Wolfram Letzner: Das römische Pula. Bilder einer Stadt in Istrien. Mainz: Philipp von Zabern 2005. 107 S., 155 Abb. Euro 37,90. ISBN 3-8053-3472-9.

Die Konsolidierung der politischen Verhältnisse in der Region war sicher nicht der letzte Grund dafür, jetzt einen Band über Pula erscheinen zu lassen, der nicht nur die antike Vergangenheit und die erhaltenen Denkmäler dieses urbanen Zentrums Istriens darstellt, sondern auch die ländliche Siedlung Nesactium sowie darüber hinaus die Geschichte Istriens von der ersten vorgeschichtlichen Besiedlung bis in die Spätantike umfaßt.

Der Autor beginnt einleitend mit einem geographisch-historischen Überblick, der zunächst die Landesstruktur, sodann die Beziehungen Roms zu Istrien vor Augen führt, die anfänglich bestimmt waren von der Sicherung Italiens im Norden und der Seewege in der nördlichen Adria (6). Die wechselnde verwaltungstechnische Zuordnung Istriens zu Italien wird durch Karten gut dokumentiert.

Mit der Überschrift "Colonia Iulia Pola Polensis Herculanea - Pola - Pula" wird schlagwortartig die wechselvolle Geschichte Pulas angedeutet. Die Darstellung beginnt mit einem Überblick über die Forschungsgeschichte in Pula, angefangen mit den noch mittelalterlichen ersten Schutzmaßnahmen zur Erhaltung der Denkmäler über die Interessen der Reisenden und Architekten der Renaissance und des Barock bis hin zu den Aktivitäten des Archäologischen Museums. Dabei werden auch zahlreiche Details aus der jüngeren Geschichte Istriens und Pulas mitgeteilt. Es folgt eine Beschreibung der geographischen Situation, an die sich die Darstellung der Gründungsgeschichte und der vorrömischen Besiedlung anschließt. Die römische Stadtanlage selbst nahm mit ihrem Straßennetz offensichtlich auf die vorrömische Bezug, wie auch die Skizzen gut veranschaulichen.

Die römische urbane Struktur wird, nach gebäudetypen gegliedert, in den folgenden Kapiteln eingehend beschrieben, wobei der Dokumentation des Erhaltene besondere Bedeutung zukommt. Sie ist durch zahlreich Farbaufnahmen vorzüglich gelungen. Zunächst werden die Stadtmauern und Tore dargestellt. Neben der ersten Bauphase aus der Gründungszeit der colonia ist eine zweite aus der Spätantike nachgewiesen, die ins 5. und 6. Jh. datiert wird und mit der Bedrohung Oberitaliens durch die Westgoten oder der Zerstörung Aquileias durch die Hunnen 452 zusammenhängen kann. In ihre wurden Grabdenkmäler und Architekturteile verbaut (20 f.). Im Zusammenhang mit den Stadttoren wird der Sergierbogen ausführlich dokumentiert.

Die Wasserersorgung der Stadt erfolgte über Zisternen, Brunnen und eine außerstädtische Quelle, die noch in Architekturresten faßbar sind.>

Ein eigenes Kapitel ist dem Forum gewidmet, das in Form einer mittelalterlichen Platzanlage lokalisierbar und in seiner Bebauung auch chronologisch rekonstruierbar ist, zumal da der Tempel des Augustus und der Dea Roma vorzüglich erhalten sind. Beide Tempel werden ausführlich vorgestellt.

Ebenfalls hervorragend erhalten sind von den beiden Theatern das kleine Theater und besonders das Amphitheater, das sicherlich in die Reihe der bedeutendsten architektonischen Zeugnisse der frühen römischen Kaiserzeit zu stellen ist. Dagegen ist das große Theater nur noch aus alten Darstellungen bekannt. Steinmaterial daraus wurde auch in Venedig verbaut. Ausführlich ist das Amphitheater, auch im Vergleich mit anderen Bauten dieses Typs, beschrieben und durch vorzügliche Fotos und Strichzeichnungen dokumentiert. Datiert wird es in die Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts.

Von dem "Wohnluxus in Pula", so die Überschrift des nächsten Kapitels, haben sich bemerkenswerte Zeugnisse in Form von Mosaiken aus dem 2. Jh. erhalten.

Die Belegungszeit der Nekropolen von Pula, die ursprünglich sehr ausgedehnt waren, reicht bis ins 4./5. Jh. (79). Viele der Denkmäler sind dem Steinraub zum Opfer gefallen. Dennoch lassen sich aus alten Darstellungen und erhaltenen Fragmenten teilweise beachtliche Grabbauten rekonstruieren.

Ein abschließendes Kapitel ist "Pula in späterer Zeit" gewidmet, in dem, wiederum gut dokumentiert, der Übergang zur Spätantike und die Christianisierung beschrieben werden. Die älteste Kirche stammt noch aus vorkonstantinischer Zeit und stand an der Stelle der heutigen Marienkathedrale. Die frühe Baugeschichte von einer einschiffigen quadratischen Halle zu einer monumentalen Doppelkirchenanlage spiegelt das Anwachsen der christlichen Gemeinde in Pula und das Repräsentationsbedürfnis des Bischofssitzes. Ein zeitgleicher Bau wurde im Kloster des Hl. Franjo nachgewiesen. Die Basilika Santa Maria Formosa außerhalb der spätantiken Stadt, die im 6. Jh. offensichtlich eng bebaut war, geht auf den berühmten Bischof Maximianus von Ravenna zurück, der in Pula geboren war. Erhalten ist nur eine der Grabkapellen sowie Reste der Innenausstattung im Archäologischen Museum.

Als Kontrast zum urbanen Pula wird in einem letzten Kapitel das antike Nesactium vorgestellt. Die Siedlung wurde nie überbaut und ist daher der archäologischen Forschung frei zugänglich. In der Spätantike verändert sich der Charakter des Ortes von der urbanen zur ländlichen Siedlung. Gut erhalten ist die spätantike Stadtmauer. An den Tempeln des Kapitols sind Bauphasen bis ins 7. Jh. fetzustellen. Auch die Thermenanlagen haben offensichtlich wenigstens in Teilen bis in die Spätantike funktioniert. Als Kirchenbau ist eine Doppelbasilika nachgewiesen. Nach dem 7. Jh. wird der Ort aufgegeben.

Mit dem Band wird dem Leser und Betrachter der Zugang zu einer Region eröffnet, die von der späten Republik bis zum Ausgang der Antike eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Die solide informierende Darstellung1 und die opulente Ausstattung laden nachdrücklich dazu ein, sich nicht nur Pula, sondern dem antike Istrien überhaupt zuzuwenden.

Joachim Gruber, Erlangen
joachim.gruber@nefkom.net


1 Zu korrigieren sind: S. 7, r. Sp. Z. 1 "Phasalos" statt "Pharsalos", S. 8, l. Sp. "Unternehmungen des Cn. Asinius Pollio, dem Consul", statt "Unternehmungen des C. [sic!] Asinius Pollio, des Consuls", S. 13, r. Sp. "Lykophronos" statt "Lykophron" (gr. Luko/frwn), S. 14, l. Sp. "fu/gadej" statt "fuga/dej", ibid. "ethymologisch" statt "etymologisch", S. 17, l. Sp. "Ein wichtiger Bestandteil ... bildeten die Stadtmauern" statt "Einen wichtigen Bestandteil ...".


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