschung 1989–2004 – ein Überblick

2. Teil: Mosella



Unter den größeren Gedichten hat schon immer die Mosella besondere Aufmerksamkeit erfahren, ist sie doch das einzige Gedicht aus der Antike, das ausschließlich von einem deutschen Fluß handelt. So wurde das Werk schon im 19. Jahrhundert wiederholt übersetzt und kommentiert.50 Auch in jüngster Zeit zählt dieser Text zu den besonders häufig behandelten. Im folgenden werden die Ausgaben in der Reihenfolge ihres Erscheinens besprochen.
Die lateinisch-deutsche Ausgabe von Weis (1989) ist die erste mit einer metrischen deutschen Übersetzung seit der Ausgabe von M. W. Besser (1908).51 Einleitend wird der Leser, leider ohne genaue Quellennachweise, über die positiven antiken Urteile zum Werk des Ausonius im allgemeinen und zur Mosella im besonderen informiert, denen die wiederum anonym zitierte abwertende Kritik der modernen Literaturwissenschaft, die jedoch die Mosella ausnimmt, gegenübergestellt wird. Dem zweisprachigen Text mit Erläuterungen ist ein Kapitel über „Leben, Wirken und Werk“ des Ausonius vorausgeschickt. Von seinen Werken werden (außer der Mosella) der Cento nuptialis, der Griphus, das Technopaegnion und der Cupido cruciatus, dazu die Gratiarum actio, eingehender gewürdigt. Die Mosella selbst erfährt eine ausführliche Inhaltsangabe. Die politische Wirksamkeit des Ausonius wird (mit der älteren Forschung) als gering eingeschätzt, ein Aufenthalt des Ausonius in Trier unter der Herrschaft des Magnus Maximus als erwiesen angesehen. Das Verhältnis zu Paulinus wird ebenfalls kurz angesprochen.
Als Textgrundlage dient die Ausgabe von Ternes52, jedoch ohne kritischen Apparat. Die metrische Übersetzung in Hexametern ist, wie viele derartige Versuche, problematisch. Das zeigt sich gleich eingangs in Versen wie (2f.) „hatte bewundernd die neuen Mauern gesehn um das alte // Bingen“, (6) „Nirgends gewahrte ich Spuren von menschlichem Schaffen, vorbei an // Dumnissus wandernd“, wo das schwerfällige deutsche Enjambement im lateinischen Text keine Entsprechung hat.53Die „Erläuterungen zum lateinischen Text“ (61–74) und die „Anmerkungen zum Verständnis der Übersetzung“ (75–101) erheben zusammen nicht den Anspruch eines Kommentars. Warum diese Noten auf zwei Kapitel aufgeteilt wurden (mit entsprechend notwendigen Querverweisen) ist unerfindlich, für den Benützer auf jeden Fall lästig. Nicht wenige der Erläuterungen, für die der Kommentar von Ternes als Quelle angegeben wird, gehen auf Hosius oder andere frühere Erklärer zurück.54Insgesamt präsentiert die Ausgabe von Weis einen brauchbaren Lesetext und eine im allgemeinen flüssige Übersetzung; ihr wissenschaftlicher Wert ist durch die starke Abhängigkeit von der kommentierten Ausgabe von Ternes55 gering.

Die italienische Ausgabe von Consoli beschränkt sich in der Einleitung auf zwei Schwerpunkte. Zunächst werden die Bezeugungen des Mosel-Flusses in der antiken Literatur zusammengestellt, wobei die wenigen direkten Erwähnungen natürlich schon im RE-Artikel von 1933 nachzulesen sind. Allerdings gibt Consoli auch neuere Literaturangaben zu den einzelnen Stellen. Dabei wird die Mosella in den Kontext der verschiedener Texte mit verwandten Themen gestellt.56 Das Motiv, bei Gelegenheit einer Schiffsreise einen Fluß zu besingen, gehe ohne jeden Zweifel auf die alexandrinische Poesie zurück. So habe sich bei Ausonius das Gedicht aus dem Motiv einer Reise im Gefolge Valentinians entwickelt. In der Erwähnung von Bordeaux und der Garonne tauche die Sehnsucht auf, in die Heimat zurückzukehren, die ein Hofmann nicht offen äußern dürfe, wie Ausonius selbst Epist. 14,6 (Mondin = 2 Peiper = 12 Green) an Symmachus schreibt (frontes hominum aperit, mentes tegit sc. comitatus) (10). Auch sei es bemerkenswert, daß die Mosellanur noch in dem melancholischen Pater ad filium und in der „scontata descrizione“ der Treverer im Ordo erwähnt werde (10f.). Dagegen werde die Garonne wesentlich öfters im Werk des Ausonius genannt. Diese ungleiche Erwähnung gebe auch einen Aufschluß für die Interpretation der Mosella, einmal für die Bedeutung, die der Heimatfluß Garonne für das politische und menschliche Erlebnis des Ausonius habe, zum andern auf die „tipologia della composizione, per molti versi tributaria, nella struttura del poemetto“ des Gedichts (11).
Der zweite Teil der Einleitung beschäftigt sich unter der Überschrift „Tra idillio ed epillio“ mit Struktur und Stil der Mosella. Obwohl das Idyllisch-Deskriptive vorherrsche, zeige sich das Gedicht doch infolge seiner symmetrischen Struktur als ein Epyllion im alexandrinischen Geschmack.57
Die Absicht des Gedichts stellt sich für Consoli als „relativamente complesso“ dar (13), was mit dem Verweis auf Beispiele aus der Sekundärliteratur dargelegt wird. Die erklärenden Noten, als Anmerkungen im Anhang (eine Zählung nach Versen wäre praktischer zu handhaben) sind selektiv und ersetzen somit keinen Gesamtkommentar. Im Bemühen um den hexametrischen Stil des Ausonius entgeht Consoli nicht der Gefahr, regelmäßig wiederkehrende Erscheinungen wie Chiasmus, Litotes (z.B. 74 „La consonante litote non concolor ... introduce la presentazione dei pesci“) u.ä. als Ausdruck einer besonderen Hervorhebung zu werten. Würde man das akzeptieren, wäre schließlich alles und jedes betont. Varianten und Konjekturen erscheinen ebenfalls nicht unter dem Text, sondern als Anmerkungen. Dabei werden die einzelnen Vorschläge in der Regel nur referiert, nicht diskutiert. Wichtige textkritische Arbeiten zur Mosellawie die Aufsätze von Hermann Tränkle58 und Harald Fuchs59 sind zwar im Literaturverzeichnis genannt, bleiben aber im Kommentar unberücksichtigt. Manche Erläuterungen sind ziemlich schlicht, wie z.B. zu Rhene 418 mit einer Aufzählung von Stellen aus römischen Dichtern, in denen der Rhein Erwähnung findet, ebenso 481 zu Rhodanus. Verschiedene Indices60 schließen die Ausgabe ab. Zusammenfassend kann man sagen, daß die kommentierte Ausgabe von Consoli eine Reihe bemerkenswerter Beobachtungen enthält, aber wegen ihres stark eklektischen Vorgehens einen Gesamtkommentar, wie ihn Hosius, Marsili, Ternes, Green und zuletzt Cavarzere gegeben haben, nur punktuell ergänzt.

Die Ausgabe von Otto Schönberger schließt sich nicht an einen bestimmten Text an, sondern verfährt selbständig eklektisch mit besonderer Berücksichtigung der kommentierten Ausgabe von Green. Seine Prosaübersetzung ist des Zwangs enthoben, den deutschen Text in mehr oder weniger gelungene Hexameter zu pressen. So kann er präziser übersetzen, ohne aber „prosaisch“ sein zu müssen.
Die von Schönberger angeführten Parallelstellen finden sich in aller Regel schon bei Hosius.61 Das Nachwort liefert ausführliche Informationen zu Leben und Werk des Ausonius, zur Situation des Moselgebietes in der Spätantike, zu Tendenz, Vorbilder, Aufbau, Sprache und Stil, Nachleben und Überlieferung der Mosella. Ein Literaturverzeichnis beschließt diese solide Edition.

Im Jahre 2001 hat Paul Dräger eine erste Fassung seiner Mosella-Übersetzung veröffentlicht, die er dem Leser im Vorwort dadurch empfiehlt, daß sie „vieles der interdisziplinären Zusammenarbeit“ verdanke.62 Sie, so der Autor, „unterscheidet sich auch in diesem Punkt von den auf dem Markt befindlichen einseitig philologischen, zudem sprachlich ungenießbaren Produkten“. Auf diese Weise neugierig gemacht, erfährt der Leser, daß durch Zusammenarbeit mit Fischerei-Biologen die Ausgabe „auch dem biologisch-naturwissenschaftlichen Kenntnissen“ entspricht, und in der Tat dürfte der Wert dieser Ausgabe in den ichthyologischen Informationen liegen, die teilweise über das hinausgehen, was die Literatur zur Mosella bisher bot.
Zunächst jedoch ist die Übersetzung zu würdigen. In seinen Bemerkungen „Zur Übersetzung“ 143ff. greift Dräger Überlegungen von Manfred Fuhrmann auf (Vom Übersetzen aus dem Lateinischen, 1986), wo dieser in Hinblick auf Hor. sat. 1,5 Wielands Übersetzungstechnik in Blankversen gegenüber den hexametrischen Übersetzungsversuchen von Voß und Büchner mit den Worten lobt: „Wieland scheint unmittelbar zu uns zu sprechen, mit hüpfender Leichtigkeit, heiterer Grazie und einer klaren, eingängigen Folge der Mitteilungen“ (Zitat bei Dräger S. 144). Aus der Wahl des deutschen Blankverses ergibt sich aber auch, daß jedem lateinischen Hexameter zwei deutsche Verse entsprechen (S. 145), was zwangsläufig nicht zuletzt auch zu einem fast schon monströsen Druckbild führen muß.

Wie ist es nun mit der hüpfenden Leichtigkeit, heiteren Grazie und einer klaren, eingängigen Folge der Mitteilungen bei Dräger bestellt? Zunächst einmal führt der Zwang, für jeden lateinischen Hexameter zwei deutsche Verse zu schmieden, zu einer unerträglichen Abundanz des deutschen Ausdrucks, die sich gleich einleitend zeigt. Den 23 lateinischen Wörtern der ersten 4 Verse entsprechen genau 46 deutsche! Könnte man das noch als konsequente Umsetzung des Prinzips „1 Hexameter = 2 Blankverse“ hinnehmen, dann stößt dieses Prinzip an seine Grenzen, wenn von einer „klaren und eingängigen Folge der Mitteilungen“ keine Rede mehr sein kann; Beispiel V. 175ff.: Was Schönberger in einem prosaisch klaren Satz formuliert („Oft auch floh schon die Flußnymphe Panope, die mitten in Hügeln bei den Bergnymphen, ihren Gespielen, Trauben naschte, vor geilen Faunen, ländlichen Göttern“), liest sich bei Dräger so: „Oft mußt' auch, wenn inmitten sie der Höhn // gestohlen Trauben hat // bei freundlich' Óreiáden, Nymphen des Gebirgs, // das Flußkind Pánopé // vorm Volk der Gottheiten des Landes fliehn, // den Faunen ohne Zucht.“ Oder V. 446ff.: Zuerst wiederum Schönbergers „frei paraphrasierende, jeder Poesie ermangelnde Prosa“ (so das Urteil Drägers S. 143): „Hast du doch, gütiger Strom, Dichter in Fülle, die gewohnt sind, die heiligen Wasser der Musen in Wallung zu setzen und Aganippe in vollen Zügen zu trinken.“ Dagegen Dräger: „Du hast in großer Zahl, // o Strom, der Leben spendet, solche, die es sind gewohnt, // zu wirbeln hoch das heilge Naß // der Áoníden, und der Áganíppe Born // tief auszuschöpfen ganz.“ Und Dräger schließt das Gedicht: „Dich werd' den himmelfarbnen Teichen ich // und Strömen, die mit Lärm // laut rauschen, dich der meeresgleichen ich // empfehlen: der Garonne“, was auf Deutsch heißt: „dich will ich blauen Seen empfehlen, dich mächtig rauschenden Strömen und auch ihr, die dem Meer gleich wallt, der Garonne“ (Schönberger). – Daß die doppelte Akzentuierung der Eigennamen zumindest befremdlich wirkt, sei nur am Rande vermerkt.

Im übrigen verteidigt Dräger seine „Amplifikationsformeln“ (146) damit, daß „der heutige Leser ohne Erläuterungen gar nicht mehr auskommt“.63 Vollends unerträglich ist der fortwährende Verstoß gegen die normale deutsche Wortstellung, die nun keinesfalls die von Fuhrmann an Wieland gerühmte klare und eingängige Folge der Mitteilungen bewirkt,64 im Gegenteil; aber offensichtlich hält Dräger diesen Stil für poetisch.
Die Einführung wird eröffnet mit der Zeichnung und Darstellung eines „Fisch-Technopaignions“, das auf S. 128 erklärt wird.65 Die Bemerkungen „Zum lateinischen Text“ (71f.) beginnen mit einer entlarvenden Petitio principii: „Da ich die Verszahl (483) der Mosella wegen ihrer Teilbarkeit durch sieben für >versiegelt< halte ... wurde trotz Bedenken als Textausgabe die Teubneriana Pretes (1978)66 zugrunde gelegt, die als einzige der jüngeren wissenschaftlichen Gesamtausgaben ohne Annahme von Lücken auskommt (indiskutabel ist Green 1991/1999, der darüber hinaus eine Versumstellung vornimmt).“ Nun könnte man erwarten. daß eine so weitreichende Schlußfolgerung für das Kompositionsprinzip der Mosella von den seit langem in der Diskussion stehenden Versen 206 und 379/80 ausgeht. Immerhin haben sich um diese Textstellen Philologen wie Scaliger, Birt, Tränkle, Fuchs, Bieler und zuletzt Green, Schönberger und Cavarzere bemüht. Deren Argumente ohne weitere Diskussion vom Tisch zu wischen,67 ist ebenso wie die pauschale Kritik an Greens Edition nicht gerade ein Ausdruck philologischer Kompetenz. Immerhin rechnet auch der neueste Kommentar von Cavarzere mit einer Lücke vor V. 380, sodaß schon von daher gesehen Drägers Hebdomadenlehre auf schwankendem Boden steht.

Eine genauere Überprüfung dieser Petitio ergibt folgendes: Es ist grundsätzlich nicht zu leugnen, daß Ausonius ein Faible für Zahlenspielereien hat; bestes Beispiel ist der Griphus ternarii numeri, der mit der Zahl Neun spielt. Ferner ist nicht zu leugnen, daß der Name der Mosel (Mosella) aus sieben Buchstaben besteht. Aber schon der Satz „die Sieben liegt zunächst allen Aufzählungen (>Katalogen<) in offener oder versteckter Form zugrunde“ stimmt bereits für den ersten großen, den Fischkatalog, nicht, denn der enthält 15 Fische, keinem der 15 Fische sind 7 Zeilen gewidmet, sondern im Mittelteil 6, 9, 9, 5, 5.68 Auch die Einteilung der 14 zuerst genannten Fische in zwei Siebenergruppen ist eher willkürlich durch den Versanfang 97 nec te / 115 nec te bedingt, dem man ebenso die Varianten tuque (91), teque (128), tu quoque (131) zur Seite stellen kann (teilweise wieder anders jetzt Cavarzere), wenn man nicht mit Schenkl, Peiper und Hosius den ganzen Katalog als Einheit betrachten will.69
Auch der zweite große Katalog, der der Nebenflüsse (V. 349–380), nennt leider 10 Flüsse. Die Anordnung der 10 Flüsse hat Dräger im Gymnasium 104, 1997, 335–364 besprochen. Wenn er hier (S. 128) die angebliche Ringkomposition (2 indirekte Nebenflüsse, 7 direkte, zuletzt die Alzette als dritter Sauer-Zufluß) mit der Formulierung verteidigt, bei einer Gleichsetzung von Alisontia mit der Elz „wäre mit 10 = 2+8 das kunstvolle Bauprinzip zerstört“, so zeigt er wiederum, wie sich die Hebdomadenlehre für die Interpretation bereits verselbständigt hat. Nicht zu Unrecht spricht daher Cavarzere 152 von den „acrobazie esegetiche di Dräger“.70
Ein letztes Beispiel: S. 129 schreibt Dräger: „Ausonius verwendet in der Mosella – außer uva 175 – genau sieben verschiedene erlesene Bezeichnungen für Wein“– aber dann sind es eben doch zusammen mit uva 8 und ob vitis eine „erlesene“ Bezeichnung ist, sei dahingestellt. Nicht zu bestreiten ist, daß Ausonius sieben Baumeister, sieben Villentypen und sieben gallische Flüsse nennt und die Mosella am Schluß siebenmal in sieben Versen mit te anredet. Das zeigt, wie schon erwähnt, eine Vorliebe für Zahlenspielereien, aber ein durchgängiges Strukturprinzip für das ganze Gedicht läßt sich daraus nur durch „acrobazie esegetiche“ ableiten.

Drägers Gliederung der Mosella in nicht weniger als 16 offenbar gleichberechtigte Abschnitte (mit weiteren Unterabteilungen) läßt nur wenig von der klaren Struktur des Gedichts erkennen.71 Wenn er S. 122 bemerkt, daß die einzelnen Teile „ im übrigen leicht anders, z.B. in 14 Abschnitte, gegliedert werden könnten“, dann zeigt diese Feststellung nur das offensichtliche Fehlen einer klaren Strukturanalyse (die sich S. 124 auf die Plazierung der Kataloge beschränkt); richtig sind dagegen die Bemerkungen zu den assoziativen Übergängen (122f.). Die Häufung von Epitheta zur Beschreibung der Gattung der Mosella bestätigt überzeugend die Feststellung, daß sich das Gedicht „ einer eindeutigen gattungsgeschichtlichen Zuordnung entzieht“ (125).
Da die Ausgabe von Prete zugrundegelegt wurde, folgt im Rahmen der Bemerkungen zum lateinischen Text eine Übersicht über die Abweichungen von Pretes Text, die durchwegs zu akzeptieren sind (und im übrigen auch die von Reeve aufgezeigten Schwächen der Teubneriana zeigen). Die anschließende Karte ist leider zu klein geraten. Wie schon erwähnt, liegt eine Stärke dieser Ausgabe in den ichthyologischen Angaben, sodaß man die Tabelle der 15 Moselfische (Dräger versäumt es in der dazugehörigen Überschrift nicht, noch einmal auf seine hebdomadische Entdeckung 7+7+1 hinzuweisen) und die anschließenden Abbildungen (die im Druck leider sehr blaß ausgefallen sind) gerne als erste Information benützen wird. Auffallend sind jedoch Unterschiede der zoologischen Namensformen in der Tabelle (nach Linné 1785) und den Bildunterschriften.72
Knapp wird das Biographische nach der communis opinio (113–115) dargestellt. 116–120 sind die Werke des Ausonius aufgelistet, gegliedert nach dem Vorbild von Liebermann/Schmidt.73
Nach der oben aus der Einleitung zitierten Bemerkung über das hebdomadische Kompositionsprinzip der Mosella wird nun dieses noch einmal in aller Breite dargelegt, wobei sich die S. 129f. aufgelisteten „ Versgruppen mit 7, 14, oder 21 Versen“ nur in wenigen Fällen mit der Gliederung S. 120ff. zur Deckung bringen lassen, d.h. Gliederungspunkte und Versgruppen sind nur ausnahmsweise identisch.
Im übrigen geben die Erläuterungen nicht mehr, als schon Weis und Schönberger74 bieten. Eine (sehr blasse) Abbildung des berühmten Trierer Musen-Mosaiks leitet über zu Symm. Epist. 1, 14, jenem Brief, in dem Symmachus über die Aufnahme der Mosella in Rom spricht.75
Zuzustimmen ist Dräger in der Beurteilung der Mosella als des Ausdrucks eines politisch-propagandistischen Programms.76 Die S. 132 noch einmal übersichtlich zusammengestellten Aussagen (nur hier wird auf Sekundärliteratur genauer eingegangen) sprechen für sich.
Ausführlich wird 135–140 die Abfassungszeit der Mosella diskutiert, wobei sich Dräger (ohne Auseinandersetzung mit der ausgedehnten Forschungsliteratur) eher für die Jahre 375/76 als 370/71 entscheidet und das Gedicht daher nicht in den Zusammenhang mit der Rückkehr vom Alamannenzug 368/69 bringt. Die Reise von Bingen nach Neumagen wird, nachdem Görler Beziehungen zur Unterweltschilderung in Vergils Aeneis erkannt hat, als „literarische Fiktion“ (137) verstanden. In einer sorgfältigen Rekapitulation aller Fakten hat zuletzt Mondin bei Cavarzere als Abfassungszeit das Jahr 371 benannt. Valentinianus II. ist nicht mit letzter Sicherheit im November 371 geboren,77 sondern, wie Mondin wahrscheinlich macht, bereits im Sommer dieses Jahres. Da lag die Mosella praktisch ausgearbeitet vor, und Coşkun erwägt jetzt sogar eine Datierung in das Jahr 370.78 Der Abschnitt über die Ausonius-Rezeption (140–143) beschränkt sich im wesentlichen auf die Nennung von Autoren-Namen; so bleibt die Darstellung dieses Themas ein Desiderat. Ein Verzeichnis der Eigennamen und Literaturhinweise beschließen diese Ausgabe von zweifelhaftem Wert.

Im folgenden Jahr hat Dräger in der Tusculum-Reihe eine Auswahl aus den Werken des Ausonius (und Paulinus von Nola) veröffentlicht. Textgrundlage für Ausonius ist diesmal die alte Teubneriana von Peiper,79 für Paulinus die Edition von Hartel (CSEL). Die Übersetzung ist einheitlich in Prosa gefaßt („auf Wunsch der wissenschaftlichen Berater und des Verlages“ – S. 308). Dennoch ist die optisch-drucktechnische Darbietung des zweisprachigen Textes höchst unbefriedigend: Da in der Übersetzung jeder Vers mit einer neuen Zeile beginnt und da bekanntlich ein ins Deutsche übersetzter Text immer länger ausfällt als das lateinische Original, reicht die rechte Satzbreite des an sich schon mit einem äußerst knappen Rand versehenen Buches in aller Regel nicht aus, sodaß fortwährend noch vor dem Verszeilenende umgebrochen werden muß. Wie man es machen kann (und muß!) zeigen Schönbergers Ausgabe bei Reclam oder aber auch das angenehme Satzbild im lateinisch-italienischen Teil bei Cavarzere sowie in der Brief-Edition von Amherdt. Auch der alte Tusculum bzw. Artemis Verlag hat für seine meisten Ausgaben ansprechendere Lösungen gefunden.80 Den gleichen Satzspiegel, allerdings mit einem breiteren Rand, zeigt die Studienausgabe von 2004.
Ob allerdings die jetzt vorgelegte Prosaübersetzung einen Fortschritt gegenüber der Ausgabe von 2001 bedeutet, müßte durch einen genauen Textvergleich bewiesen werden. Da das aber den Rahmen eines Forschungsüberblicks (und selbst einer Rezension) sprengen würde, seien nur einige Auffälligkeitennotiert.81 Im übrigen hat jedoch die Prosaübersetzung gegenüber den Blankversen an Deutlichkeit gewonnen. Schwer erträglich bleibt aber die Beibehaltung der originalsprachlichen geographischen Eigennamen auch dort, wo moderne, auch deutsche Formen üblich sind.82
Im Anhang werden zunächst die Abweichungen von Peipers und Hartels Ausgaben lediglich aufgelistet. Zur Textüberlieferung der Mosella erfährt man nichts.83 Auf die zahlreichen textkritischen Probleme gerade der Mosella wird in der Regel nicht eingegangen.84 Die Einzelerläuterungen zur Mosella sind insgesamt etwas ausführlicher als in der Ausgabe von 200185und mit nur geringfügigen Änderungen in die Studienausgabe übernommen.86

Seine Art des Übersetzens rechtfertigt Dräger nochmals in der Studienausgabe S. 122, auch hinsichtlich der lateinischen Schreibweise der Eigennamen („Da es sich um lateinische Texte handelt“ – S. 122). Die oben gemachten Einwände sind damit nicht entkräftet, denn es handelt sich zwar im Original um lateinische Texte, aber um eine deutsche Übersetzung und deutsche Erläuterungen, die durch die Verwendung der deutschen Eigennamen entlastet werden könnten. Insgesamt ist durch den verkleinerten Satzspiegel das Druckbild der Studienausgabe optisch ansprechender, die zahlreichen Zeilenumbrüche sind jedoch geblieben. Trotz der Versicherung S. 123 fehlen unter den Literaturhinweisen nach wie vor die wichtigen Forschungsberichte von Mondin (siehe 1. Teil Anm. 1 und 3); der Kommentar von Cavarzere konnte offensichtlich nicht mehr benützt werden. Das in Teilen sicher nachvollziehbare, für die Gesamtstruktur aber nur bedingt taugliche hebdomadische Gliederungsprinzip wird natürlich weiterhin vertreten.87

Aus dem Briefcorpus, zu dem jetzt die vorzügliche Edition von Luca Mondin vorliegt (siehe 3. Teil), hat Dräger die Briefe des Ausonius an seinen früheren Schüler und Freund Pontius Meropius Paulinus, den nachmaligen Bischof von Nola in Kampanien, und dessen Antwortschreiben ausgewählt. Sie sind damit erstmals in deutscher Übersetzung verfügbar und machen dadurch die Ausgabe auch für kirchengeschichtlich Interessierte wichtig.

Die Qualität dieser Übersetzung unterscheidet sich nicht von der der Mosella. Auch hier müssen einige bemerkenswerte Beispiele genügen; die Defizite werden gerade im Vergleich mit der präzisen französischen Übersetzung von Amherdt deutlich. Schwer erträglich ist im Deutschen wiederum die Beibehaltung nicht nur von solchen antiken Eigennamen, die schon längst eingedeutscht sind, sondern auch von Ableitungen daraus wie Epist. 8,58 „romulidische Edle“ (statt: römische).
Epist. 1,1,7f. suprema ... tempora „die letzten Zeiten“, gemeint sind die letzten Tage des Dezembers. Schon ein Blick in das vorzügliche „Große Schulwörterbuch Lateinisch-deutsch“ von Erich Pertsch, Berlin (Langescheidt) 1971 u.ö. hätte die Information liefern können („oft = Stunde, Tag“). Richtig übersetzen daher Mondin (114) „i suoi ultimi giorni“, Amherdt (43) „ses derniers jours“.
Epist. 1,3: Weniger gelungen scheint die Wiedergabe von litterae tuae oppido quam litteratae mit „dein überaus schriftgelehrtes Schreiben“, da man bei „schriftgelehrt“ unwillkürlich an den biblischen Ausdruck des „Schriftgelehrten“ denkt.
Epist.1,7,4 regnatas bezieht sich auf alle Erdteile, in der Übersetzung nicht zu erkennen.
Epist. 1,16 erweckt die Übersetzung eine falsche Vorstellung vom mythologischen Geschehen: Ikarus stürzte ins Meer und gab diesem einen Namen, Dädalus flog weder zu hoch noch zu tief, sondern eben moderate und gelangte so (fliegend!) nach Cumae. Kann diesen zweiten Sachverhalt ein Leser aus der Formulierung „der maßvoll schwimmend zu den chalcidischen Burgen“ (so die Wiedergabe des „poetischen Plurals“) „entkam“ erkennen? Erst ein Blick in die Erläuterungen klärt die Fakten. Man vergleiche damit die korrekte Übersetzung bei Amherdt (49): „ qui vola jusqu'à la citadelle de Chalcis“. Die zu knappen Notizen bei Mondin z. St. (S. 119) bedürfen der Ergänzung, wie sie Amherdt Anm. 39 gegeben hat.
Epist. 1,22 ad te prolixius delirare „weitläufiger vor dir zu faseln“ (ohne Erläuterungen). Die Verweise bei Mondin und Amherdt auf die Brieftopik klären den Sachverhalt und daher übersetzt Amherdt mit Recht „de te raconter des extravagances“. – Gleich anschließend: te ut eliciam „um dich zu reizen“ (Dräger), gemeint ist „ein Antwortschreiben herauslocken“, „indurre a rispondere“ (Mondin S. 242). Amherdt übersetzt wiederum korrekt „pour t'arracher quelques paroles“.
Epist. 3,2f. muria/garum wird abwechselnd mit „Salzbrühe“ und „Fischbrühe“ wiedergegeben, obwohl es sich hier offensichtlich um das Gleiche handelt, auch wenn aus anderen Belegen (cf. RE s.v. muria) ein qualitativer Unterschied zwischen garum und muria erschlossen werden kann. Das Wort, das Ausonius nicht gebrauchen will, ist nicht muria (so Dräger), sondern liquamen, wie Amherdt S. 60 Anm. 6 überzeugend nachgewiesen hat.
Epist. 4,8,42 ad usque portus oppidi (gemeint ist wohl Condate bei Libourne am Zusammenfluß von Isle und Dordogne); portus ist dann aber sicher poetischer Plural; vgl. Amhert S. 85 „jusqu'au port de la ville“ und Epist. 17,32 Mondin Condatem ad portum.
Epist. 5 Titel: Wie die Überschrift ausweist, ist der Brief unmittelbar nach einem nicht überlieferten Vorgängerbrief des Ausonius geschrieben, auf den Paulinus nicht geantwortet hat. Der Brief ist also nicht „postwendend“ verfaßt, sondern, wie Amherdt richtig übersetzt „immédiatement après la précédente“.
Epist. 5,23f. libelli segmina Pergamei sind, gerade auch wenn man Drägers zutreffende Erklärung S. 206 beizieht, nicht „Stücke eines pergamenischen Büchleins“, sondern „une bande de parchemin“ (Amherdt).
Epist. 6,5 non felix charta: Wie Mondin S. 251 richtig erkannte, sind damit die vorhergehenden Briefe gemeint („tante lettere diverse“), und so übersetzt Amherdt treffend „mon pauvre message“ (S. 103); „der unglückliche Bogen Papier“ (Dräger) verkennt nicht nur die Bedeutung, sondern erweckt mit der Übersetzung „Papier“ auch falsche Vorstellungen von der Beschaffenheit des Beschreibstoffs (ebenso Epist. 7,5).
Epist. 6,23: Der Übersetzung von Dodonaei ... aëni „des dodonäischen Erzgefäßes“ widerspricht V. 25 der Plural „die Kessel“.
Epist. 6,58 deiectis iuga per scruposa ruinis: Schwer verständlich bleibt die Übersetzung „ ... Trümmern, die über schroffen Bergjochen eingestürzt sind“, statt „die über schroffe Berghänge hin auf der Erde liegenden Trümmer“.
Epist. 6,70 Alpini conexa iugi: In den Erläuterungen wird richtig bemerkt, daß Alpinus hier die Pyrenäen meint; dem sollte auch die irreführende Übersetzung „Alpenjoche“ Rechnung tragen; ebenso Epist. 8,87 „jenseits der Alpen und der ... Pyrenäen“, wo durch eine Tautologie die Pyrenäen allein bezeichnet werden, also: jenseits des marmorweißen Hochgebirges der Pyrenäen.
Epist. 7,218 Vasconicis ... in oris meint nicht „Randgebiete Vasconiens“, sondern einfach „im Baskenland“, „sur les terres de Vasconie“ (Amherdt S. 151). Das oben zu Epist. 1,1,7f. genannte Wörterbuch von Pertsch biete zu ora die Erklärung „(dcht.) überh.} Gegend, auch pl.“.
Epist. 7,227 Hispani ... orbis: „des hispanischen Erdkreises“ (was immer das auch sein mag), statt „des spanischen Landes“. Nochmals Pertsch: „(dcht.) orbis auch = Gebiet, Land, Gegend“.
Epist. 7,283 „heiliger Vater“ (sancto parenti) widerspricht dem heutigen Sprachgebrauch; korrekt Amherdt S. 159 „mon vénérable père“.
Epist. 7,295 exutis membris „der <fleischlichen> Glieder entkleidet“: der Zusatz ist überflüssig, da aus dem Kontext verständlich (Amherdt: „dépouiillé des ses membres“). Auf die im letzten Teil des Gedichts vorliegenden platonischen und neuplatonischen Bilder (Licht/Dunkel, Fesseln, Flügel der Seele) sollte hingewiesen werden.

Da Dräger den Kommentar Mondins offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen hat, kann er auch den Benützer seiner Ausgabe nicht über den Überlieferungsbefund des Briefcorpus informieren.88Auch die sicher willkommenen Erläuterungen, die in aller Regel einen ersten Zugang zum Text ermöglichen,89 leiden an manchen Stellen unter der Nichtbeachtung von Mondins Kommentar.90

Wie unbefriedigend in vielen Kommentaren und Erläuterungen die Frage der „ Quellen“ oder direkten Vorbilder gehandhabt wird, läßt sich exemplarisch an der Erläuterung zur Junktur Epist. 1,7, 1 S. 193 {\it Europamque Asiamque} zeigen; das Material entnehme ich dem Kommentar von Mondin S. 116 z.St. Zunächst muß sich der Kommentator, bevor er eine „ Quelle“ ausgemacht zu haben glaubt, immer den enormen Verlust an lateinischen Texten vor Augen halten. In diesem Fall ist uns zufällig das Ennius-Fragment 270 überliefert mit der Junktur {\it Europam Libuamque} als Hemistichion. Vergil bildet Aen. 10,91 {\it Europamque Asiamque} ebenfalls am Versanfang. Muß er sich allerdings dazu Ennius als „ Vorbild“ nehmen? Das hieße doch, einem Vergil nicht einmal die Nennung zweier Erdteile in der Verbindung mit {\it -que ... -que} als selbständige Leistung zuzutrauen. Von daher konnte Paulinus, ebenfalls unter der Voraussetzung, daß er ein „ Vorbild“ brauchte, die Wendung übernehmen, nachdem schon Ausonius Mos. 291 {\it Europaeque Asiaeque} gebildet hatte. Wenn aber das gleiche Hemistichion noch dreimal in der Achilleis des Statius begegnet, dann beweist das nur, wie beliebt ein derartiger Hexameteranfang war. Zu formulieren, Paulinus gehe auf Statius oder Ausonius zurück, verkennt die Bedeutung Vergils für die spätantike Poesie, aber auch die Bedeutung eines in großem Umfang verfügbaren Repertoirs formalisierter Dichtersprache. Zutreffend ist die Benenung durch Mondin als „Emistichio 'formulare'“.

Die abschließende Einführung wiederholt zur Mosella das 2001 Gesagte, kann sich, ohne Detaildiskussion,91 zur Bissula auf eine Reihe jüngerer Beiträge stützen (aufgelistet S. 317f.) und zieht zu Paulinus ein Resümee aus der in letzter Zeit so reichhaltig gewordenen Forschungsliteratur, allerdings ohne Diskussion der Überflieferungsprobleme. Das Literaturverzeichnis ist sehr lückenhaft (vgl. 3. Teil Anm. 105 zu Paulinus), Indices fehlen. Abschließend läßt sich konstatieren: So wertvoll die zweisprachige Publikation des Ausonius-Paulinus-Briefwechsels und die beigegebenen Erläuterungen für einen ersten Zugang auch sind, so befremdend ist für einen modernen Leser die von Dräger gewählte Form der Darbietung.

Ein wirklich moderner Kommentar des Moselgedichts liegt jetzt in der Arbeit von Alberto Cavarzere (C.) vor. Einleitend werden zwei Probleme der Mosella diskutiert, das Problem der Gattung und die Frage nach der Tendenz: Hinsichtlich der Gattung werden die wichtigsten früheren Positionen vorgeführt und die in letzter Zeit immer wieder betonte Verschiedenheit spätantiker Dichtung von den klassischen Formen auch als Charakteristikum der Mosellagesehen, die sich nicht in der Kreuzung verschiedener traditioneller Gattungen,92 sondern besonders im Nebeneinander verschiedenartiger Bilder ausprägt. C. schließt damit an das Teil 1 referierte Urteil Greens an und besonders an die Überlegungen von Donato Gagliardi.93 Zur Frage der Intention werden die Deutungen als Propaganda oder Panegyrik diskutiert, wobei C. in Anschluß an René Martin94 die panegyrisch-rhetorische Grundtendenz der Mosella hervorhebt (11f.).
Hinsichtlich der Struktur des Gedichts setzt C. die entscheidenden Einschnitte nach V. 22 und 380, sieht also die oben Anm. 71 vorgeschlagenen Akte 1 und 2 als Einheit (12: „è il vero e proprio encomio del fiume“).95 Den Schlußteill versteht C. als den wahren und eigentlichen Panegyrikus auf Valentinian (15), woraus sich auch als äußerster Terminus ante quem für die Entstehungszeit der Mosella der Zeitpunkt seines Todes im November 375 (oder kurz vorher) ergibt.
Unter diesem Aspekt der Panegyrik wird auch der offensichtliche Gegensatz zwischen der idealisierenden Darstellung der Zeit und des Landes durch Ausonius, die der Panegyrik angemessen ist, und andererseits dem historisch faßbaren Niedergang diskutiert.
Ein weiteres Kapitel der Einleitung ist der Textüberlieferung gewidmet, wobei sich C. im wesentlichen an die Untersuchungen Mondins anschließt; erhellend werden die Beziehungen zwischen den 6 Mosella-Handschriften dargestellt. Sie wird abgeschlossen mit einer Bibliographie (24–28). Die Prosa-Übersetzung folgt dem Text Zeile für Zeile.
Ohne weitere methodische Vorbemerkungen schließt sich die Kommentierung an, gestützt auf das Material von Hosius, Ternes und Green. Wie in den anderen kommentierten Ausgaben ist auch hier bei den aufgeführten Vergleichsstellen nicht immer zu erkennen, was bereits von früheren Kommentatoren gefunden wurde.96 Erst der Vergleich mit den wichtigsten Kommentaren zeigt die eigene Leistung, und dabei ist festzustellen, daß C. besonderen Wert auf literarisch-rhetorische, stilistische und metrisch-rhythmische Aspekte des Gedichts legt. Die in der Einleitung dargelegte Struktur des Gedichts wird leider durch die nicht strukturierten Überschriften des Kommentarteils verunklärt.97
C. zeigt ein feines Gespür für das Atmosphärische. So sieht er etwa in der Einleitung eine unliebsame Erinnerung an eine Reise von Bingen nach Neumagen, die in eine unbestimmte ferne Vergangenheit verlegt wird.98 Gerade in den Beobachtungen zu Metrik und Rhythmus geht C. weit über das in früheren Kommentaren Gebotene hinaus,99 und so berücksichtigen die Hinweise auf Sekundärliteratur100 v.a. sprachlich-stilistische Arbeiten, während historisch-provinzialarchäologische Beiträge weniger beachtet sind.101 Auch sonst wird man zwangsläufig zu anderen Kommentaren greifen müssen. Z.B. wird V. 32 die Konjektur manamine verteidigt, ohne daß auf die durchaus mögliche Deutung des überlieferten munimine näher eingegangen würde („indifendibile“).
Somit stellt der italienische Kommentar in der Fülle seiner sprachlich-stilistischen und metrisch-rhythmischen Beobachtungen eine willkommene Ergänzung und Bereicherung der vorliegenden Kommentare von Hosius, Ternes und Green dar, ohne daß man jedoch ganz auf diese verzichten könnte.


50 Inwieweit dabei nationalstaatliche Gefühle zum Ausdruck kommen, wäre eine eigene Untersuchung wert.

51 Vgl. auch die Besprechung von Ludwig Voit, Gymnasium 99, 1992, 179f.

52 Charles-Marie Ternes: D. Magnus Ausonius, Mosella. Édition, introduction et commentaire. Paris 1972 (Erasme. Collection de Textes Latins Commentés 28).

53 Es ist natürlich wohlfeil, die Wiedergabe einzelner Ausdrücke zu kritisieren, aber einige besonders mißlungene Formulierungen sollen nicht verschwiegen werden: (10) primis Belgarum oris „an den ersten Gestaden der Belger“ (gemeint ist: im äußersten Grenzgebiet, so korrekt in den Erläuterungen S. 61); (11) divi ... Constantini „Konstantins des Erhabenen“ (statt: des vergöttlichten K.); weitere Einzelheiten bespricht Voit. Andere Formulierungen zeigen Probleme des Textverständnisses: (23) laudate agris, laudate colonis „den die Auen rühmen, lobpreisen die Siedler“ (so auch die anderen Übersetzungen, statt: „gerühmt wegen deiner Äcker, gerühmt wegen deiner Anwohner“, wie die Formulierung offensichtlich auch Cavarzere versteht: „lodato per i tuoi campi, lodato per i tuoi abitanti“). Sachlich zu korrigieren sind die Bemerkungen zum antiken Namen von Bingen (2). S. 79 unten ist der Text gestört.

54 Damit wird ein grundsätzliches in der Kommentartradition begründetes Problem sichtbar: In aller Regel ist der letzte Kommentar immer die Summe der Bemühungen vieler Vorarbeiter, und so gebietet es eigentlich die wissenschaftliche Redlichkeit, diese auch, soweit es möglich ist, zu benennen.

55 Das geht bis zur Übernahme französischer geographischer Bezeichnungen in der beigegebenen Karte; das gleiche Manko bei Schönberger (s.u.) S. 57.

56 So verweist Consoli auf Catull. 31 (Sirmium ... insularum ocelle),} Verg. ecl. 7,12f. (hic viridis tenera praetexit harundine ripas / Mincius) und georg. 3,12f. (primus Idumaeas referam tibi, Mantua palmas / Mincius) oder auf die Erwähnungen des heimatlichen Aufidus bei Horaz (carm. 3,30,10; 4,9,2; 4,14,25; sat. 1,1,58) und konstatiert, daß Ausonius „sicuramente“ die Aratübersetzungen Ciceros und des Germanicus gekannt habe (9).

57 Consoli geht mit Hosius von einer dreiteiligen Struktur aus. Symmetrisch sind Einleitung und Schluß (1–74 Proömium, Hymnus auf den Fluß; 381–483 Finale) mit Apostrophe; die Erzählung in der ersten Person (1–22; 438–468); die Erinnerung an das heimatliche Bordeaux (19; 443); die Erwähnung der Britannier (68; 407); der Gegensatz „Schönheit der Natur“ / „fasto sofisticato“ (überfeinerter Prunk: 48–52; 389–395). Symmetrisch sind auch der Fischkatalog und der Flußkatalog, beide gerechtfertigt durch die Verherrlichung der Mosella (77; 349) (S. 12). Der Kern („ nucleo centrale“; 152–348) hat die dauernde Gegenwart des Mythos als einigendes Element (12f.), nämlich 170–188 Satyrn und Nymphen, 209–219 „ intrecciata ad elementi mitologici misti a ricordi storici“, 240–282 Glaucus und 283–348 zur Illustration der Architektur. Consoli sieht auch in der Nennung der Mosel ein Strukturelement (13), nämlich 73/74 in Bezug auf die Verse 148/149 und diese wiederum zu 349/350, von da aus die {\it Amplificatio} 374–377. – Vgl. auch Anm. 71.

58 Zur Textkritik und Erklärung von Ausonius Mosella. MH 31, 1974, 155–168 (= Lossau 229–248 und Nachtrag S. 249).

59 Textgestaltungen in der 'Mosella' des Ausonius. MH 32, 1975, 173–182.

60 Index nominum, piscium, rerum notabilium (nur mit Stilistica), locorum, auctorum huius aetatis (an dem die Lückenhaftigkeit der Literaturbenützung mit einem Blick sichtbar wird), Bibliographia, v.a. zur Mosella.

61 Einige Einzelheiten zu den Erläuterungen:
1: Ausonius überquert die Nahe nicht auf der sog. Drususbrücke, da diese erst mittelalterlich ist. Dazu D. Ellmers, in: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 12: Nördliches Rheinhessen. Mainz 1972, 135ff. (erbaut nach 983).
10f.: Die Reisestrecke von ca. 98 km an einem Tag dürfte nach den neuesten Untersuchungen zum römischen Transportwesen (Anne Kolb: Transport und Nachrichtentransfer im römischen Reich. Berlin 2000, bes. 310ff.) eine ganz außergewöhnliche Ausnahme gewesen sein. Nichts spricht dafür, daß Ausonius ein derartiges Eiltempo vorlegte oder vorlegen mußte.
32: Schönberger übernimmt – gleichsam als gesichert – die Deutung von Görler munimen = Mole des Lucrinersees), die zuletzt von Green abgelehnt wurde.
39ff.: Ausonius schreibt, wie Dräger richtig gesehen hat, der Mosel tatsächlich Ebbe und Flut zu. Dieses Phänomen hatte er an der heimatlichen Garonne beobachten können.
206: Schönberger hält den Text – kaum nachvollziehbar – für in Ordnung. Als Subjekt zu dum spectat vermutet er den Zuschauer, „wohl ein älterer Winzer“.

62 Erkennbar aus der Ausgabe ist lediglich die Übernahme ichthyologischer Bestimmungen der Moselfische. Dagegen sind die Ergebnisse der 1999 an der Universität Trier abgeschlossenen Dissertation Coşkuns (1. Teil S. 113ff.; vgl. dessen Vorbemerkung S. xi) offenbar nicht berücksichtigt. Nur so erklärt sich eine Formulierung wie S. 114 unten über den Aufenthalt des Ausonius in Trier nach der Ermordung Gratians („ ... mußte Ausonius auf Anweisung des neuen Herrschers zunächst noch in Trier bleiben“ – ebenso noch in der Studienausgabe 2004 S. 87, obwohl dort Coşkuns Arbeit in den Literaturhinweisen erscheint). Dräger datiert sein Vorwort auf „5. Mai 2001“. Besprochen ist die Ausgabe, wie auch die von 2001 und Schönbergers Edition, von Ulrich Schindel: Drei neue bilingue Mosella-Ausgaben, Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 6, 2003, 1145–1149.

63 Damit wird aber der deutsche Text gegenüber der Präzision der lateinischen Dichtersprache unnötig aufgebläht, so z.B.:
12 Phoebus – „Phoebus' immer trocknes Rund“;
16 visentibus – „all denen, deren Blicke schweifen“;
34 occulti ... saxi – „mit dem Felsen, der sich tückisch irgendwo verbirgt“;
100 occultus ... pulsus – „der im Versteck geschnellte Stoß“.
Ob diese Aufblähungen als Erläuterungen dienen können, bezweifelt der Rezensent nachdrücklich. Wo sie aber diese Funktion erfüllen, sind zusätzliche Erklärungen überflüssig, wie z.B.
176 Oreiadas „Óreiáden, Nymphen des Gebirgs“ mit der Erläuterung S. 90 „Oreiaden: Bergnymphen“; hilfreicher wäre in Hinblick auf die abundante Übersetzung eine etymologische Erklärung; ähnlich 281 zu Nereus und Tethys. Nachdem also die Ausgabe auch eigene Erläuterungen enthält, könnten die notwendigen Erklärungen dort gut untergebracht werden, ohne daß die Übersetzung entstellt würde.

64 Einige Beispiele müssen genügen:
35: „Nicht bist gezwungen du, zu eilen rasch“;
36f.: „Nicht hast inmitten du des Wassers Spiegel // hochragend Fläche eines Lands“;
38f.: „falls teilen eine Insel sollt' den Fluß, // der so verdrängt dann wär'“.
Anderes muß im Deutschen unverständlich bleiben, z.B.
18ff.: „Zum Anblick und Verehren meiner Vaterstadt ... erregte damals alles heftig mich.“
23 „gelobt von den Äckern“ (wie soll man sich das vorstellen? – statt Abl. causae „wegen“ – vgl. oben Anm. 53);
56 per levia terga „vermöge deines glatten Rückens“. Das Wasser hat eine Oberfläche, aber keinen Rücken.
95 tu, melior peiore aevo „Du besser schmeckst in schlechtrer Lebenszeit“. Gemeint ist: Obwohl das Alter sonst allgemein als schlecht gilt, schmeckt eine ältere Barbe besser.
Ähnliches gilt 276ff. von der Verwandlung des Glaukos.
Gelegentlich wird auch der Sinn entstellt:
5: „den Marsch beginn'“ – Ausonius ging sicher nicht zu Fuß;
40 vada concita – „die Tiefen, die erregt dann sind“, nämlich durch die Ruderschläge, die aber eher das Wasser (hier: vada) an der Oberfläche berühren und nicht in der Tiefe;
139 steht im lat. Text Lachmanns Konjektur deprensa, die auch Green und Cavarzere übernommen haben, übersetzt jedoch ist der Vers (aut brevibus deprensa vadis aut fluminis ulvis) „sei's daß durch seichte Stellen du verteidigt wirst, sei's durch des Flusses Schilf“ – also nach der Überlieferung defensa. Wie unsinnig diese ist, zeigt der Zusammenhang: Die schwimmende Bewegung des langgestreckten Störs (longi corporis agmina) wird kaum unterbrochen (vix solvis) durch kurze Untiefen oder Schilf. Das kann aber durch defensa nicht ausgedrückt werden, sondern nur durch die Emendationen deprensa nach Claud. 20,430 (iam brevibus deprensa vadis, von einem gestrandeten Wal), wo die Verderbnis von deprensa zu defensa noch in der Überlieferung greifbar wird; vgl. Mondin, Prometheus 20, 1994, 161. Umgekehrt steht in der Artemis-Ausgabe im Text defensa, in der Übersetzung „behindert“ (also deprensa), ebenso jetzt in der „ Studienausgabe“.
144 „in des Atlantiks Tiefe“. Der sich der Küste nähernde Wal ist nicht „in der Tiefe“, sondern kommt „aus der Tiefe“ oder schwimmt einfach nur „im Atlantik“ (Schönberger: „am atlantischen Ozean“).

65 Derartige Spielereien entsprechen durchaus dem Zeitgeist; man denke nur an die Figurengedichte des Porfyrius Optatianus. Daher wurd diese Entdeckung Drägers (zuerst Gymn. 104, 1997, 456ff.) von der Forschung auch positiv aufgegriffen; vgl. Cavarzere S. 76f.

66 Besprochen von M. D. Reeve, Gnomon 52, 1980, 444–451, mit dem abschließenden Urteil „P. is a compiler, not a critic, and a compiler with an unhappy knack of enveloping his compilations in fog“. Dräger zitiert in den „Literaturhinweisen“ S. 156 diese Rezension; er hätte also gewarnt sein können. Mondin (wie 1. Teil Anm. 1), 200 spricht von einer „caotica edizione“.

67 Zu V. 204ff. wird in der Ausgabe von 2001 nichts gesagt, in 2002 (= 2004) heißt es: „Einen Versausfall schließe ich aus übergeordneter Sicht ... aus.“ Man vgl. dagegen jetzt die eindringliche Diskussion der Stelle durch Cavarzere, der sich mit der Setzung von Cruces bescheidet. Die Tilgung der Verse 170–174 (als Doppelfassung) durch Schröder (wie Anm. 76, 60f.) wird nicht diskutiert.

68 Es sei denn, man versteht die Abweichungen vom hebdomadischen Prinzip mit Dräger als „versteckte Form“, womit dann allerdings der Willkür keine Grenzen mehr gesetzt sind.

69 Im alten Sangallensis finden sich (nach Peiper) Initialen am Anfang der Verse 85, 97, 115, 120, 125, 131, 135, 144, also wieder ein anderes Einteilungsprinzip aus der Frühzeit der Überlieferung.

70 Nur kurz sei hier auf den Flußkatalog eingegangen. Folgende Fakten sind zu berücksichtigen: Ausonius gewichtet die Flüsse unterschiedlich. Hervorgehoben sind die Sauer, verstärkt durch die Prüm und die Nims, die auch syntaktisch zurücktreten (et Promeae Nemesaeque adiuta meatu), sowie die Saar. Zu einer zweiten Kategorie gehören Kyll, Ruwer und Elz bw. Alizette. In der Form der Praeteritio werden Lieser, Dhron und Salm genannt. Die geographische Bewegung ist offenbar die eines Zirkels (das hat Dräger richtig gesehen), beginnend und endend mit den beiden Haupt-Zuflüssen südlich von Trier. Von der Sauer aus geht die Blickrichtung flußabwärts zum Nebenflußpaar Kyll/Ruwer, um dann über die Praeteritio wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Dann wird in der überlieferten Reihenfolge der Verse mit dem von Dräger als Aprosdoketon verstandenem nec minor hoc die Alisontia angefügt. Folgt man Greens Umstellung (sie wird ausdrÜcklich von Mondin, Prometheus 20, 1994, 151 Anm. 7 gebilligt), dann geht die Bewegung flußabwärts bis zur Elz (für die übrigens die Charakterisierung in V. 370f. ebenso paßt wie für die Alzette; vorsichtig spricht sich Schönberger S. 76 zu V. 371 für die Elz aus, ebenso Cavarzere S. 152) und kehrt dann zum Höhepunkt, der Saar zurück, deren Lob als Abschluß der Fluß-Panegyrik mit V. 369 sich nahtlos in die Tendenz der Mosella einfügt. Die Alisontia = Elz bildet den Kontrast zur Ruwer, was den Inhalt betrifft, gehört aber eindeutig zu den kleineren Zuflüssen (nec minor hoc). Ein derartig formulierter Vergleich der Alzette mit der Saar ist nicht nur unsinnig, sondern, als Aprosdoketon verstanden, auch der Stilhöhe der Panegyrik unangemessen.

71 Im Vorgriff auf meinen in Vorbereitung befindlichen Kommentar zur Mosella sei hier die Grundstruktur kurz skizziert, wie ich sie zuerst im November 2003 in Fribourg vortragen durfte:
1–22 Einleitung – Ouvertüre: 1–11 Reise; 12–22 1. Idylle.
23–149 1. Akt: Das Wasser: 23–74 Aretalogie (23–32 Anruf; 33–44 Wasserlauf; 45–74 Schönheit [Ufer, Wasser, Grund]); 75–149 Fischkatalog.
150–380 2. Akt: Landschaft, Bewohner: 150–199 Ufer (Mythologie); 200–239 Schifferspiele; 240–282 Fischfang; 283–348 Villen; 349–380 Flüssekatalog.
381–483 Akt – Finale: 381–388 Hymnischer Gruß; 389–417 Ankündigung; 418–437 Mosel und Rhein; 438–468 Ankündigung; 469–483 Hymnischer Gruß.
Über die Strukturanalyse von Cavarzere vgl. unten.

72 Leuciscus cephalus/Squalius cephalus; Salmo salar/Trutta salar. Der irritierte Benützer wird darüber nicht weiter aufgeklärt und muß daher zu Handbüchern greifen wie etwa Günther Sterba: Süßwasserfische der Welt. Leipzig 1990.

73 Ohne daß die Quelle genannt und diese im übrigen durchaus kritikwürdige Einteilung (ist z.B. die Mosella reine Kunstdichtung oder enthält sie nicht doch starke historische Elemente, sodaß sie Green zu den historischen Dichtungen rechnet, oder was heißt „scholastisch-historisch“?) hinterfragt würde.

74 Teilweise sogar weniger: O. Schönberger erwähnt die Überlieferungssituation (104), bei Dräger findet man dazu nichts. Wichtig ist Drägers Hinweis (ohne weitere Erläuterung) zu V. 44, daß Ausonius der Mosel Ebbe und Flut zuschreibe. Das ist sicher aus dem durchgängigen Vergleich mit der Garonne herzuleiten, der mit der Nennung der Heimatstadt Bordeaux V. 19 evoziert und die im letzten Wort der Mosella genannt ist, und zwar mit dem Attrtibut aequorea (vgl. dazu Mela 3,21 mit der Beschreibung von Ebbe und Flut in der Garonne-Mündung, der Gironde). Eigene Überlegungen sind außerdem in dem schon erwähnten Katalog der Nebenflüsse zu finden, gestützt auf die genannten Ausführungen in Gymn. 104, 1997, 435–461. Der Beitrag steht auch, erweitert und verändert, für einen anderen Leserkreis, Kurtrierisches Jahrbuch 37, 1997, 11–38.

75 Im übrigen zeigt auch die Übersetzung des Symmachus-Briefes sprachliche Merkwürdigkeiten, so wird z.B. „die Ader unserer Beredsamkeit ... unterstützt“, die Mosella „ fliegt durch die Hände und Taschen vieler“; weiter: „deinem Lob anzuhängen“, „verstreuen magst du deine (Buch-)Rollen“.

76 Was zuletzt Stephan Schröder – keinesfalls überzeugend – zu bestreiten versuchte: Das Lob des Flusses als strukturierendes Moment im Moselgedicht des Ausonius. RhM N.F. 141, 1998, 45–91. Er versteht die Mosella zwar zutreffend als Enkomion, aber eben nur des Flusses; eine propagandistische Absicht lehnt er ab. Treffend hat dagegen Della Corte 70f. die Tendenz der Mosella beschrieben: „La Mosella vuol essere un elogio di quel fiume e di quelle terre, ove l'imperatore ha collocato la capitale dell'impero, proprio sul confine romano, valorosamente difeso contro i Germani. Mentre Costantino, portando la capitale a Bisanzio avveva attratto laggiù, nelle terre di Oriente, la nobilità e quanti volessero far carriera, Valentiniano aveva impostato su Treviri la sua nuova politica in funzione renana. Qui i figli dei grandi signori avrebbero trovato un'educazione degna di Quintiliano, qui ville sul meraviglioso paesaggio fluviale, qui l'attrativa della pesca, del nuoto, delle regate era un richiamo sportivo per quanti volessero passare salubremente la loro giornata.“ Vgl. auch unten das Urteil Mondins.

77 Dräger (S. 135) folgt mit seiner Datierung auf November 371 offensichtlich den Ausführungen von Wilhelm Enßlin, RE VII A (1948), 2206. Dietmar Kienast, Römische Kaisertabelle, Darmstadt 1990, 330 nennt lediglich „Herbst 371“.

78 Altay Coşkun: Ein geheimnisvoller gallischer Beamter in Rom, ein Sommerfeldzug Valentians und weitere Probleme in Ausonius' Mosella. Revue des études anciennes 104, 2002, 401–431.

79 Wenn man schon nicht auf Greens Text zurückgreifen will, dann sollte statt Peiper die Edition von Karl Schenkl herangezogen werden: D. Magni Ausonii opuscula. Recensuit Carolus Schenkl. Berlin 1883 (ND Berlin 1961) (Monumenta Germaniae Historica. Auctorum antiquissimorum tomi V pars posterior). Der hervorragende Kenner der Ausonius-Überlieferung, Luca Mondin, nennt sie „indubbiamente superiore alle succesive edizioni teubneriane“ (Bollettino di Studi Latini 23, 1993, 59 Anm. 2).

80 Als jüngeres Beispiel sei die Ausgabe von Ovid, Ibis und Fragmente (1996) genannt, die ebenfalls eine Prosaübersetzung bietet.

81 Als „Verschlimmbesserungen“ sind wohl zu werten (2001 vs. 2002 [2004]):
1: Nahe : Nava;
3: Wo Gallien einst sein Cannae hat erlebt, und Latien gleichgekommen ist : wo einst Gallien dem latinischen Cannae gleichgekommen ist;
11: Neumagen : Noiomagus – und weiterhin die Beibehaltung der lateinischen Namen im deutschen Text (vgl. auch unten Anm. 90);
11: der Gott geworden : verewigten;
18: Zum Anblick und Verehren : Hinein in die Schönheit und die Pracht;
110: Wie hat Natur mit Farbe dich bemalt : Welche Farbe der Natur hat dich gemalt;
115: der Tische Freude : Ergötzen der Tische.

82 Z.B. S. 111 Hibérus statt Ebro, Tárraco statt Tarragona, S. 236 Carthago statt Karthago. Das heutige Calahorra erscheint Epist. 6,57 nach Peiper als Calagorris, 7,223 nach Hartel als Calagurris. Letzeres ist auch für Ausonius die besser bezeugte handschriftliche Form (die Inschriften bieten beide Formen), die schon Schenkl und jetzt Green und Mondin in ihre Texte aufgenommen haben. Vgl.auch Anm. 81.

83 Vgl. dazu zuletzt Della Corte 70 ff.; Cavarzere 18–23.

84 Unbefriedigend sind Formulierungen wie zu 18f. „Andere (weniger überzeugende) Möglichkeiten der Wiedergabe“, die geradezu eine Erklärung herausfordern, die aber nicht gegeben wird. Auch für den Briefwechsel fehlen textkritische Erläuterungen. Die Textgestaltung ist nicht immer korrekt:
S. 76 Z. 23 muß lauten mercatur <in quo>quo foro venalium; vgl. oben 1. Teil Anm. 40;
S. 76 Z. 31 setzen Green, Mondin, Amherdt eine Crux vor rate, da nicht nur der Singular in der Reihe der Plurale (die einem Vorbild bei Gellius folgen) verdächtig ist, sondern das Wort rate auch schwer zu den erlesenen Bezeichnungen für die anderen Flußschiffe paßt. Die von Green erwähnte anonyme Konjektur scaphis könnte hilfsweise in den Text gesetzt werden.
S. 78 (Epist. 4,8,48): Das überlieferte sinnlose Tullianum, von Peiper in viliconum verbessert und von Dräger übernommen, trifft nicht den geforderten Sinn, den Greens Emendation viliconem, übernommen von Amherdt (erläutert 87 Anm. 39), herstellt.
Zur Textkritk der Mosella sei ferner genannt: Maria Chiara Leonori, Contributo critico-testuale alla Mosella di Ausoni. Rivista di Cultura Classica e Medioevale 33, 1991, 55–77.

85 Notierenswert ist:
1–22: Dräger nimmt offensichtlich V. 5 per avia wörtlich „Wanderung“ [sic! wiederholt zu 1] „ ... durch unwegsames Gelände“, wo doch kein Zweifel bestehen kann, daß Ausonius wohl im Gefolge des Kaisers fuhr, zumindest aber mit Begleitung, und avia eher atmosphärisch zu verstehen ist; die Straßenverbindung von Bingen nach Neumagen ist ja in der Tabula Peutingeriana verzeichnet und wird zu 7f. erwähnt. Dräger rechnet aber, wie erwähnt, mit einer rein fiktiven Reise (S. 259).
1: Die sog. Drusus-Brücke sollte nach den Ausführungen oben Anm. 61 nicht mehr als römisch bezeichnet werden.
4: Trotz der ausführlichen Diskussion über die Lage des antiken Vincum bei Hosius (mit älterer Literatur), in der die Ausonius-Stelle eine zentrale Rolle spielt, spricht Dräger überraschend zu 2 von „dem bisher nicht herangezogenen literarischen Vorbild“.
24: Wie schon 2001 wird definitiv behauptet. „Trier ... gegründet 16 v.Chr. von Augustus“. Man vergleiche dagegen die vorsichtig argumentierende Diskussion durch Heinz Heinen, in: Trier. Augustusstadt der Treverer, Mainz 1984, 46.
303: Philons Skeuothek war kein Arsenal für „tausend Schiffe“, sondern diente zur Unterbringung der Takelage von ca. 140 Schiffen; vgl. dazu jetzt ausführlich L. Lehmann, Künstlerlexikon der Antike II, München 2003, 245ff.

86 Störend und oft eher verwirrend als klärend ist der abundante Gebrauch runder und eckiger Klammern. Besonders erfreulich ist jedoch, daß sich auch die Studienausgabe nicht der vielfach unsinnigen sog. neuen deutschen Rechtschreibung bedient.

87 Zusätzlich wird in der Studienausgabe eine Siebenzahl der Kataloge postuliert mit dem Trick, daß auch die Schlußapostrophe als Katalog verstanden wird (S. 102).

88 Zwar konstatiert Dräger 292, daß die Briefe des Ausonius in zwei Gruppen zerfallen, geht aber auf den Überlieferungsbefund, wie ihn Mondin (s. 3. Teil) darstellt, nicht weiter ein. Unbefriedigend ist die Diskussion der beiden Fassungen von Auson. Epist. 23 Mondin S. 233; vgl. jetzt die Darstellungs des Forschungsbefundes bei Amherdt S. 22.

89 Zutreffende Beobachtungen zum Text finden sich z.B. S. 191 im Hinweis auf die Stilkriterien; Epist. 6,13–15 über die Homoioteleuta als Echo; Epist. 7,10,25 zu surdus Apollo; Epist. 7,10,47f. zur Alliteration, wie überhaupt die sprachlich-stilistischen Erläuterungen, gerade auch im Vergleich mit anderen Übersetzungen, besonders wertvoll sind; gelegentlich setzt Dräger ein Fragezeichen und regt so den Benützer an, selbst noch einmal die Stelle zu überdenken (z.B. Epist. 7,10,64; 7,10,93–96).

90 Um nur einiges zu nennen:
Man vermißt eine Erklärung zu Epist. 3,12 corollario poetico.
Epist. 3,14,40f.: Die Schreibvariante Spond(a)eus statt Spondeus entspricht nicht dem Textbefund, vgl. auch Karl Ernst Georges: Lexikon der lateinischen Wortformen, Ndr. Hildesheim 1967, 654. Im gleichen Lemma ist die Erklärung des Spondeus nicht recht verständlich: „(... gleiche Zeitdauer der Silben, >More<) lang-lang“; bekanntlich besteht eine metrische Länge (oder lange Silbe) aus zwei Moren, ein zweisilbiger Spondeus also aus vier Moren. – Die Wiederholung der Erklärung von Iambus ist hier überflüssig.
Epist. 4,8,49 numini: Die Konjektur von Baehrens (für nomini) wird nach Mondin S. 146 verständlich aus der euhemeristischen Erklärung, die Plin. nat. 2,18f. gibt. Drägers Bemerkung „nach seiner geistigen >Wende< ... wird Paulinus als Heiliger tatsächlich zu einer Gottheit“ ist abwegig.
Epist. 5,18–20: Die sprichwörtliche „Binsenweisheit“ (oder „Binsenwahrheit“) hat mit der Midas-Geschichte nichts zu tun; vgl. A. Otto: Die Sprichwörter der Römer, Ndr. Hildesheim 1971, 312f.; Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 19. Aufl. Berlin 1963, 78.
Epist. 6,12: Hybla ist der Name einer Stadt (nicht eines Berges) auf Sizilien; wohl Megara Hyblaia (RE IX 28).
Epist. 7,238 ist davon die Rede, daß Spanien orbe suo das Ende der Welt bezeichne. Natürlich nicht „durch seine kreisförmige Ausdehnung“, die Spanien auch nach den Vorstellungen der antiken Geographie keinesfalls hatte (vgl. z.B. Kai Brodersen: Pomponius Mela. Kreuzfahrt durch die Alte Welt, Darmstadt 1994, S. 123), sondern „par les contours de son territoire“ (Amherdt S. 153).
Epist. 8,27,90 (= 82 Green, Mondin) sollte auch die Identifizierung von A. Loyen (REA 62, 1960, 122f.) erwähnt werden, der jetzt Mondin S. 282 den Vorzug gibt. Loyens Beitrag ist zwar in der vorhergehenden Anmerkung genannt, nicht jedoch seine Benennung der trino ... flumina coetu. Amherdt (S. 184 Anm. 50) läßt die Frage offen ebenso wie zu Epist. 8,27,94 (= 86 Green, Mondin) ecclesia. Dräger vermutet „wohl die Kirche des antiken Condáte“; näher liegt die Lokalisierung der Kirche in Bordeaux, in der Nähe von Saint Seurin, damals extra muros (Sivan 45), wohl die Taufkirche des Paulinus, heute als „site paléochrétien“ ausgewiesen.
Merkwürdig sind in Übersetzung, Einführung und Erläuterungen Akzente wie (S. 288) „Alcalá de Heñares“ (statt Henares – ohne Tilde), (S. 191) „Tartessós“ (gr.Tarthssoc) – wenn schon Akzente, dann ibid. Cádiz. S. 111 und S. 297 bedarf die Form „Caesárea“ (statt Caesaríēa) für das übliche Caesaraugusta der Erklärung (vgl. RE s.v.), zumal der gleiche Versanfang Caesarea est Augusta Epist. 7,232 und Epist. 8,88 zuerst mit „das ein Caesárea Augusta“ und später mit „Caesaréa Augusta“ wiedergegeben wird. Auch sonst hat Dräger offensichtlich Probleme mit Namensformen: S. 191 „Ceute“ (statt: Ceuta); S. 198 „an der Nordküste Cretas“ (statt: Kretas), anschließend „Creter“ (statt: Kreter); vgl. das oben zu den Eigennamen Gesagte. Bei anderen Erklärungen fragt man sich, an welche Leser der Erklärer gedacht haben mag, wenn er uns darüber informiert, daß Barcelona am Mittelmeer liege (S. 227), die Pyrenäen zwischen Atlantik und Mittelmeer (S. 237). Andere Benennungen bleiben für den modernen Leser unklar; so wird Carthago Nova nur „in Spanien“ (S. 197) lokalisiert, gemeint ist das heutige Cartagena in der Provinz Murcia. Im gleichen Kontext gibt die Erklärung (S. 227), der Ebro münde ins Tyrrhenische Meer, Rätsel auf, da ja bekanntlich der heutige geographische Begriff „Tyrrhenisches Meer“ das Seegebiet östlich Korsika/Sardinien bezeichnet. Erklärbar ist diese singuläre Ausdrucksweise aus einer sonst allerdings nicht weiter belegten antiken Vermutung, Tarragona sei eine Gründung der Etrusker; vgl. Auson. Epist. 8,88f. Tyrrhenica ... Tarraco. Dräger verweist in der Erklärung dieser Stelle S. 239 auf Adolf Schulten, der die Möglichkeit einer etruskischen Ansiedlung im Kontext anderer etruskischer Siedlungen an der spanischen Ostküste diskutierte (auch RE IV A 2398). Merida (Epist. 8,74) liegt in der heutigen spanischen Provinz Extremadura, „Lusitanien“ ist kein moderner geographischer Begriff, sondern bezeichnet eher poetisch-literarisch das heutige Portugal. S. 287 muß es korrekt (wie S. 288) Aquitania Secunda (nicht: Aquitanica) heißen.

91 Lediglich in den Erläuterungen zu carm. 6 S. 188 wird auf andere Positionen eingegangen.

92 Cavarzere übernimmt damit (9) eine Deutung von A. La Penna.

93 Donato. Gagliardi: La poetica dell'„ecphrasis“ e Ausonio, in: Ders.: Aspetti della poesia latina tardoantica. Linee evolutive e culturali dell'ultima poesia pagana dai „novelli“ a Rutilio Namaziano, Palermo 1972, 65–89.

94 René Martin: La Mosella d'Ausone est-elle un poème politique? REL 63, 1985, 237–253.

95 Ob man nun das Enkomion der Mosel mit C. als Einheit sieht oder die Gliederung nach Fluß und Landschaft stärker gewichtet, in jedem Fall wird schon allein durch diese augenfällige Struktur Drägers Hebdomadengliederung ad absurdum geführt.

96 Vgl. die methodischen Bemerkungen oben Anm. 54.

97 Ergänzend zu den Ausführungen der Einleitung läßt sich folgendes beobachten: C. sieht, wie alle anderen Erklärer, in den Versen 1–22 einen Prolog, der sich in die Reise (1–11) und die „Epiphanie“ der Mosel gliedert. Weniger glücklich erscheint die Überschrift „Le laudes Mosellae“ für die Verse 23–54, da ja auch der weitere Text bis 380 darunter subsumiert werden kann (vgl. Introduzione S. 12). Während der Komplex des Fischkatalogs unproblematisch ist, werden die Verse 150–199 vielleicht etwas zu kleinteilig gegliedert. Die durchsichtige Gliederung ab 381 deckt sich mit der oben Anm. 71 vorgetragenen.

98 Wie auch in diesen viel erörterten Versen zusätzliche Beobachtungen gewonnen werdem können, zeigen die Ausführungen zu Scaligers Konjektur lumine (1).

99 Z.B. 5/6; 8; zu der textkritisch umstrittenen Stelle 18/19.

100 Zitate aus nichtitalienischen Arbeiten werden merkwürdigerweise in Übersetzung geboten (S. 10 Fontaine, S. 16 Görler).

101 So fehlen etwa historische Erläuterungen zu 11 divi castra inclita Constantini.

Joachim Gruber, Erlangen
joachim.gruber@nefkom.net

1. Teil: Gesamtdarstellungen und Gesamtausgaben || 3. Teil: Varia

PDF-Version || Inhalt Plekos 7,2005 HTML || Inhalt Plekos 7,2005 PDF || Startseite Plekos