Archäologie in Deutschland. Stuttgart: Theiss. ISSN 0176-8522
Heft 1/2005 (Januar–Februar)
Das
Heft wird eröffnet mit dem Bericht von Matthias Becker
über einen Fund,der
für die römisch-germanischen Beziehungen des
3. Jh. von besonderer Bedeutungist.
Es handelt sich um das bei Gommern südöstlich
von Magdeburg 1990
entdeckte Grab eines germanischen Fürsten, dessen
Beigaben wegen ihres guten
Erhaltungszustandes durch die Untersuchung und Restaurierung
wertvolle Aufschlüsse
über die verwendeten Materialien, ihre Herkunft und ihre Verarbeitungstechniken
boten. So belegt der Nachweis von Zinnober Handelsbeziehungen zum
römischen Reich, wo allein dieser Farbstoff zur
Verfügung stand.
Andererseits dokumentiert die besondere Art der Vergoldung ohne
Einsatz von
Quecksilber ein eigenständiges Verfahren der
Oberflächenbehandlung durch
die germanischen Edelmetallhandwerker. Weiterhin konnten
Färbemittel für
Stoffe identifiziert werden, außerdem fanden sich Reste
eines römischen Schlangenfadenglases
mit figürlicher Verzierung sowie eine silberne
Kelle-Sieb-Garnitur
und andere Gebrauchsgegenstände. Auch die Reste der
Grabkammer konnten
so restauriert werden, daß ein Nachbau möglich
wurde. auf jeden Fall werden
weitere Untersuchungen zu diesem Fund neue Aufschlüsse
über die germanische Kultur
und Gesellschaft im 3. nachchristlichen Jh. erwarten lassen.
Unter den Beiträgen zum Themenschwerpunkt ”Textilien“
ist der von Christina Peek
über die Kleidung der alamannischen, bajuwarischen und
fränkischen Bevölkerung
zwischen dem 5. und 8. Jh. gerade für die Spätantike
von Interesse.
Die Rekonstruktionsvorschläge, die auf der Untersuchung
kleinster Textilreste
beruhen, können immerhin einen annähernden
Eindruck von der merowingerzeitlichen
Tracht und ihrem Wandel vermitteln.
Mihailo
Milinkovic (Belgrad) berichtet über die serbischen
Siedlung Gradina, in
der seit 1984 regelmäßig Ausgrabungen
durchgeführt werden. Überreste von
fünf Kirchenbauten in der stadtähnlichen
Anlage lassen möglicherweise auf einen
Bischofssitz in frühbyzantinischer Zeit schließen,
die um die Wende vom 6.
zum 7. Jh. zerstört und später von Slawen
wieder beseidelt wurde.
Der
bereits im 19. Jh. bekannten Villa rustica von Chedworth, die ihre größte
Ausdehnung im 4. Jh. hatte, ist ein Beitrag von Maureen Carroll und
Colin Merrony
gewidmet, der sich v. a. mit ökonomischen Aspekten dieses
Landsitzes eines
”Wollbarons“ beschäftigt.
In
der Rubrik ”Aktuelles aus der Landesarchölogie“
wird über Neufunde im
Gebiet des Oppidums von Altenburg (an der Rheinschleife südlich
von Schaffhausen)
berichtet, datierbar in die Zeit des weströmischen
Kaisers Libius Severus
(461–465). Damit wird die Bedeutung dieses seit der
Spätlatènezeit besiedelten
Platzes noch in der Spätantike deutlich. In Regensburg
wurden der Nachweis
einer zivilen Besiedlung auch im östlichen Vorfeld des
Lagers durch die
Entdeckung eines Gebäudes erbracht.1 Neue Funde, darunter eine
große Almadinscheibenfibel, wurden
im fränkischen Gräberfeld von Dortmund-Asseln gemacht,
das 1999 entdeckt wurde. In die erste Hälfte des 4. Jh.
zu datieren sind
zwei Sarkophage mit Beigaben, die südöstlich
von Remagen an der alten Rheintal-Fernstraße
gefunden wurden.
Heft
2/2005 (März–April)
Für
die Wirtschaftsgeschichte der Kaiserzeit ist der Bericht über
das Römerbergwerk Meurin
in der Osteifel von Interesse (Holger Schaaff). Mit der Einführung der
Steinbauweise in den Rheinlanden gewann der Tuffabbau große
Bedeutung. Vermutlich
handelt es sich hier um das größte
Abbaugebiet nördlich der
Alpen. Der Beitrag vermittelt ein anschauliches Bild von dem auf dem Werksgelände
zugänglichen Besucherbergwerk.
Eher
als ein Journalistenprodukt ohne neuen Informationswert ist der
Beitrag von
Peter Kracht ”Wo müde Legionäre wieder
munter wurden“ mit dem Untertitel
”Wanderung von Weißenburg nach Regensburg“ zu
bewerten, in dem zwar
vom Wandern kaum die Rede ist, dafür aber einige Fakten
zu den Orten und
Bauten am Limes aneinandergereiht werden, die in dem schönen
Limesbuch von
Rabold u. a. aus dem gleichen Verlag zuverlässiger und
korrekter geboten werden.2
Heft
3/2005 (Mai–Juni)
Im Übergang von der Spätantike zum frühen
Mittelalter bildet die Besiedlung des
altbaierischen Raumes nach wie vor einen Schwerpunkt der Forschung. Jeder
neue Fund kann das Bild deutlicher gestalten, so auch die neuen
Ergebnisse aus
dem seit 25 Jahren bekannten merowingerzeitlichen Gräberfeld in
Straubing-Alburg. Wurden dort doch bedeutende Goldtextilreste
entdeckt, die
eine weitgehend gesicherte Rekonstruktion von der prächtigen
Kleidung eines Mannes
zuließen. Er trug u. a. goldene Schuhriemen (corrigiae),
wie sie in
Quellen des 9. Jh. als fränkische Tracht für
Adlige und Herrscher bezeugt sind.
Golddurchwirkte Stoffe stehen offensichtlich in der antiken Tradition
der kaiserlichen
Kleidung, wie sie dann auch von den barbarischen Führungseliten übernommen
wurde. So fügt sich der auch für die
Rezeption spätantiker Herrscherrepräsentation
wichtige Beitrag von Stephan Möslein aufs beste zu dem Themenschwerpunkt
des 1. Heftes.
Thematischer Schwerpunkt dieses Heftes sind die Altsachsen, denen 6 Beiträge
gewidmet sind. Zunächst werden Funde aus dem
Elbe-Weser-Dreieck vorgestellt, wo
sich die Genese des Stammesbundes vollzog (Matthias Knaut). Matthias
D. Schön berichtet über hölzerne
Grabbeigaben, besonders einen thronähnlichen
Holzstuhl mit Fußbank, deren Dekor sich auf spätantike
Muster zurückführen
läßt. Das gilt auch für eine
gedrechselte Pyxis und verschiedene Fibeltypen
aus der Zeit um 400. Diese und andere Fundgegenstände wie
ein handwerklich
hervorragend gedrechseltes Tischchen beweisen einen sehr intensivenrömischen
Einfluß auf das einheimische Kunsthandwerk. W. Haio
Zimmermann beschäftigt
sich mit der Siedlungsstruktur des Altsachsenlandes und zeigt
für Sievern/Holßel im Landkreis Cuxhaven ein
Macht- und Kultzentrum der
Völkerwanderungszeit auf. Peter Schmid zeichnet die
Entwicklung der ältesten Dorfanlagen
bis ins 5. Jh. nach. Die Funde, insbesondere von Münzen,
zeigen auch
hier wiederum die engen Beziehungen zwischen dem Imperium und dem
Barbaricum in der mittleren und späteren Kaiserzeit.
Bereits dem frühen Mittelalter
zuzurechnen sind die Funde aus dem Gräberfeld von
Rullstorf im Landkreis
Lüneburg, durch dessen Pferdebestattungen erstmalig auch
eine Rekonstruktion von
Sattel und Trense aus dieser Zeit möglich wurde. Der
Bericht über
ein Fürstengrab in der Grafschaft Essex aus dem frühen
7. Jh. zeigt die Spuren
der Einwaderung der Altsachsen nach England auf.
In
der Rubrik ”Aktuelles aus der Landesarchäologie“
wird von neuen Grabfunden aus
dem 3. und 4. Jh. in Günzburg berichtet, die zur
Bestattung germanischer Söldner
an diesem wichtigen Donauübergang gehören,3 außerdem von
Funden in einem spätmerowingerzeitlichen Friedhof in
Bruckmühl,4 von Gräbern
germanischer Söldner des 4. und 5. Jh. in der Nähe
von Köln (Hürth-Hermühlheim)
mit Beigaben in römischer und germanischer Tradition. Auf dem
seit vorgeschichtlicher Zeit besiedelten Ferschweiler Plateau im
Landkreis Bitburg-Prüm
wurde kürzlich eine spätantike
Höhensiedlung entdeckt, deren Kleinfunde
bis in die Mitte des 5. Jh. reichen. Erwähnt sei noch der
Bericht über
die Bemühungen, das bereits 70 n. Chr. aufgegebene
Legionslager Vetera I
als Bodendenkmal vor der völligen Zerstörung
zu retten.
Heft
4/2005 (Juli–August)
Von
besonderem Interesse für die Erforschung der
Völkerwanderungszeit ist der
Aufsatz von Alexander Pesch über Neufunde von
Goldbrakteaten und die auf
diesen Goldblechen dargestellten Bildmotive. Leider fehlen
weiterführende Literaturangaben.
Themenschwerpunkt
des Heftes mit fünf Beiträgen ist die
Römerzeit in Obergermanien
und Rätien, der auch die große
Landesausstellung in Stuttgart (bis
8. 1. 2006) und Karlsruhe (bis 26. 2. 2006) gewidmet ist.5 Der Beitrag
von
Dieter Planck ”Das Imperium kehrt zurück“
kann als Vorbereitung und Einstimmung
für einen Besuch der beiden Ausstellungen dienen. Marcus
Reuter (Archäologischer
Park Xanten) befaßt sich unter dem Titel ”Aufbruch
in die
Fremde“ mit der Binnenwanderung im Imperium
Romanum und dem damit verbundenen
Wandel der Bevölkerungs- und Siedlungsstruktur im
Südwesten. Thomas
Schmidts beschäftigt sich mit verschiedenen Denkmälern
des Kaiserkults. Weitere
Beiträge gelten der Entwicklung des Städtewesens
und der Anlage von
Verwahr-Depots in den Krisenzeiten des 3. und 4. Jh. Als Ergänzungdieser
Beiträge kann man den Artikel über den Runden
Berg bei Urach ansehen. Dieses
bemerkenswerte Geländedenkmal wurde bis in merowingische
Zeit immer
wieder besiedelt.Die
Landesarchäologen berichten aus Bayern über
die Entdeckung eines frühmittelalterlichen
Kirchengebüdes innerhalb einer Villa
rusticain Nassenfels,6 aus Nordrhein-Westfalen
über die Freilegung einer Villa
rustica in Frechen-Königsdorf
bei Köln, die vom 1. bis zum 5. Jh. bewirtschaftet wurde. In
Saarbrücken-Rodenbach geben neue Funde Hinweise auf eine
Besiedlung vom
2. bis 4. Jh.
Heft
5/2005 (September–Oktober)
Das
Heft mit dem Themenschwerpunkt ”Funde im Moor“ bietet
naturgemäß nur
wenige Informationen zur Spätantike. In die Zeit der
Völkerwanderung führt
der Bericht über die Funde von Waffenopfern des 3. bis 5.
Jh. in Südskandinavien (Michael
Gebühr).
Wichtig
ist der Beitrag über die Untersuchungen des römischen
Straßendorfes von
Pons Aeni (Pfaffenhofen
am Inn), der jetzt die Struktur der Siedlung mit ihrer
wichtigen Terra-Sigillata-Produktion deutlich macht.7 Aus Xanten werden neue
Funde von Gebäuderesten gemeldet, deren genaue Bestimmung
noch aussteht. Notiert sei außerdem die Nachricht über den
Fund eines frühkaiserzeitlichen Grabsteins
im Landkreis Ahrweiler.
Heft
6/2005 (November–Dezember)
Eröffnet
wird das Heft unter dem Stichwort ”Forschung Spätantike“
mit dem Beitrag
von Bernd Päffgen (München) ”Franken
erschüttern Roms Herrschaft am
Rhein“. Der kompakt und konzentriert geschriebene Artikel, der
auch auf die
neu bewertete Bedeutung des Magnentius eingeht, zeichnet ein
eindringliches Bild
von den politischen und ethnischen Verhältnissen an der
Rheingrenze um
die Mitte des 4. Jh. Die Bedeutung der Ermordung des Usurpators Silvanus
in Köln für das Eindringen der Franken,
Sachsen und Alamannen in das
linksrheinische Gebiet und die Reaktionen auf römischer
Seite werden im Kontext
literarischer Quellen (Ammianus Marcellinus) sowie neuerer
archäologischer Funde
und Erkenntnisse detailreich besprochen. Wichtige Literaturhinweise schließen
den gehaltvollen Beitrag ab.
Die
übrigen Beiträge des Heftes befassen sich mit
dem vor- und frühgeschichtlichen Thema
”Kreigrabenanlagen“. Aus der Landesarchäologie
Thüringens ist
der Fund einer Jupiter-Dolichenus-Statuette aus einer
Germanensiedlung bei
Erfurt erwähnenswert.
Da in diesem Heft auch auf eine Leserumfrage zur Qualität
der Zeitschrift eingegangen
wird, in der ein Leser feststellt ”Inhalt und Niveau der
Beiträge könnten
erhöht werden“, erlaubt sich der Rezensent
folgendes anzumerken: In der
Tat ist die Spannweit zwischen oberflächlichen
Beiträgen und detail- und substanzreichen
Artikeln groß. Hier müßte der
wissenschaftliche Beirat von Fachleuten
ersten Ranges, aber auch die Redaktion, stärker
eingreifen. Journalistische Diktion
(siehe auch Leserbrief von Ernst Petritsch in Heft 2 S. 77) hatin
einer Zeitschrift, die wissenschaftlichen Anspruch erhebt, nichts zu
suchen. Angaben
zu weiterführender Literatur werden immer seltener, aber
sie wären gerade
für den interessierten archäologischen Laien
wichtig.
Joachim Gruber, Erlangen
joachim.gruber@nefkom.net
1 Siehe auch den ausführlicheren Bericht in: Das archäologische Jahr in Bayern 2004, 91–93.
2 Vgl. dazu die Besprechung in Plekos 3, 2001, 15–18.
3 Siehe auch den ausführlicheren Bericht in: Das archäologische Jahr in Bayern 2004, 107–110.
4 Siehe auch den ausführlicheren Bericht in: Das archäologische Jahr in Bayern 2003, 104–106.
5 Der dazu imn gleichen Verlag erschienene, opulent gestaltete zweibändige Katalog wird ebenso wie die grundlegende Publikation von Dieter Planck: Die Römer in Baden-Württemberg (Stuttgart: Theiss 2005) demnächst in Plekos besprochen.
6 Siehe auch den ausführlicheren Bericht in: Das archäologische Jahr in Bayern 2004, 116–119.
7 Siehe auch den ausführlicheren Bericht in: Das archäologische Jahr in Bayern 2004, 100–102.