Veröffentlichungen zum Reitwesen in Altertum und Mittelalter, vornehmlich zur römischen Kavallerie – Teil 1

Axel Gelbhaar: Mittelalterliches und frühneuzeitliches Reit- und Fahrzubehör aus dem Besitz der Kunstsammlungen der Veste Coburg. Diss. Bamberg 1996, Hildesheim u.a 1997 (Documenta Hippologica). 282 S. 60 Abb. Euro 49.80. ISBN 3-487-08380-9.

Ian P. Stephenson, Karen R. Dixon: Roman Cavalry Equipment. Stroud: Tempus Publishing Ltd. 2003 127 S. 122 Abb. ISBN 0-7524-1421-6.


Reitzubehör, Reitweise, kavalleristische Bewaffnung, Organisation, Taktik und Operationsführung in Altertum, Mittelalter und Frühneuzeit haben in den letzten anderthalb Jahrzehnten in wachsendem Maße das Interesse der Forschung gefunden. Ganz besonders gilt das für die römische Kavallerie. Innerhalb weniger Jahre erschienen Publikationen Peter Connollys,1 Ann Hylands,2 Karen R. Dixons und Pat Southerns3 sowie des Rezensenten4 zu diesem Thema. Connolly, Hyland und der Rezensent bedienten sich hierbei auch der Methode der Rekonstruktion und des Experiments. Hinzu kamen Untersuchungen zur römischen Panzerreiterei durch Mariusz Mielczarek,5 Ortolf Harl6 und A. E. Negin7 sowie zu den sogenannten Paraderüstungen und den mit ihnen verbundenen turnierartigen Reiterübungen durch Ann Hyland8 und den Rezensenten9. Mit den hippologischen und reittechnischen Aspekten des mittelalterlichen Rittertums befaßten sich u.a. R.H.C. Davis,10 Ann Hyland11 und John Clark12.

Axel Gelbhaars Bamberger Dissertation, die schon 1993—1995 in den Jahrbüchern der Coburger Landesstiftung veröffentlicht worden war,13 reiht sich in diese Arbeiten ein, denn sie beschränkt sich nur vordergründig auf die antiquarische Einordnung der Coburger Bestände. Der Titel ist nämlich ausgesprochen irreführend, versucht der Verfasser doch sehr viel mehr zu bieten als er da andeutet. Die Vorstellung der in Coburg vorhandenen Gebisse, Sporen, Steigbügel, Sättel, Zaumzeuge und Geschirre gibt ihm Anlaß, all diese Bestandteile der Reit- und Fahrausrüstung in ihrer Entwicklung von den frühesten Zeiten bis ins 20. Jahrhundert zu diskutieren, obwohl der Coburger Bestand nicht vor das Hohe Mittelalter zurückreicht und seinen Schwerpunkt im 15.—17. Jahrhundert hat.14 Ausgenommen hat der Verfasser von dieser Parforce-Tour nur die Hufeisen und die Roßharnische. So anerkennenswert die Breite des Ansatzes ist, so übersteigt sie doch bei weitem den Umfang dessen, was im Rahmen einer eher knapp bemessenen Dissertation gründlich und überzeugend zu bewältigen ist. Symptomatisch hierfür ist die außerordentliche Lückenhaftigkeit, ja Dürftigkeit der Verzeichnisse »historischer Quellen« und der Literatur, die Gelbhaar zudem lästigerweise aufgesplittert und den jeweiligen Abschnitten nachgestellt hat.15 Der Gebrauch des Buches wird auch durch das fehlende Register und das äußerst summarische Inhaltsverzeichnis erschwert. Die Bebilderung beschränkt sich auf das Coburger Material in Auswahl und einige wenige Zeichnungen des Verfassers. Die im Text besprochenen Vergleichsstücke aus anderen Sammlungen und die zeitgenössischen bildlichen Darstellungen muß sich der Leser in anderen Werken zusammensuchen, was der Anschaulichkeit der komplizierten Sachverhalte abträglich ist. Das gilt erst recht für die schwer verständlichen Erläuterungen zu diversen Reittechniken und zur Funktionsweise von Gebissen in Verbindung mit Fragen der Pferdeanatomie, die der Verfasser völlig ohne erklärende Skizzen gelassen hat. Die Gliederung folgt zwar übersichtlich den verschiedenen Bestandteilen der Pferdeausrüstung, die systematisch nacheinander besprochen werden, doch hat der Verfasser reit- und militärgeschichtliche Exkurse dazwischengestreut, deren Inhalt recht zufällig auf die einzelnen Kapitel verteilt erscheint, wodurch Zusammenhänge in unübersichtlicher Weise zerrissen und viele Informationen unnötig oft wiederholt werden, ein Mißstand, der sich zwangsläufig auch in der vorliegenden Rezension spiegeln wird.

Der Verfasser betont nachdrücklich seine Kompetenz als erfahrener »Pferdemann«16 und nimmt für sich in Anspruch, im Gegensatz zu anderen Bearbeitern der Materie, die er in oft überzogen polemischem Ton als wirklichkeitsfremde Theoretiker, günstigstenfalls als erkenntnisunfähige Dilettanten einstuft, »experimentelle Sachkritik«17 zu betreiben. Worin diese bestanden haben soll, wird dem Leser freilich nirgends mitgeteilt. Die wenigen Hinweise des Verfassers, vor allem aber die Art seiner fortlaufend abgegebenen reiterlichen Werturteile (richtiger: Vorurteile) lassen aber deutlichst erkennen, daß sich seine Erfahrungen auf konventionelles Dressurreiten im englischen Stil, ergänzt durch Wanderreiten, beschränken, wobei er sich modernen Reitzubehörs bedient.18 Versuche mit Originalen oder Rekonstruktionen der von ihm diskutierten Modelle hat er offensichtlich nie unternommen, geschweige denn irgendwelche Experimente im Gebrauch von Waffe oder Rüstung unter Einsatz authentischen Reitzubehörs. Es erstaunt daher, daß Gelbhaar – im Widerspruch zu den eigenen methodischen Grundsätzen – sich fortlaufend bemüßigt fühlt, die in systematischer Rekonstruktionsarbeit und jahrelanger praktischer Anwendung gewonnenen Erkenntnisse anderer Forscher zu attackieren, ohne eigene, besser angelegte und durchgeführte Experimente dagegensetzen zu können.

Die manische, oftmals zum reinen Selbstzweck entartende Angriffslust des Verfassers fügt seinem in vieler Hinsicht verdienstvollen Werk immer wieder ganz unnötigen Schaden zu. So drängt sich Gelbhaar beim Studium der Werke ziemlich aller Autoren, die sich vor ihm mit dem Themenkreis der Reiterei beschäftigt haben, der Eindruck auf, »daß keiner der sich hier äußernden Damen und Herren jemals näheren Kontakt mit einem Pferd hatte, geschweige denn auf einem solchen Tier gesessen hätte«, denn nur so ließen »sich einige Behauptungen erklären, die in Reiterkreisen ungläubiges Staunen bzw. große Erheiterung hervorriefen.«19 »Stellvertretend« nennt er als Musterbeispiel den Satz des Rezensenten: »Die wichtigste Funktion des Zügels besteht darin, daß der Reiter mit seiner Hilfe in den Stand gesetzt wird, das Pferd rasch und zuverlässig unter Kontrolle zu bringen, er ist also seine Bremse.«20 Und das, obwohl es der Mann angesichts seiner praktischen Versuche »eigentlich besser wissen müßte«21!

Gelbhaar wirft dann das Bremsen gleich mit dem »Ziehen« und »Festhalten« in einen Topf und stellt kategorisch fest, der Zügel diene »nie« einem dieser Zwecke, »was man in jeder Reitschule erlernen kann.« 22 Es erstaunt dann einigermaßen, wenn er elf Seiten später plötzlich die Notwendigkeit einer Notbremse unter realen Einsatzbedingungen - und nur um diese geht es ja hier – mit Argumenten anerkennt, die fast wörtlich dem Werk des Rezensenten entnommen sind, ohne diesen freilich zu nennen 23: »Schwung, Stellung, Schub und Haltung sind beim Militärpferd im aktiven Dienst absolute Nebensache, Vorrang hat hier die bedingungslose Beherrschung des Tieres durch seinen Reiter, von der unter Umständen im Melee das Leben von Roß und Reiter abhängen kann ..., was keine Tierquälerei als Selbstzweck bedeutet, sondern einzig den Sinn hat, mit zweckhafter Brutalität den Gehorsam des Tieres zu erzwingen, ohne den der Reiter im Ernstfall sein Leben verlieren würde.« 24 Dem ist nur beizupflichten, doch wozu dann vorher die krasse Polemik? Man hat immer wieder den Eindruck, es gehe dem Verfasser darum, Pappkameraden aufzubauen, auf die er sich einschießen kann, da er sich nur so als souveräner Fachmann profilieren zu können glaubt.

In ganz ähnlicher Weise entstellt Gelbhaar die Charakterisierung der Wirkungsweise der römischen Kandare (»Hebelstangentrense«) durch den Rezensenten.25 Angeblich schildert dieser das antike Gebiß als ein wahres Marterinstrument, bei dessen Gebrauch die Zügel »ruckartig über die Pferdeohren gerissen werden« müßten, um das Tier »auf extrem brutale Weise ... zum Stehen« zu bringen. »Daß dabei die etwas harmloseren, weicheren Paraden, die ein römischer Reiter vielleicht auch einmal gegeben haben könnte, fast völlig ohne Wirkung geblieben wären, scheint er als selbstverständlich vorauszusetzen.«26

Daß scharfe Gebisse in der Hand eines gut ausgebildeten Reiters in der Regel nur potentiell scharf sind und daß der kraftvolle Einsatz sich auf seltene Ausnahmesituationen beschränkt, gibt er an anderer Stelle durchaus zu: »Da man im Gelände häufig mit langen Zügeln reitet, wird das Pferd im allgemeinen geschont, das scharfe Gebiß richtet keinen Schaden an. Andererseits stellt es eine sehr wirksame >Notbremse< dar, um ein in Panik durchgehendes Pferd daran zu hindern, etwa auf eine Straße oder eine Bahnschiene zu rennen etc.«27 Das ist genau die Ansicht des Rezensenten, wie er sie mehr als deutlich bei der Besprechung der römischen Gebisse zum Ausdruck gebracht hat: »Die Hebelstangentrense ist also ein vierfach auf Maulspalte, Unterkiefer, Gaumen und Kinnladen des Pferdes einwirkendes überaus scharfes Gebiß, das diszipliniert und sparsam eingesetzt werden muß. Dadurch, daß im Gegensatz zu heutigen Kandaren das ganze System in sich beweglich ist, indem die beiden Bäume unabhängig voneinander vor- und zurückschwingen können, ist die Gefahr unbeabsichtigter Wirkung gemindert. Beim Lenken durch Anlegen des Zügels, wie es beim einhändigen Reiten praktiziert wird, bleibt das Mundstück ruhig, da die Bewegung der Bäume nur durch Zug, nicht aber durch seitliches Verlagern der Zügelhaltung übertragen wird. Es wäre also einseitig, nur die Schärfe der römischen Hebelstangentrense zu konstatieren. Gewiß, sie ermöglichte es dem Reiter im Bedarfsfalle, mit dem Vielfachen der von einer Ringtrense entwickelten Kraft auf Gaumen und Kinn des Tieres einzuwirken. Zugleich aber gestattete sie es ihm, seine Hilfen sehr viel nuancierter, dosierter anzubringen, und sicherte durch die Flexibilität der Bäume und des Mundstückes das Pferd vor unbeabsichtigtem Reißen im Maul. Man muß daher die Hebelstangentrense als ein durchdachteres und letztlich milderes System bezeichnen als viele moderne Kandaren.«28

Gelbhaar reißt letztere Bemerkung aus dem Zusammenhang und unterstellt dem Rezensenten ein »kieferbrechendes Instrument« als ein milderes System zu bezeichnen als eine Ringtrense.29 Der Rezensent muß aber darauf hinweisen, daß es nach vielen Tausenden von Kilometern, die er zusammen mit seinen Mitarbeitern mit dieser »sinnlos harten« Zäumung geritten ist, keinerlei Beschädigungen am Maul oder am Kiefer irgendeines der beteiligten Pferde zu verzeichnen gab. Gelbhaar tut hier genau das, was er seinen ungeliebten Kollegen vorzuwerfen beliebt, indem er dezidierte Behauptungen zu praktisch überprüfbaren Sachverhalten aufstellt, ohne auch nur ansatzweise selbst die erforderlichen Erfahrungen gesammelt zu haben.30 Mit anderen Worten, er argumentiert »aus dem hohlen Bauch«. Das ist nicht die von ihm so hoch gepriesene Sachkritik, sondern simple Willkür.

Nicht besser steht es mit dem theoretischen Fundament der ex cathedra verkündeten Verdikte. Die Kombination von Hebelstangentrense und Metallzaum bezeichnet er als »rein hypothetisch«31, obwohl sie durch den Grabstein des Flavius Bassus in Köln für die Römer und durch das Relief von Darabgird für die sassanidischen Perser klar belegt wird. Beide Skulpturen sind im Buch des Rezensenten abgebildet.32 Umgekehrt erklärt er es für eine »unbewiesene Behauptung« des Rezensenten, daß die Römer nur mit einem Zügel geritten seien. Angesichts der Tatsache, daß es unter den vielen Hunderten von Abbildungen von römischen Reitern nicht eine einzige gibt, die einen zweiten Zügel zeigte, liegt ja doch wohl die Beweislast bei dem, der aus angeblich sachlichen Gründen das Reiten mit zwei Zügeln und die Anbringung eines – gleichfalls nirgends nachweisbaren – Kinnriemens postuliert. Die Praxis zeigt jedenfalls, daß weder das eine noch das andere Hilfsmittel erforderlich ist, um mit der römischen Hebelstangentrense besser reiten zu können als mit vielen modernen Gebissen. Für die Anbringung eines zweiten Zügels oder eines Kinnriemens fehlt zudem an den erhaltenen Originalen jegliche Befestigungsvorrichtung. Die von Gelbhaar hierfür in Anspruch genommenen Ösen und Schaumringe werden für die Anbringung der Trense am Kopfzaum benötigt. Die Verstellbarkeit der Kinnstange, die sich bei den meisten Exemplaren findet, läßt sich nur damit erklären, daß diese die Funktion der späteren Kandarenkette zu übernehmen hatte.33

Wenn Gelbhaar meint, die Hebelstangentrense habe bei der Rekonstruktion des Rezensenten nur gewirkt, wenn sie mit »enormer Wucht (0,3 kp nach Junkelmann, Abb. 9) nach hinten-oben über den Pferdekopf« gerissen wurde, dann irrt er sich nicht nur über die Richtung der Zügelannahme, die ganz normal in der Horizontalen erfolgt, sondern scheint auch nicht mit den Kräften vertraut zu sein, die zum Tragen kommen, wenn man in der von ihm vollkommen akzeptierten »versammelten« Haltung mit angenommenem Zügel reitet. Versuche haben ergeben, daß selbst hochdekorierte Dressurreiter der sogenannten klassischen (d.h. modern-englischen) Ausrichtung fast ständig mit 5 kp und mehr auf das Maul einwirkten und gelegentlich einen Zug bis zu 25 kp erreichten.34 Nur Westernreiter, deren Neck-Reining historischen Reitstilen wesentlich näher kommt als das moderne »klassische« Sportreiten, blieben deutlich unter der Schmerzgrenze von 5 kp. Das beidhändig betriebene Reiten mit ständig angenommenem Zügel, das es erst seit dem 19. Jahrhundert gibt, ist tatsächlich die ungleich härter auf das Pferdemaul einwirkende Reitweise, selbst wenn dabei nur »harmlose« Ringtrensen verwendet werden.

Während Gelbhaar rührend bemüht ist, die Römer gegen die angeblich brutale Rekonstruktion ihrer Hebelstangentrense durch den Rezensenten in Schutz zu nehmen, verfährt er mit den Repräsentanten anderer historischer Reitstile weit weniger verständnisvoll. Den Griechen wirft er ihre »scheußlichen Marterinstrumente« vor, die sie als Gebisse benutzten und die »alltägliche Verletzungen« herbeigeführt hätten, 35 wobei er wieder nicht unterscheidet zwischen potentieller und tatsächlicher Strenge.36 Auch den Sitz, den Xenophon beschreibt37 und den man auf vielen bildlichen Darstellungen sehen kann, »als stünde man aufrecht mit gespreizten Beinen«, wobei die Beine »vom Knie abwärts locker herabhängen«, verwirft Gelbhaar als »>Spaltsitz<, bei dem sich der Reiter auf den Pferderücken anklammert, völlig defensiv sitzt und weder mit Kreuz und Schenkel noch mit seinem Gewicht einen nennenswerten Einfluß auf sein Pferd ausüben kann«.38 Tatsächlich ist der von Xenophon verlangte Sitz bei steigbügellosem Reiten der weitaus zweckmäßigste und ermöglicht ein Maximum flexibel gehandhabter Hilfen mit Schenkeln, Rückrat, Gewicht und Zügel. Auf keinen Fall darf man, wie das in vielen Reitschulen gelehrt wird, wenn die Zöglinge einmal ausnahmsweise mit übergeschlagenen Steigbügeln reiten sollen, die Hacken als tiefsten Punkt des Fußes nach unten strecken, denn das ergibt einen verkrampften Sitz, der nicht lange durchgehalten werden kann. Daß Ann Hyland und Gelbhaar dies fordern, zeigt, daß sie mit dem steigbügellosen Reiten nicht wirklich vertraut sind und lediglich versuchen, mit Steigbügeln so zu reiten, als hätten sie solche.39

Noch verheerender ist das Urteil, zu dem Gelbhaar über die Reitweise der mittelalterlichen Ritter gelangt. Originalität kann er damit freilich nicht beanspruchen. »Über die Reiterei der Ritter ist viel Unsinn geschrieben worden, woran alle kritiklos glauben, weil es so oft wiederholt worden ist«, schreibt der wohl beste Kenner und Praktizierer der frühneuzeitlichen Reitkunst Bent Branderup.40 Tatsächlich habe sich das ritterliche Reitwesen auf einem sehr hohen Niveau befunden und es habe nur an der schriftlichen Fixierung gefehlt, um ein akademisches Reiten zu begründen, wie es dann in der theoriefreudigen Renaissance geschah.41

Laut Gelbhaar brauchten die Ritter für ihre »geradlinige Walzentaktik ... keine feinfühligen, intelligenten Pferde, deren langwierige Ausbildung hier völlige Zeitverschwendung gewesen wäre, sondern dumm-furchtlos-aggressive Streitrösser, die man zur Verstärkung der Auftreffwucht im Schockangriff auch noch möglichst groß und schwer züchtete«.42 Daraus ergeben sich Sachzwänge für die Zäumung: »Ein schwer gerüsteter Reiter auf einem dummen, schweren, aggressiven< und plumpen Pferd aber braucht natürlich eine besonders harte Zäumung.«43 Der Ritter saß mit gepanzerten Beinen eingeklemmt in einen engen Sattel mit hohen Zwieseln im »Stuhlsitz«44 auf seinem gefühllosen Monster, seine Einwirkungsmöglichkeiten auf das Pferd waren »gleich Null«45.

Bei diesem Zerrbild ritterlicher Reit- und Fechtweise verwundert es, wie der Ritter imstande gewesen sein soll, im Einzelkampf zu bestehen, der nach allgemeinem Konsens seine Hauptstärke gewesen ist. Hierzu bedarf es geschmeidiger Wendungen und schnellen Wiederanreitens, und das unter den extremen physischen und psychischen Anforderungen des Kampfgewühls. Daß man ausgerechnet in Situationen, in denen von der schnellen und zuverlässigen Reaktion des Pferdes auf kleinste Signale eines primär auf den Waffeneinsatz konzentrierten Ritters Sieg oder Niederlage, Leben oder Tod abhingen, auf den Einsatz der bestausgebildeten Reittiere verzichtet und nur zweitklassiges Verschleißmaterial verwendet haben soll, darf als einigermaßen unwahrscheinlich gelten. Eben diese abstruse Annahme mutet Gelbhaar aber seinen Lesern zu, wenn er schreibt: »Sicher ist eine langwierige Ausbildung ritterlicher Pferde nach orientalischen oder steppennomadischen Vorbildern besonders in Spanien und Südosteuropa keinesfalls auszuschließen, sie wird sich aber dann auf das jeweilige Lieblings- oder Leibpferd eines Herrn beschränkt haben, die zum ›Verbrauch‹ im Krieg bestimmten Streitrösser, die als reines Kampfvehikel ungefähr die Wertschätzung eines modernen Panzerkampfwagens genossen haben dürften, hat man wohl keiner so zeitraubenden und zuwendungsintensiven Dressur unterzogen. Auch eignen sich die zur ritterlichen Streitweise notwendigen schweren und aggressiven Kaltbluthengste nicht für maurisch-iberische Dressur, da ihnen die dafür notwendige Intelligenz fehlt. Es ist daher als sicher vorauszusetzen, daß man die überwiegende Mehrzahl ritterlicher Streithengste mit brutalen Gewaltmitteln ›eingebrochen‹, d.h. gefügig gemacht hat.«46

Der Verfasser führt uns so in ein wahres Dickicht von althergebrachten Klischees und persönlichen Vorurteilen, ganz abgesehen davon, daß er dem hier gezeichneten Bild eines ebenso primitiven wie zynischen Verhältnisses des Ritters zu seinem Pferd an anderer Stelle diametral widerspricht, wenn er plötzlich diesen brutalen Reiterkriegern Feinfühligkeit beim Sporeneinsatz zubilligt, »denn in dieser Zeit [dem Hochmittelalter] stellte das Schlachtroß nicht nur einen Wertgegenstand dar, sondern wurde als Kriegskamerad und treuer Gefährte in Poesie und Prosa verherrlicht«.47

Grundlegend für Gelbhaars Bild von der ritterlichen Reiterei ist die völlig veraltete Annahme, die Züchtung europäischer Kampfpferde lasse sich von sehr gegensätzlichen Urrassen herleiten, dem dumm-aggressiven, plumpen und schweren Kaltblüter nordwesteuropäischer Provenienz und dem zierlichen, wendigen, intelligenten und sensiblen Warm- oder Vollblüter orientalischen Ursprungs. Niveauvolles Reiten sei nur mit dem letzteren möglich, doch habe das Gewicht der Rüstung für Mann und Pferd und die Entwicklung einer primitiven und einseitigen Stoßtaktik mit eingelegter Lanze den Ritter dazu veranlaßt, dem grobschlächtigen Kaltblüter den Vorzug zu geben. Mühsam versucht Gelbhaar immer wieder die sachliche Überlieferung in Gestalt der in beträchtlicher Zahl erhaltenen Gebißstücke und Hufeisen, deren Dimensionen in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle auf kleine bis schwach mittelgroße Pferde hinweisen, wegzudiskutieren48 (das Skelettmaterial nimmt er gar nicht erst zur Kenntnis49) und die aus dem 15. und 16. Jahrhundert stammenden Roßstirnen und anderen Bestandteile der Pferdpanzerung zum alleinigen Maßstab zu machen. Die Überlieferung solcher Stücke setzt freilich erst mit dem 15. Jahrhundert ein und bricht in der Mitte des 16. ab. Während er für das Hochmittelalter auf der fragwürdigen Basis der eigentlich in eine ganz andere Richtung weisenden originalen Ausrüstungsstücke (also Gebisse und Hufeisen) »schwere Tiere um die 1,60 m Stockmaß oder leicht darüber« annimmt, lassen »erhaltene Roßharnische des 15. und 16. Jh. ... schon auf Reittiere von den Ausmaßen eines Clydesdale schließen ..., die beiden Roßharnische aus der Coburger Rüstkammer passen für Pferde mit ca. 1,70 m Stockmaß und sehr massiger Statur«.50

Gelbhaar hatte sich die Roßharnische für eine ausführlichere Studie vorbehalten, die wegen seines plötzlichen Todes nicht zustandegekommen ist. Es fehlen daher in der hier besprochenen Arbeit nähere Angaben zu diesen Stücken. Brieflich teilte er dem Rezensenten die Abmessungen der neun in Coburg aufbewahrten »ganzen« Roßstirnen mit, die im Bereich von 40—60 cm Gesamtlänge und 25—29 cm Stirnbreite liegen.51 Weit davon entfernt, monströsen Kaltblütern angemessen zu sein, bewegen sich die Grössen der Coburger Roßstirnen im Bereich der römischen ledernen Exemplare, die ziemlich genau die gleichen Teile des Pferdekopfes bedeckten wie die Stücke aus der Renaissance. Eine im Maßstab 1:1 nach einem Fund aus Newstead rekonstruierte Roßstirn mit einer Gesamtlänge von 56 cm paßt Pferden, die der Durchschnittsgröße römischer Kavalleriepferde von etwa 143 cm entsprechen, bestens und wurde vom Rezensenten schon vielfach im Einsatz erprobt.52

Bei der größenmäßigen Einordnung von Roßstirnen und Roßharnischen ist der optische Eindruck sehr irreführend. Die Rüstungsteile erwecken stets die Illusion eines wesentlich größeren Pferdes als tatsächlich in den Harnisch passen würde. Man muß hier erhebliche Abstriche für Materialstärke, Polsterung und den für die Bewegung erforderlichen Spielraum machen. Mary Aiken Littauer, die Altmeisterin in der Erforschung historischer Reit- und Fahrsysteme, hat die im Metropolitan Museum als Trägerfiguren für Roßharnische aus der Zeit 1490—1575 verwendeten, sehr gut angepaßten Holzpferde untersucht. Zwei von ihnen maßen 147 cm, vier knapp 150 cm. 53 Es wäre eine lohnende, wenn auch sehr aufwendige Aufgabe, in dieser Frage Experimente mit 1:1-Rekonstruktionen durchzuführen.54

Gelbhaar hält die großen schweren Kaltblüter im 15. und 16. Jahrhundert für unbedingt erforderlich, weil nur diesen das enorme Gewicht der vollen Plattenpanzerung für Roß und Reiter zugemutet werden konnte. Insgesamt habe ein solches Pferd zusätzlich zum eigenen Körpergewicht »ca. 200 kg« tragen müssen.55 Dies muß als Höchstwert gelten, 170—180 kg dürften der durchschnittlichen Belastung eher entsprechen.56 Ein extrem muskulöses – doch nicht plumpes! – Quadratpferd mit einem Stockmaß um 150 cm, wie es die Abbildungen des 15. und 16. Jahrhunderts zeigen, dürfte ca. 500 kg gewogen haben. Es hatte demnach etwas über ein Drittel seines Körpergewichts zu tragen (36 % bei 180 kg Belastung). Die bei den Experimenten des Rezensenten zur römischen Kavallerieausrüstung verwendeten Camarguepferde wogen um die 400 kg und waren mit durchschnittlich 130 kg (Reiter mit Rüstung und Waffen, Marschgepäck, Pferdezeug) belastet, also mit nicht ganz einem Drittel (32,5 %) des Körpergewichts. Sie bewältigten ohne Probleme mehrwöchige Märsche mit durchschnittlichen Tagesleistungen um 40 km. Ebenso konnten sie alle verlangten Kampfübungen in schneller und schnellster Gangart durchführen einschließlich zahlreicher Wendungen und Blitzstarts. Die selben Tiere gelangten bei Experimenten mit rekonstruierten Rüstungen des 13. Jahrhunderts zum Einsatz und konnten trotz einer Belastung von über 150 kg (über 36 %) in vollem Galopp geritten und gewendet werden, ohne außergewöhnliche Erschöpfungsanzeichen erkennen zu lassen.57 Das Kampfpferd eines Ritters wurde in der Regel unbelastet mitgeführt, während die Rüstung sich auf einem Packpferd befand und der Reiter auf einem speziellen Reisepferd saß. Das Streitroß wurde erst kurz vor dem Kampf gerüstet und vom Ritter bestiegen, es war bei Gefechtsbeginn also wesentlich frischer als ein römisches oder ein neuzeitliches Kavalleriepferd, das schon auf dem Marsch den Reiter und die gesamte Ausrüstung zu schleppen hatte. Es gibt daher keinerlei Grund, daran zu zweifeln, daß ein gut trainierter, kräftiger Hengst von ca. 150 cm die im Gefecht erforderlichen kurzen Galopps und die zahlreichen Wendungen schwungvoll bewältigen konnte, ohne nach kurzer Zeit völlig erschöpft zu sein. Man muß in diesem Zusammenhang dem verbreiteten Irrtum entgegentreten, die Leistungsfähigkeit eines Pferdes steige proportional zur Körpergröße und –masse. Kleine Pferde sind in der Regel vielmehr relativ leistungsfähiger als große und haben zudem meist bessere Gelenke und Hufe.58 Man hat im 19. und 20. Jahrhundert das Kaltblut auf Masse gezüchtet, um seine Zugleistung (nicht Tragleistung!) zu steigern, die nun in der Tat stark von der Masse bestimmt wird, doch sind diese Tiere zum Reiten wenig geeignet. Das Warmblut dagegen wurde gleichzeitig auf Körperhöhe gezüchtet, um im Jagd- und Sportreiten extreme Sprünge zu ermöglichen, ein Gesichtspunkt, der vor dem 19. Jahrhundert keine Rolle gespielt hat.59

Die bildlichen Darstellungen, die eine weitere wichtige, wenn auch stark interpretationsbedürftige Quelle für die Größenfrage darstellen, berücksichtigt der Verfasser gelegentlich, aber nicht systematisch. Auch hier muß vor vorschnellen Schlüssen gewarnt werden. Die sehr bulligen Pferde des 15. und 16. Jahrhunderts wirken auf den ersten Blick größer als sie sich bei eingehender Betrachtung erweisen. Der Wert der Darstellung hängt natürlich vom handwerklichen Vermögen und vom Stilwollen des Künstlers ab. Die Skulpturen und vor allem die Miniaturen des 11. und 12. Jahrhunderts und auch oft genug die des 13. und 14. verzerren die Proportionen oft dermaßen, daß man keine zuverlässige Aussage machen kann. So ziehen verschiedene Autoren ganz unterschiedliche Schlüsse aus den Pferdedarstellungen des Teppichs von Bayeux (spätes 11. Jahrhundert). R.H.C. Davis beobachtet sehr richtig, daß die Beine der normannischen Ritter so lange unter den Bauch des Pferdes herabhängen, daß sie fast auf dem Boden zu schleifen scheinen, und schließt daraus logischerweise auf kleine Tiere.60 Mary Aiken Littauer ist der gleichen Ansicht.61 Gelbhaar sieht dagegen in den abgebildeten Pferden Vertreter des Cob-Typs, eines um 150 cm großen Pferdeschlags, allerdings »wirken die normannischen Streithengste schon massiver und sicherlich auch größer als die antiken und spätantiken Militärpferde, hier zeichnet sich bereits die Entwicklung zum ritterlichen Kaltblut ab ...«.62 Wie er diese Annahme mit den vom Knie ab unter dem Pferdebauch hängenden Beinen der Ritter in Einklang bringen will, verrät er leider nicht.

Brieflich hat Gelbhaar den Rezensenten auf das berühmte Gemälde »La Rotta di San Romano« von Paolo Uccello (entstanden zwischen 1451 und 1460) hingewiesen, auf dem er das »Erscheinungsbild ... schwerer neapolitanischer Corferi« zu identifizieren vermag. »Diese Bildsprache läßt sich wohl kaum fehlinterpretieren. Eben jener Typ des Renaissance-Streitrosses, von dem sich Altkladruber und in gewissen Maße auch Lipizzaner herleiten.«63 Wenigstens erspart er uns hier Clydesdales und andere Kaltblüter und nennt Pferderassen, die in der Tat von den berühmten italienischen Pferden des 15. und 16. Jahrhunderts abstammen. Über die Größe ist damit aber noch nichts ausgesagt. Zweifellos stellt Gelbhaar sie sich beträchtlich vor, denn er benutzt den Hinweis, um seine Auffassung vom großen Ritterpferd zu belegen. Uccello, der einer der Bahnbrecher der exakten perspektivischen Malerei war, besaß nun ohne Zweifel das Können und den Willen, die Proportionen von Roß und Reiter richtig wiederzugeben. Den Maßstab bildet, wie stets, die Größe des letzteren. Das heißt, wir haben es mit Rechnungen mit zwei Unbekannten zu tun, indem wir von der Größe des Reiters, die wir nicht kennen, auf die Größe des Pferdes schließen, die wir auch nicht kennen. Wir gehen aber gewiß nicht allzusehr fehl, wenn wir oberitalienische Ritter des mittleren 15. Jahrhunderts in einer idealtypischen Darstellung mit ca. 175 cm annehmen, wobei sie in ihren Plattenharnischen und hohen Helmbüschen im Verhältnis zu ihren ungepanzerten Pferden größer wirken, als sie sind. Ferner ist zu berücksichtigen, daß die Männer Sättel verwenden, die ihnen einen um wenigstens 5 cm höheren Sitz über dem Pferderücken verleihen als dies bei einem modernen Sportsattel der Fall wäre. Ihre Füße reichen dementsprechend weniger weit herab als es ohne Sattel oder mit einem niedrigeren Modell zu beobachten wäre. Uccellos Ritter strecken, wie das seit dem 12. Jahrhundert allgemein üblich war, das Bein diagonal nach vorne durch. Schlägt man nun mit dem Zirkel die Fußsohle in eine senkrechte Position und rechnet die Sitzhöhe ab, dann reichte die Sohle wenigstens 30 cm unter den Pferdebauch, wie das auch ein zum Hieb in den Steigbügeln stehender Ritter auf dem Londoner Teil des Bildes in aller Deutlichkeit erkennen läßt. Uccellos Pferde dürften deshalb eher unter als über der Obergrenze des Ponymasses (147,3 cm) liegen.64 Diese Beobachtungen gelten auch für die zahllosen Darstellungen von Rittern des frühen 16. Jahrhunderts durch Hans Burgkmair d. Ä., Hans Ostendorfer, Albrecht Dürer, Lucas Cranach, Albrecht Altdorfer, den Petrarca-Meister und andere Künstler der Deutschen Renaissance, wobei es sich meist um voll gepanzerte Pferde handelt.

Wie leicht die Darstellung eines sehr wuchtigen Pferdes zu falschen Rückschlüssen auf dessen Größe führt, zeigt die Einstufung eines höchstens 150 cm hohen Tiers, das sich auf einem oberitalienischen Relief aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts abgebildet findet, das R.H.C. Davis für »A really ›great horse<« hält,65 dem er eine Größe von »17 or 18 hands« (172,8—182,9 cm) zubilligt.66 Ein weiteres Exemplar des Großen Pferdes sieht er, wie viele andere, in einer Miniatur des Luttrell Psalters aus der Zeit um 1340 abgebildet, das Sir Geoffrey Luttrell zu Pferde neben seiner Frau und seiner Tochter zeigt, letztere beide zu Fuß.67 Soweit man der reichlich stilisierten Malerei Vertrauen schenken will, hat John Clark minutiös errechnet, daß das Pferd nicht größer als 15 hands (152,4 cm) sei.68 Er kommt generell zu dem Schluß, das ritterliche Große Pferd habe es in unserem Sinne nicht gegeben: »A survey of some of the existing medieval illustrations ... seems to suggest that, at least to the artist, the concept of a horse equalling its rider’s shoulder height was a fimiliar one ... allowing shoulder height for a man at 58 inches [147,3 cm], most horses in 15th- and 16th century illustrations seem to be of something between 14 and 15 hands [142,2—152,4 cm] ... The medieval pictorial evidence seems to show consistency. It suggests perhaps that the Great Horse did not differ greatly in height from better quality riding horses; like them it was no more than 15 hands. Its ›greatness< presumably lay not in height but in nobility – certainly greater strength and manoeuvrability in combat, as one might reasonably expect.«69

Bleiben schließlich die schriftlichen Zeugnisse, die es vor dem 17. Jahrhundert allerdings nur in sehr kümmerlicher Anzahl gibt. In einem Edikt Franz’ I. von Frankreich aus dem Jahre 1534 wird bestimmt, die 25 schwerstgerüsteten Ritter einer 100 Reiter zählenden Kompanie der Gendarmerie, von denen verlangt wurde, volle Pferdepanzerung einzusetzen, sollten Reittiere nicht unter 152 cm verwenden.70 Heinrich VIII. von England erwähnt in seinen einschlägigen Erlassen von 1540 und 1541/42 zur vermehrten Züchtung starker Pferde (»encrease of stronger horses«) Mindestgrößen von »15 handfulls« (1540) und »14 handfulls«.71 Da hier Bandmaß und nicht Stockmaß gemeint sein dürfte, sind die 15 hands um einige Zentimeter zu reduzieren, so daß es sich um Tiere von etwa 148 cm Stockmaß gehandelt haben dürfte.72 Ende des Jahrhunderts wurden unter Elisabeth I. die 15 hands-Pferde ausdrücklich als »great breeds« bezeichnet. Wegen der Schwierigkeiten, diese großen Tiere zu ernähren, senkte man das Mindestmaß auf 13 hands (132 cm).73 Man wird daher kaum von einem Verschwinden großer Pferde im Laufe des späteren 16. und des 17. Jahrhunderts sprechen können, wenn Ludwig XIV. in einer Ordonnanz vom 25. Oktober 1680 folgende Mindestmasse verfügte: Gendarmerie (schwere Kavallerie) 145 cm, normale Linienkavallerie 142 cm, Dragoner 137 cm.74

Auf eine hochinteressante Quelle schien Gelbhaar den Rezensenten hinzuweisen, als er die »Zuchtbücher des Lipizzanermuseums Wien« erwähnte, welche »die Größe des Lipizzaners bis in das frühe 16. Jh. hinein« belegen würden.75 Leider erhielt der Rezensent dort die Auskunft, daß weder aus dem 16. noch aus dem 17. Jahrhundert derartige Zuchtbücher existieren.76 Im übrigen entsprechen selbst heute die in der Wiener Hofreitschule verwendeten Lipizzaner mit einer zulässigen Größe von 150—160 cm nicht gerade den riesigen Pferden um 170 cm Stockmaß, die Gelbhaar den Rittern des 15. und 16. Jahrhunderts verpassen möchte. Daß er ausgerechnet den Lipizzaner, der in der Hofreitschule für die schwierigsten Übungen der Hohen Schule verwendet wird, als typischen Vertreter des dummen, unsensiblen, zu keiner höheren Ausbildung fähigen spätmittelalterlichen Streitrosses betrachtet, ist der wohl erstaunlichste unter den zahllosen Widersprüchen, in die sich Gelbhaar verwickelt.

Zum Abschluß der Diskussion der Widerristhöhe des ritterlichen Kampfpferdes, soll noch als positives Ergebnis festgehalten werden, wie groß sich der Rezensent bei Zusammenschau des ganzen Quellenmaterials ein solches Tier in der Zeit um 1500 vorstellt. Als plausibel dürfte gelten, daß etwa 60 % der Streitrösser in die Größenordnung 145—149 cm gefallen sind, 30 % in die von 150—154 cm, 9 % in die von 155—159 cm und 1 % mag 160 cm oder geringfügig darüber gemessen haben. Tiere über ca. 163 cm sind völlig auszuschließen. Da die Masse der übrigen Pferde weniger als 140 cm groß gewesen zu sein scheint, durfte der Hengst des Ritters in der Tat als »groß« gelten.

Die enorme Größe und das kolossale Gewicht der von Gelbhaar postulierten spätmittelalterlichen Kampfrösser und die daraus resultierende Wahl eines kaltblutartigen unsensiblen, ja dummen Pferdeschlages waren es, die seiner Meinung nach Zäumung und Reitweise prägten. Wir haben gesehen, daß er sich diese ungemein grobschlächtig vorstellt. Bei den Gebissen äußerte sich das in ausgefeilt bösartigen Mundstücken und extrem langen Bäumen, deren Hebelwirkung in der Hand eines durch die Panzerung in seiner Bewegungsfreiheit beeinträchtigten Reiters geradezu mörderisch gewesen sein müsse. Der Höhe-, vielmehr der Tiefpunkt dieser Entwicklung wurde im Laufe des 16. Jahrhunderts erreicht, als die Gebisse »immer gewaltiger, schwerer, schärfer und zwingender« wurden. »Die Länge der Unterbäume steigt ins Immense« und wirkt »in unmenschlicher Weise« auf das Pferdemaul ein.77 Wieder verwechselt der Verfasser die potentielle Strenge eines Gebisses mit der tatsächlichen. Gerade die Länge der Unterbäume ist kein Maßstab für die Brutalität einer Zäumung. Der große Lehrmeister der barocken Reitkunst de la Guérinière schreibt ganz ausdrücklich, ein langer Baum wirke milder als ein kurzer, da der Effekt nicht unmittelbar eintrete und die Gefahr unbeabsichtigten Reißens wegen der Länge des Bewegungsweges weit geringer sei.78

Bei der überaus eingehenden Diskussion, die Gelbhaar den verschiedenen Gebißtypen angedeihen läßt, ist es ihm ein besonderes Anliegen, Ordnung in die Terminologie zu bringen. Nun ist es eine altbekannte Neigung deutscher Wissenschaftler, dermaßen komplizierte Nomenklaturen zu entwickeln und verschachtelte terminologische Gebäude zu errichten, die nicht nur dem Laien das Verständnis nach Kräften erschweren, sondern am Ende von den Forschern selber nicht mehr so recht beherrscht werden. Im Englischen unterscheidet man beispielsweise ganz simpel »snaffle bits« (Trensen mit einfacher Zug- und ohne Hebelwirkung) und »curb bits« (Gebisse mit der ein oder anderen Art von Hebelwirkung). Im Deutschen kommt eine so einfache Lösung natürlich von vornherein nicht in Frage. Bei Gelbhaar gibt es nun vier säuberlich auseinanderzuhaltende Arten von Gebissen: Trensen, Kandaren, Pelhams und Hebelstangentrensen. Die letzten drei Kategorien würden im Englischen samt und sonders in die Rubrik »curb bits« fallen, da sie alle Hebelwirkung ausüben. Im Deutschen böte sich hierfür als Sammelbegriff »Kandare« an und wird in der Tat von vielen Schreibern, den Rezensenten eingeschlossen, in diesem Sinne gebraucht, sehr zum Verdruß Gelbhaars. Eine Kandare ist für ihn eigentlich kein eigener Gebißtyp, sondern die Kombination zweier Gebisse, nämlich einer Trense (Ringtrense) mit einem Hebelstangengebiß. Es erscheint dem Rezensenten aber methodisch fragwürdig, aus der Kombination zweier Typen einen eigenen Typ zu schaffen. Bei dem Hebelstangengebiß könnte man ja von einer blanken Kandare sprechen, bei der Kandare im Gelbhaarschen Sinn von einer Kandare mit Unterlegtrense, wie das etwa Bent Branderup tut. Gelbhaar verstrickt sich selbst in einen terminologischen Wirrwarr, der für den Leser nur mehr schwer zu durchdringen ist. Nachdem er uns mitgeteilt hat, daß unter einer Kandare grundsätzlich nur die Verbindung eines hebelnden Gebisses mit einer Trense zu verstehen sei, was natürlich die Verwendung von zwei Zügeln voraussetzt, arbeitet er wenige Zeilen später mit Begriffen wie »eigentliches Kandarengebiß« und »echte Kandare«, womit er dann aber nicht etwa die Kombination der beiden Zäume meint, sondern nur »die starre Gebißstange mit Zungenfreiheit, die mit den seitlich angebrachten Hebelbäumen fest verbunden ist«, mit anderen Worten, das hebelnde Gebiß allein, ohne Trense. Man darf sich also nicht verwirren lassen, wenn man dann zu lesen bekommt: »Die echte Kandare wird grundsätzlich nur mit einem Paar Zügel, das an den Unterbäumen befestigt ist, geritten.«79 Damit gibt Gelbhaar faktisch zu, daß nur das hebelnde Gebiß die Kandare ist, gleichgültig ob eine Ringtrense untergelegt wird oder nicht.

Immer wieder benutzt der Verfasser die Bezeichnung »klassisch« für die angeblich Mitte des 16. Jahrhunderts in Neapel erfundene Kombination von starrem Hebelgebiß mit Trense. Das erscheint wenig sinnvoll, da das hebelnde Gebiß (das »eigentliche Kandarengebiß«) bis weit ins 18. Jahrhundert hinein in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle blank verwendet, also ohne Unterlegtrense und zweiten Zügel eingesetzt wurde. Auch Guérinière, der anerkannt größte Meister der klassischen Reitkunst des Barock, verwendet Trense und zweiten Zügel nur in den frühen Stadien der Ausbildung und in Ausnahmefällen, normalerweise wird mit blanker Kandare, d.h. nach Gelbhaars Terminologie – soweit er sich selbst an diese hält – mit Pelham geritten.80 Man muß dabei berücksichtigen, daß zu dieser Zeit immer noch ausschließlich das einhändige Reiten das Ausbildungsziel darstellte. Wenn auch das akademische Reiten in seinen idealen vollendeten Formen bereits eine »art pour l’art« war, so wurde doch nie aus den Augen verloren, daß die Männer und Pferde, die sie betrieben, in aller Regel damit rechnen mußten, auf der Jagd und im Krieg zweckgebunden reiten zu müssen, wobei die waffenführende Hand dann grundsätzlich den Zügel nicht berühren durfte, um mit Degen oder Pistole agieren zu können. Die beidhändige Zügelführung konnte sich erst durchsetzen, als das Reiten zum reinen Sportreiten geworden und mit keinem ernsten Einsatz mehr zu rechnen war. Es ist daher ganz und gar nicht »klassisch« im Sinne der großen Meister des 17. und 18. Jahrhunderts, was Gelbhaar unter diesem Begriff firmieren läßt, wenn er die Funktion der Kandare im modernen Dressursport beschreibt und abschließend bemerkt: »Diese Wirkungsweisen gelten jedoch nur für die klassische Dressurreiterei, die mit beidhändig geführten Zügeln in ständiger Anlehnung zum Pferdemaul durchgeführt wird.«81 Der Gebrauch der ohnehin viel zu viel und viel zu beliebig verwendeten Bezeichnung »klassisch« - und das gilt keineswegs nur für Gelbhaar – ist bei einem aus traditionellen, in weit höherem Maße aber aus sehr rezenten englischen, stark von den Erfordernissen des Springreitens geprägten Elementen zusammengemischten Reitstil ausgesprochen irreführend und verleiht einer gekünstelten modernen Synthese die höheren Weihen von ehrwürdiger Tradition und majestätischer »Klassik«.

Völlig in Konfusion versinken die Versuche des Verfassers, in die Definitionen von Pelham und Hebelstangentrense System zu bringen. Nicht gerade ermutigend stellt er selbst fest: »Die Abgrenzung der Hebelstangentrensen von den Pelhams ist überaus schwer, fast unmöglich, da sich beide Gebißtypen derart ähnlich sind, daß man geneigt ist, die Hebelstangentrense als eine Variante des Pelham zu bezeichnen.«82 Letzteres nehme »eine Zwischenstellung zwischen Trense und klassischer Kandare« ein und solle »die Wirkungsweisen beider Gebißtypen in sich vereinigen.«83 Wie beim »eigentlichen Kandarengebiß«, d.h. dem hebelnden Gebiß, sind Mundstück und Hebelbäume starr miteinander verbunden, während bei der Hebelstangentrense »diese Verbindung für gewöhnlich beweglich gestaltet ist.«84 Das Mundstück des Pelham kann einteilig sein (Stange, Stangengebiß, nicht zu verwechseln mit Hebelstange!) oder gebrochen, das der Hebelstangentrense ist dagegen grundsätzlich einfach oder mehrfach gebrochen. »Bei einem Stangengebiß ... handelt es sich immer um eine Pelham-Variante, auch bei drehbar gelagerten Bäumen.«85 Demnach ist die Beweglichkeit der Bäume ein zweitrangiges Kriterium, entscheidend ist das Stangengebiß. Nun aber haben die meist mit beweglichen Bäumen versehenen römischen und hochmittelalterlichen Hebelgebisse fast immer eine Stange und müßten daher nach Gelbhaars Definition eigentlich als Pelhams bezeichnet werden. Trotzdem nennt der Verfasser diese durchgehend Hebelstangentrensen. Der Grund dafür ist ein etymologischer: »Alle Hebelstangengebisse bis zum Ende des 18. Jh. müssen korrekterweise als ›Hebelstangentrense‹ angesprochen werden, denn die erste Erwähnung der englischen Adelsfamilie Pelham in Verbindung mit den gleichnamigen Gebissen datiert aus der 1. Hälfte des 19. Jh.«86 Diese chronologische Pedanterie hält der Rezensent aber für gänzlich unangebracht, da alle terminologischen Systeme dieser Art erst im 19. und 20. Jahrhundert entstanden sind, gleichgültig ob sie sich althergebrachter Namen bedienen oder zu Neologismen greifen. Trense, Hebelstangentrense, Kandare sind ja in der jeweils gültigen Definition auch erst von Bearbeitern jüngerer Zeit festgelegt worden. Gelbhaar konfrontiert uns also mit einer Situation, in der es ab dem 19. Jahrhundert Pelhams und Hebelstangentrensen gibt, vorher aber echte Hebelstangentrensen und solche, die eigentlich Pelhams sind, aber so noch nicht heißen dürfen und deshalb auch Hebelstangentrensen genannt werden. Dieses Durcheinander ist umso gravierender, als 90 % des Coburger Materials in die Kategorien Pelhams, Hebelstangentrensen und Pseudohebelstangentrensen fallen.87

Der Einführung der »für die Wirkungsweise der Hebelstangengebisse so wichtige[n] Kinnkette« im 14. Jahrhundert mißt er im Gegensatz zu den meisten anderen Forschern keine epochale Bedeutung bei, da man vorher schon Kinnriemen verwendet habe.88 Da auch die hochmittelalterlichen Kandaren keine Vorrichtungen zur Anbringung von Riemen oder Ketten besitzen und da die Gebisse auch ohne diese Ergänzungen gut funktionieren (Versuche des Rezensenten mit der Rekonstruktion einer Kandare des 13. Jahrhunderts aus Pergamon), ist Gelbhaars Annahme so wenig zwingend wie bei den römischen Hebelstangengebissen.

Im Anschluß seiner Auslassungen über die verschiedenen Arten von Gebissen und noch bevor auf Sattel oder Steigbügel eingegangen worden ist, bringt Gelbhaar einen Exkurs über die »Rekonstruktion militärischer Reitweisen des Mittelalters und der frühen Neuzeit«.89 Wie das Literaturverzeichnis zeigt, hat er fast sämtliche Standardwerke zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kriegsgeschichte unbeachtet gelassen und die wenigen Titel, die er anführt, nicht zweckdienlich ausgewertet oder sie mißverstanden. Der Rezensent muß sich hier mit einigen wenigen Beispielen begnügen. Das groteske Bild, das Gelbhaar von der Taktik der Ritterheere zeichnet, haben wir schon oben kennengelernt. So gering er die Reitkunst und das militärische Können der Ritter veranschlagt, ihren Gegnern traut er wahre Wunderdinge zu. Die englischen »Longbowmen« seien in der Lage gewesen, »ordonnanzmäßig ... ein Mannsziel auf 200 Yards in der Minute 12 mal zu treffen«.90 Das schaffen viele moderne Soldaten im stehend freihändigen Schuß mit bloßem Auge nicht einmal unter Verwendung automatischer Präzisionsgewehre!

Eine geradezu revolutionäre Erkenntnis Gelbhaars ist es, daß die Kavallerie vor der Erfindung des leichten Trabs im späten 19. Jahrhundert faktisch nur die Gangarten Schritt und Galopp gekannt habe, denn der ausgesessene Trab, insbesondere auf Quadratpferden »mit kurzem und daher wenig federndem Rücken« sei weder für den Reiter noch für das Pferd zu ertragen. »Auf härterem Boden, selbst im Wald oder auf einer einigermaßen festen Wiese, fällt selbst dem geübten Reiter das Aussitzen sehr schwer. Über längere Strecken wird es dem Reiter zur Qual und belastet Pferderücken und Pferdebeine über Gebühr.«91

Zunächst ist es nicht richtig, daß Quadratpferde einen härteren Wurf haben als moderne Rechteckpferde, eher ist das Gegenteil der Fall, vor allem wenn die letzteren, wie meist, sehr groß und langbeinig sind. Zum zweiten kann man bei leidlicher Übung den ausgesessenen Trab auch über sehr lange Distanzen und auf jedem beliebigen Boden, soweit er überhaupt schnellere Gangarten zuläßt, durchhalten und zwar mit wie ohne Steigbügel.92 Der Rezensent und seine Mitarbeiter sind in den letzten 20 Jahren Tausende von Kilometern ausgesessen getrabt, überwiegend ohne Steigbügel und belastet mit Helm, Panzer und weiterer militärischer Ausrüstung. Die Gangart ist weder für den Reiter noch für das Pferd unangenehmer oder anstrengender als Schritt oder Galopp, von irgendwelchen Schädigungen kann schon gar keine Rede sein. Die einzigen ernsthaften Beschwerden treten bei Reiterinnen mit stark entwickelter Oberweite auf.

Nachdem er Gelbhaars Kommentare zum ausgesessenen Trab verinnerlicht hat, traut der Leser seinen Augen nicht, wenn ihm der Verfasser 82 Seiten später es als die selbstverständlichste Sache der Welt und mit offenkundigem Beifall mitteilt, der von ihm (zu Recht) hoch bewunderte Guérinière, der bekanntlich mehr als ein Jahrhundert vor Einführung des leichten Trabs gewirkt hat, empfehle zur »Erlangung eines festen, unabhängigen Sitzes ... den Anfänger [!] viel traben zu lassen, am besten fünf bis sechs Monate lang ohne Steigbügel ...«93. Er schließt dann noch die Bemerkung an: »Nach diesem Grundsatz wird noch heute gern verfahren.« Schön wär’s! Aber abgesehen davon, daß die Behauptung, moderne Reitnovizen ließe man monatelang ohne Steigbügel den Trab üben, ganz und gar der Phantasie des Autors entsprungen ist,94 fragt man sich, wie die Anfänger diese angebliche Tortur durchhalten konnten und können, und vor allem wie die Pferde das verkraften sollen, wenn ihnen schon die erfahrenen Reiter beim ausgesessenen Trab dauernd ins Kreuz plumpsen und die Tiere »über Gebühr« belasten.

Wenn die bildlichen Darstellungen zu allen Zeiten (einschließlich der Spielfilme) mit Vorliebe den Galopp zeigen, dann liegt das an seinem spektakulären Charakter, aber nicht an seinem tatsächlichen Anteil an der berittenen Fortbewegung. Weit davon entfernt, die übliche Gangart im Gefecht gewesen zu sein, war er selbst in der Schockattacke auf eine sehr kurze Distanz unmittelbar vor dem Zusammenprall beschränkt und kam ansonsten nur im regellosen Getümmel, auf der Flucht und in der Verfolgung vor. Viele Attacken der schweren Kavallerie gelangten überhaupt nie über einen scharfen Trab hinaus. Wallhausen, in dessen Werken Gelbhaar keine einzige bildliche Darstellung des Trabs findet, schreibt Anfang des 17. Jahrhunderts über den in geschlossener Formation vorgehenden Kürassier, »damit er desto fester bey einander uniret bleibe/ den Angriff nur im Trab thut/ unnd mit einem Paß oder Galopp den fliegenden [fliehenden] Feind verfolgt.«95 Über die Kavallerietaktik im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert kann man lesen: »It must be emphasized that during this period whenever troops were to retain their order they could only advance at the quick trot, at the very fastest. Whenever we hear of charges being delivered at the gallop in the pre-1743 period, it is almost certain that these were delivered without any semblance of order.«96

Man scheute vor längeren Galoppstrecken vor allem deshalb zurück, weil sie die Geschlossenheit des Verbandes auflösten. Angestrebt wurde der Einbruch massiver Blöcke, in denen die Männer Steigbügel an Steigbügel ritten. Hinzu kam bis ins frühe 18. Jahrhundert die verbreitete Neigung, vor dem Nahkampf Gebrauch von den Feuerwaffen zu machen. Nur allmählich setzte sich im Lauf des 18. Jahrhunderts die schwungvolle Attacke mit dem Degen durch, die gänzlich ohne einleitendes Pistolen- oder Karabinerfeuer auskam. Seydlitz und andere Reiterführer Friedrichs des Großen erreichten es in härtester Ausbildung, daß die preußische Kavallerie in ihren besten Tagen über 200 Schritt Distanz in gestrecktem Galopp attackieren konnte, ohne in Auflösung zu geraten, aber auch in diesem Falle wurde der weitaus größere Teil der gesamten Angriffsstrecke im Trab zurückgelegt, wie aus der Disposition Friedrichs des Großen für die Kavallerie vom 25. Juli 1744 hervorgeht: »Wenn der General befiehlt zu attaquiren, so ebranlirt sich die Linie im Schritt, fällt in Trab, und wenn sie 200 Schritt vom Feinde sind, so sollen sie den Pferden den Zügell völlig abandonniren und hereinjagen. Der Einbruch muß mit gantzer Gewalt und mit Geschrey geschehen, dabei aber die Ordre de Bataille in ihrer Ordnung unveränderlich conservirt werden ...«97

Wenn Gelbhaar meint, Seydlitz habe den Sitz der preußischen schweren Kavallerie geändert, dann versteht er ein den Publikationen des Rezensenten entnommenes Zitat nicht richtig. Der General wendet sich vielmehr gegen neumodische Tendenzen, mit angewinkelten Knien zu reiten, und propagiert den traditionellen tiefen Sitz mit fast gestreckten Beinen.98

Nach dem wenig ertragreichen taktischen Intermezzo wendet sich der Verfasser den Sporen zu, von denen die Veste Coburg einen sehr reichen Bestand besitzt. Entgegen der üblichen Auffassung verlegt Gelbhaar das Aufkommen des Radsporns vom Ende an den Anfang des 13. Jahrhunderts. Er stützt sich dabei auf Magdeburger Reiterstandbilder. Dem wird zuzustimmen sein, doch zu allgemeinerer Verbreitung kam der neue Sporn doch gewiß erst im späten 13. Jahrhundert. Zweifellos sind die Stachelsporen nicht schlagartig verschwunden, sondern existierten bis in die frühen Jahre des nächsten Jahrhunderts, wie der Verfasser richtig bemerkt.99 Die Annahme, der Radsporn sei, wie vorher schon die schwellenden und mit Manschette versehenen Varianten des Stachelsporns, eine pferdeschonende Erfindung gewesen, um ein zu tiefes Eindringen der Spitze(n) zu verhindern, lehnt Gelbhaar ab. Es handle sich um simple Modeerscheinungen, denn selbst die Ritter hätten nicht so rabiaten Gebrauch von ihren Sporen gemacht, daß eine solche Maßnahme sachlich geboten gewesen wäre. Nun ist es aber eine simple physikalische Tatsache, daß ein schmaler Stachel bei gleicher Energie und Stoßrichtung wesentlich tiefer eindringt als eine gezacktes Scheibe oder ein sich stark verbreiternder Stachel. Daß in der Hitze des Gefechts mitunter durchaus sehr kräftiger Gebrauch vom Sporn gemacht wurde, zeigen die blutigen Spuren auf den Flanken der Pferde, die manche Miniaturisten in der Stachelsporn-Ära liebevoll dargestellt haben.

Anschließend wendet sich der Verfasser dem Steigbügel zu. Ursprung, Funktionsweise und Bedeutung dieses Hilfsmittels sind seit langem heftig umstrittene Themen. Es wundert nicht, daß Gelbhaar hier wieder einige eigenwillige Beiträge beizusteuern hat. So vertritt er mit Vehemenz die Auffassung, Steigbügel habe es spätestens seit den Skythen gegeben, und wenn sie diesen bekannt gewesen seien, dann müßten natürlich auch die Griechen und Römer sich ihrer bedient haben. Der entscheidende Beleg für die Existenz des skythischen Steigbügels ist für ihn die Elektronvase aus Tschertomlyk (4. Jahrhundert v.Chr.). »An der dem Betrachter zugewandten linken Flanke des Tieres hängt klar erkennbar ein vermutlich aus Holz gefertigter Steigbügel vom Sattel herab. Er ist vermittels eines Gelenks am Steigriemen befestigt und ähnelt in der Form sehr den noch heute erhältlichen, ebenfalls aus Holz gefertigten ›Wester‹-Steigbügeln. Der Umriß ist langgestreckt-dreieckig ...«100 Der Verfasser interpretiert hier mit recht einseitiger Phantasie ein Detail, bei dem es sich mit Sicherheit nicht um einen Steigbügel, sondern um das herabhängende Ende des Bauchgurts handelt.101 In der Hitze des Gefechts ist es dem erfahrenen Praktiker und Sachkritiker gar nicht aufgefallen, daß in dem Fall, das dargestellte Stück wäre tatsächlich ein Steigbügel mit Steigriemen, der Sattel keinen Bauchgurt hätte. Die beiden Alternativen schließen sich gegenseitig aus. Damit darf man die Vase aus dem Beweismaterial für den skythischen Steigbügel streichen. Gelbhaar verweist ferner auf eine Goldplakette (tatsächlich vergoldete Bronze) aus Viljui (3. Jahrhundert v.Chr.), die einen berittenen skythischen Bogenschützen zeige, dessen linker Fuß ganz offensichtlich in einem Steigbügel stecke. Seine Angabe beruht auf einer sehr groben Umzeichnung in einem Buch von Christian-Henry Tavard102, der Gelbhaars Interpretation teilt bzw. vorgegeben hat, bei dem man allerdings vergeblich nach der Angabe des Fundortes sucht. Der Rezensent hat in einem anderen Werk die Reproduktion nach einem Museumsphoto gefunden, die tatsächlich ganz klar einen Steigbügel erkennen läßt, doch zeigt der sehr präzise Kommentar David Nicolles, eines ausgezeichneten Kenners der Materie, daß es sich nicht um ein skythisches Stück aus dem 3. Jahrhundert v.Chr., sondern um einen kirgisischen Sattelbeschlag des 9. Jahrhunderts n.Chr.103 handelt. Also ist auch dieses Belegstück zu eliminieren.

Die in den skythischen Kurganen von Pazyryk (Sibirien) ausgegrabenen vollständig erhaltenen Sättel des 5. Jahrhunderts v.Chr. besitzen weder Steigbügel noch Vorrichtungen zu deren Anbringung.104 Auch in späteren Kurganen fehlt jedweder Hinweis auf die Benutzung von Steigbügeln. Natürlich schließt das die gelegentliche Verwendung von Schlaufen und anderen steigbügelähnlichen Hilfsmitteln aus organischen Materialien nicht von vornherein aus.105 Die universale, geradezu selbstverständliche Verbreitung, die derartige Konstruktionen nach Gelbhaars Überzeugung in der Alten Welt gehabt haben sollen, erscheint jedoch angesichts des völligen Mangels an bildlichen Darstellungen, archäologischen Artefakten und schriftlichen Erwähnungen höchst unwahrscheinlich. Zur Stützung seiner Ansicht muß sich Gelbhaar daher ausschließlich »sachkritischer« Argumente bedienen. Entscheidend ist für ihn, daß das Problem des Aufsitzens sonst nicht zu lösen gewesen wäre. Die detaillierten Anweisungen, die Xenophon in seiner Reitkunst für das Aufspringen ohne Steigbügel gibt, seien für einen gepanzerten Mann unausführbar, und das, obwohl von Xenophon eine verhältnismäßig schwere Rüstung beschrieben wird. Ferner ignoriert Gelbhaar die praktischen Versuche des Rezensenten und seiner Mitarbeiter, die in der ihm vorliegenden Literatur auch bildlich dokumentiert sind.106 Gelbhaar weist auch keinesfalls auf selbst durchgeführte Versuche hin, sondern er weiß einfach, daß Xenophons Methoden für einen gerüsteten Mann »keinesfalls wie beschrieben durchführbar« gewesen seien.107

Immerhin gibt der Verfasser zu, daß kein einziges griechisches oder römisches Bildwerk Steigbügel oder steigbügelähnliche Hilfsmittel zeigt. Diese Tatsache schiebt er aber rasch mit einigen Hinweisen auf die angeblich mangelnde »Realitätsbezogenheit« zur Seite, in Anbetracht der in die Tausende gehenden Zahl dieser Abbildungen ein reichlich kühnes Verfahren. Gewiß waren mythologische und allegorische Darstellungen von heroisierenden Archaismen und klassizistischen bzw. hellenistischen künstlerischen Konventionen geprägt, aber schon für die Traians- und die Marc Aurels-Säule trifft das im wesentlichen nicht mehr zu und schon gar nicht darf man den im unmittelbaren militärischen Umfeld entstandenen Reitergrabsteinen Realitätsferne unterstellen. Die mit klassischen Traditionen gar nicht übereinstimmenden Elemente wie Hörnchensattel, großer Ovalschild oder Langschwert wurden klar und eindeutig dargestellt. Warum man dann mit absoluter Konsequenz den angeblich unentbehrlichen, sich auch auf den Sitz auswirkenden Steigbügel unberücksichtigt gelassen haben soll, bedürfte einer Erklärung. Gelbhaar verweist darauf, daß der Rezensent die gleichfalls nicht dargestellten Sporen mit künstlerischen Konventionen erkläre ,108 doch zitiert er nicht die anschließende Bemerkung, dieser Umstand sei auch darauf zurückzuführen, »daß dieses Requisit nicht als ein fester, unverzichtbarer Bestandteil der Reitausrüstung galt, wie das in Mittelalter und Neuzeit der Fall sein sollte.«109 Ferner ist die Existenz des Sporns – im Gegensatz zu der des Steigbügels – auch durch schriftliche Zeugnisse und eindeutige Fundstücke belegt.

Natürlich hängen die sachkritischen Argumente eng mit den Vorstellungen zusammen, die der Autor von der Funktion des Steigbügels hat. Die grundlegende Aufgabe dieses Hilfsmittels sieht Gelbhaar darin, daß der Reiter problemlos auf sein Pferd steigen kann. Aufspringen ohne Zuhilfenahme eines Steigbügels sei nur für leicht bekleidete sportliche Menschen möglich und dann auch nur, wenn das Pferd nicht groß sei und während der Prozedur stillhalte. Das bedeutet, daß ein ernsthafter kriegerischer Einsatz ohne Steigbügel für alle Zeiten faktisch auszuschließen wäre. »... im Bereich der Militärreiterei kann es ohne Steigbügel zu geradezu lächerlichen, aber auch zu äußerst gefährlichen Situationen kommen. Man stelle sich vor, wie eine größere Einheit im Alarmzustand versuchen wollte, springend, kletternd, oder sich gegenseitig in den Sattel helfend, aufsitzen zu wollen. Wären einige Pferde schreckhaft oder ungehorsam, müßte man mit einem gefährlichen Chaos, wenigstens aber mit ärgerlichem und unnötigen Zeitverlust rechnen. Jeder Reiter eines Verbandes muß in der Lage sein, unabhängig von der Hilfe Dritter, ohne weitere Hilfsmittel und unter Beherrschung seines Tieres schnellstmöglich in den Sattel zu kommen. Dies gewährleistet allein der Steigbügel.«110

Im Mittelalter, in dem der Steigbügel nun ohne Zweifel allgemein verwendet wurde, sollte man nach dem Gesagten eigentlich mit einem reibungslosen Aufsitzen rechnen. Aber weit gefehlt – aus dem fiktiven Horrorszenarium wird nun ein reales. Das »Aufsitzen ging, besonders im Hochmittelalter, sicherlich außergewöhnlich langsam und schwerfällig vor sich, unterstützt von Knappen und Knechten, die den Steigbügel festhielten, dem Ritter Schild und Lanze reichten etc. Durch die starren, fast ritualisierten Regeln ritterlicher Streitweise vor Überraschungsangriffen geschützt, konnte man sich derart uneffektive kriegerische Inszenierungen leisten.«111

Das einzige, was Gelbhaar hier ausgelassen hat, das ist die aus Filmen sattsam bekannte Vorstellung, die Ritter seien mittels Kran in den Sattel gehievt worden!

Erstaunlicherweise läßt er dagegen den Kürassier112 des frühen 17. Jahrhunderts von links wie von rechts, die Waffen in beiden Händen haltend, in voller Rüstung zunächst auf das Holzpferd, dann auf das reale und schließlich sogar auf das angaloppierende Pferd blitzartig aufsitzen, ganz wie es Wallhausen in seiner »Ritterkunst« 1616 beschreibt und abbildet. »Aus der nur kurzen Phase des Aufsitzens – oder besser Aufspringens – kann dank der schon bereitgehaltenen Waffen unmittelbar in eine aktive Kampftätigkeit übergegangen werden, ein Verfahren, das besonders gegenüber einer gegnerischen Überraschungsaktion von großem Vorteil sein kann.«113 Da die Ausrüstung eines Kürassiers im frühen 17. Jahrhundert kaum weniger schwer war als die Rüstung eines hochmittelalterlichen Ritters – allein der Dreiviertelharnisch mit schußfreier Brust wog um die 25 kg -, fragt man sich ratlos, warum ihm Dinge möglich gewesen sein sollen, von denen der Ritter nicht einmal zu träumen wagte.

Aber schon im Altertum mißt Gelbhaar mit zweierlei Maß. Den Assyrern und Altaiskythen gesteht er zu, sie hätten auch ohne Steigbügel kämpfen können.114 Bei den späteren Skythen hält er es immer noch für plausibel, »der Steigbügel sei zwar bekannt gewesen, aber nicht allgemein verwendet worden«115. Wenn man aber so kategorisch Steigbügel und ähnliche Aufstiegshilfen im Rahmen der militärischen Reiterei für unentbehrlich hält, wie Gelbhaar das tut, dann kann es keine Ausnahmen geben, ohne den mit »experimentelle(r) Sachkritik«116 ermittelten Grundsatz ad absurdum zu führen. Der etwaige Hinweis, bei diesen Völkern habe es nur ganz leicht ausgerüstete Reiter gegeben, verfängt nicht, denn sowohl die Assyrer als auch die späteren Skythen benutzten in bedeutendem Umfang Helme, Lamellen- und Schuppenpanzer, die letzteren auch Schilde und Beinschienen.

Es bleibt daher unklar, warum Gelbhaar ausgerechnet den Römern um jeden Preis den allgemein verbreiteten Gebrauch von Steigbügeln oder zumindest Protosteigbügeln unterschieben will. Die zahlreichen gegenteiligen Quellenaussagen, die eindeutig vom Aufspringen sprechen,117 stören ihn dabei so wenig wie die fehlenden bildlichen Darstellungen und Fundstücke. »Dem Gebrauch des Steigbügels durch die Römer steht die Aussage des Vegetius, man habe das beidseitige ›Aufspringen‹ in voller Rüstung und mit den Waffen in der Hand an einem Holzpferd geübt ... durchaus nicht entgegen. Neuzeitliche Kavalleristen hatten nach Wallhausen völlig identische Übungen durchzuführen [allerdings unter Verwendung des Steigbügels!] ... Die Intention war ebenfalls mit dem antiken Vorbild identisch, nämlich ›... damit die im Frieden Geübten im Gewühl der Schlacht keine Schwierigkeiten beim raschen Aufsitzen hatten ...‹«118. Er übersieht dabei allerdings, daß sowohl Wallhausen als auch er selbst (siehe oben) durchaus davon ausgehen, daß der Kürassier das Erlernte natürlich auch im Kampf einsetzt, während Gelbhaar uns weismachen will, die Römer hätten im Ernstfall auf Nutzanwendung verzichtet. Man sitzt aber mit keiner anderen Methode so schnell und sicher im Sattel wie beim Aufspringen ohne Steigbügel, vorausgesetzt, man beherrscht diese Kunst, was ja der Zweck der ganzen Ausbildung ist. Die in Gelbhaars Szenarium geschilderten Schwierigkeiten und Fährnisse entspringen teils seiner Phantasie, teils treten sie bei mangelnder Übung bei Benutzung des Steigbügels nicht weniger auf und dann womöglich noch mit der fatalen Folge, daß man im Bügel hängen bleibt. Da Gelbhaar offensichtlich keine entsprechenden Versuche gemacht oder sie alsbald wegen Mißerfolgs eingestellt hat, erklärt er das Verfahren einfach für unmöglich. Die gut dokumentierten und ihm wohlbekannten Experimente, die der Rezensent mit seiner Reitertruppe durchgeführt hat – in voller Rüstung – werden, wie gesagt, überhaupt nicht erwähnt, weil sie wohl nicht ins vorgefaßte Bild passen.

Dagegen mißt Gelbhaar dem Steigbügel nur mehr geringe Bedeutung bei, wenn der Reiter es einmal geschafft hat, im Sattel zu sitzen. Davon nimmt er nur den modernen Springsport aus, der ohne Bügel nicht ausführbar wäre.119 Ansonsten habe unter dem Einfluß des englischen Reitstils die Bedeutung des Steigbügels zwar etwas zugenommen, da man mit seiner Hilfe sich beim leicht Traben und beim leicht Galoppieren bequem aus dem Sattel heben könne, während früher alles ausgesessen worden sei, doch im Prinzip gelte heute wie einst, daß der Bügel für die Stabilität des Sitzes vollkommen belanglos sei.120 Ich fürchte, da verwechselt der Autor in hohem Maße Ideal und Wirklichkeit. Die große Mehrzahl der modernen Reiter würde in schwierigeren Situationen ohne den Halt des Steigbügels in nicht unerhebliche Bedrängnisse kommen, da sie an dem flachen Sattel ja keinerlei Stütze haben. Auch die Vorstellung, der Steigbügel fange das Gewicht des Beines auf und mindere dadurch die Anstrengung beim längeren Reiten, leugnet Gelbhaar. Es sei für ihn auf Langstreckenritten sogar erholsam, hin und wieder aus den Bügeln zu gehen und die Beine hängen zu lassen.121 Er gibt aber gleich darauf zu, daß er beim Reiten mit Steigbügel nur dann Krämpfe bekam, wenn er den (sehr verfehlten) Versuch unternahm, solche Ritte im modernen Dressursitz zu unternehmen. In der traditionellen Haltung mit gestreckten Beinen stellten sich diese Schwierigkeiten nicht ein, was leicht zu prophezeien gewesen wäre. Offensichtlich hat Gelbhaar aber keine Ahnung davon, was es bedeutet, größere Strecken ohne Bügel mit frei hängenden Beinen zurückzulegen. Es ist nicht nur anstrengend, sondern wird auch auf Dauer sehr schmerzhaft in den Hüftgelenken und im Schritt. Der Rezensent ist schon bis zu 100 km am Tag in dieser Weise geritten und weiß daher, wovon er spricht. Hier liegt es tatsächlich nahe, daß zu improvisierten Hilfsmitteln wie Schlaufen gegriffen wurde, die man aber im Kampf zweifellos nicht verwendete, da sie hinderlich gewesen wären und man noch weit leichter in ihnen hängen geblieben wäre als in einem festen Bügel.

Mit Recht wendet sich Gelbhaar gegen die unausrottbare Legende, erst der Steigbügel habe den Reiter zum Schockangriff und insbesondere zum Anprall mit der Lanze befähigt.122 So ist ihm grundsätzlich auch beizupflichten, wenn er schreibt, der hohe Hinterwiesel des mittelalterlichen Sattels sei entscheidend beim Stoß mit eingelegter Lanze, nicht der Steigbügel. Wenn er aber meint, der letztere sei »hierbei vollkommen wirkungslos«123, dann übertreibt er freilich. Wie er es selbst immer wieder beschreibt, stemmt sich der Ritter mit diagonal vorgestreckten Beinen gegen den Hinterzwiesel. Ohne Steigbügel könnte er das aber nicht tun. Hätte Gelbhaar persönliche Erfahrung im Reiten mit hoch- und spätmittelalterlichen Sätteln gesammelt, dann wüßte er, daß auf diese Weise die Stabilität des Sitzes zusätzlich gesteigert wird. Und er wüßte auch, daß seine oftmals wiederholte Behauptung, der Ritter habe in dieser starren Position keinerlei Einwirkung auf sein Pferd besessen, ganz und gar nicht stimmt. Sattel und Steigbügel lassen den Beinen durchaus ein hohes Maß an Flexibilität. Energisch widersprechen muß man dem Verfasser auch, wenn er meint, es sei »in keiner Weise von Bedeutung, ob mit hochgezogenen Knien oder mit nach vorn durchgestreckten Beinen geritten wird.«124 Die Beinhaltung beeinflußt aber sehr wohl den Sitz und die Hilfen des Reiters. Da aber Gelbhaar auch denkt, man reite ohne Steigbügel genau in der gleichen Weise wie mit, ist eine solche Feststellung nicht weiter verwunderlich.

Auf die Diskussion der Steigbügel folgt ein Kapitel, in dem der Verfasser die Sättel, die Pistolenholster, das Zaumzeug und die Geschirre zusammen bespricht,125 was nicht als ein zweckmäßiges Verfahren betrachtet werden kann.

Bei den Sätteln folgt er der üblichen Einteilung in Pritschensättel, die mit flächigen Polsterkissen auf dem Pferderücken aufliegen, und Trachtensättel (auch Bocksättel genannt), die nur zwei schmale harte Auflagen besitzen und die Wirbelsäule freilassen, wobei der Reiter auf einem Gestell (Bock) 15—20 cm über den Trachten sitzt. Die westeuropäischen Sättel gehörten bis ins späte 19. Jahrhundert dem ersten Typ an, die Verbreitung des Trachtensattels ging von Ungarn aus. Im späten 19. Jahrhundert kamen außerdem Kombinationstypen von Pritschen- und Trachtensätteln auf. All diese Modelle besitzen vorwiegend aus Holz bestehende feste Sattelbäume. In der Antike gab es neben den Reitdecken Kissensättel ohne oder mit nur sehr wenigen starren Elementen, zu denen etwa der skythische Sattel gehörte.

Der erste Typ, der dem Mann einen festeren Halt gab, war der römische Hörnchensattel, von dem sich kein komplettes Exemplar erhalten hat, wohl aber zahlreiche Fragmente. Die Frage, ob er einen hölzernen Baum hatte, ist bis heute ungeklärt. Peter Connolly rekonstruierte in den 1980er Jahren einen Sattel mit hölzernem Baum,126 der Rezensent ließ gleichzeitig mehrere Varianten auf der Basis eines Kissensattels mit versteiften Hörnern anfertigen.127 Beide Modelle wurden mittlerweile zahlreichen Experimenten unterworfen, die ihre Funktionalität unter Beweis stellten. Die beiden Hinterhörnchen geben wie ein senkrechter Hinterzwiesel stützenden Halt, schränken die Bewegungsfreiheit aber weniger ein als ein solcher, die Vorderhörnchen erlauben ein gutes Ausbalancieren durch Druck der Oberschenkel. Die Annahme, ein Sattel ohne Baum verleihe der Konstruktion zu wenig Stabilität, hat sich nicht bestätigt. Die weiche Variante erwies sich zudem als die wesentlich bequemere. Zugfalten an einigen Lederfragmenten wurden von Carol van Driel-Murray allerdings als Anzeichen für die Existenz eines starren Unterbaums gewertet.128

Alle bisherigen Nachbauten nehmen aber zwei Manipulationen am Originalmaterial vor. Die in beträchtlicher Zahl gefundenen versteifenden Bronzeplatten, die in das Oberleder der Sattelhörnchen eingenäht waren, sind ausnahmslos viel zu groß für die entsprechenden Lederfragmente. Um 1:1-Rekonstruktionen der Bronzehörnchen verwenden zu können, mußten die darüber gezogenen Lederstücke wesentlich größer angefertigt werden als die Originale waren. Der Rezensent hat mittlerweile einen »kurzhörnigen« Sattel bauen lassen, der den Dimensionen der erhaltenen Lederteile entspricht. Statt Bronzehörnchen dienen zusammengepreßte Filzscheiben zur Versteifung. Auch dieser Sattel ist vollkommen funktional, wenn auch die kürzeren Hörnchen natürlich geringeren Halt geben als die längeren. Die zweite Manipulation bestand darin, daß die originalen Lederfragmente keine Schlitze enthalten, durch die der Bauchgurt geführt werden könnte. Da ein solcher aber unverzichtbar ist und auch auf den bildlichen Darstellungen nicht fehlt, mußten von Connolly wie vom Rezensenten auch hier kleine Eingriffe am Originalfund vorgenommen werden. Nach wie vor gilt, was der Rezensent vor 14 Jahren schrieb: »Letzte Sicherheit in der Rekonstruktion des Hörnchensattels könnten wir nur dann erhalten, wenn eines Tages ein weitgehend kompletter Sattel gefunden werden sollte.«129 Wenn also die innere Beschaffenheit des römischen Sattels nach wie vor hypothetisch rekonstruiert werden muß, so steht seine äußere Form doch ganz zweifelsfrei fest, und damit können die Rekonstruktionen für funktionale Experimente verwendet werden, deren Ergebnisse Anspruch auf Gültigkeit erheben dürfen.

Gelbhaar folgt in seiner Zusammenfassung des Forschungsstandes zum römischen Sattel weitgehend der Darstellung des Rezensenten130, wendet aber ein, daß weder dieser noch Connolly die Möglichkeit in Betracht gezogen hätten, der Hörnchensattel sei ein Trachtensattel gewesen. Tatsächlich ist diese Alternative durchaus erwogen, aber schließlich verworfen worden. Höchst wahrscheinlich ist der römische Sattel aus dem Kissensattel hervorgegangen, und diese Entwicklungslinie führt zwangsläufig zu einem Pritschensattel. Gelbhaar schreibt selbst, der Trachtensattel sei steppennomadischen Ursprungs und wohl mit den Hunnen nach Mitteleuropa gekommen.131 Ferner erhebt sich der Sitz (Bock) eines Trachtensattels stets deutlich über die Rückenlinie des Pferdes. Die Abbildungen zeigen den Hörnchensattel aber ausnahmslos eng auf dem Pferderücken aufliegen, wie das bei Pritschensätteln der Fall ist.

Die Geschichte des Sattels im frühen Mittelalter handelt der Verfasser nur ganz summarisch ab, denn über das Reitzubehör dieser »Dark Ages« sei »überhaupt nur sehr wenig bekannt.«132 Diese Behauptung kann er nur aufstellen, weil er die neuere einschlägige Literatur nicht herangezogen hat, denn insbesondere für das 5.—8. Jahrhundert verfügen wir dank der verbreiteten Sitte der Pferdebestattung über ein recht reichhaltiges Fundmaterial. So gelangen wir von den Römern sehr rasch ins Hohe Mittelalter. Im Mittelpunkt steht hier natürlich der ritterliche Krippen- oder »Lehnstuhl«-Sattel, der seine ausgereifte Form im späten 12. Jahrhundert erreicht hat. Wie wir schon gesehen haben, verlieh er dank seines hohen, nach Gelbhaar ohrensesselartig das Gesäß bis zur Nierengegend umschließenden Hinterzwiesels dem Ritter einen ungemein stabilen Sitz, der ihn dazu befähigte, mit eingelegter Lanze auf den Gegner aufzuprallen. Indem freilich auch der Vorderzwiesel entsprechend erhöht wurde, sah sich nach Ansicht des Verfassers der Mann starr und fast bewegungsunfähig eingeklemmt, »was im Extremfall noch dahingehend gesteigert werden konnte, daß der Ritter durch zwei die Zwiesel verbindende, seitliche Riemen im Sattel regelrecht festgeschnallt werden konnte ...«133

Hier müssen sehr erhebliche Einschränkungen gemacht werden. Es gab zwar, vor allem im 14. Jahrhundert, tatsächlich Sättel, deren Vorder- und Hinterzwiesel bis in Taillenhöhe reichten, und es kam auch vor, daß die Zwiesel miteinander verbunden wurden, so daß der Unterleib des Mannes vollkommen eingeschlossen war, wie das etwa das berühmte Standbild Cangrandes I. della Scala in Verona (1330er Jahre) zeigt. Viele Rundumsättel dienten aber dem Kolbenturnier und wurden nicht im Krieg verwendet. Vor allem aber täuscht in den meisten Fällen die Höhe der Zwiesel. Der Reiter sitzt in der Regel nämlich nicht tief auf dem eigentlichen Körper des Pritschensattels, sondern, ähnlich wie bei einem Trachtensattel, um 10—15 cm erhöht auf einem Gestell, das die Zwiesel miteinander verbindet. Dieses Gestell wurde von einer eisernen Stange gebildet, die auf halber Höhe der Zwiesel verlief und mit einem Kissen bedeckt war, über das dann die lederne Sitzfläche gespannt wurde. Den Sattel hielten im 13. Jahrhundert drei selbständige Gurte in Position: ein unter der Sitzfläche und ein über diese geführter Bauchgurt und ein um den Hinterzwiesel gelegter Brustgurt. Der leicht konkave Vorderzwiesel ragte nur 10—15 cm über die Sitzebene, der Hinterzwiesel etwa 8—12 cm. Die »Ohren« des letzteren reichen nicht über die Nieren134, sondern enden viel tiefer, etwa auf halber Höhe des Beckens. Dies verleiht dem Reiter einen stabil abgestützten Sitz, ohne seine Bewegungsfreiheit nennenswert einzuschränken. Der Rezensent spricht hier aus Erfahrung, denn er hatte ausgiebig Gelegenheit, mit einem rekonstruierten Sattel des 13. Jahrhunderts in voller Rüstung zu experimentieren.135 Er war selbst überrascht, wie angenehm es sich in diesem Sattel reiten ließ.

Von Kriegssätteln des 11.—14. Jahrhunderts sind nur einige wenige Fragmente erhalten geblieben, aber kein einigermaßen vollständiges Exemplar. Eine Rekonstruktion beruht daher in erster Linie auf bildlichen Darstellungen, die tatsächlich in großer Zahl vorliegen. Aufschlußreich ist auch der Sattel Heinrichs V. von England († 1422) in Westminster Abbey.136 Obwohl er deutlich später ist, entspricht er noch weitgehend dem hochmittelalterlichen Haupttyp. In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde, namentlich in Deutschland, der Sattel auf ein geradezu geometrisches Grundgerüst reduziert, das an spätgotische Architektur erinnert. Der Sitz wurde mit äußerster Sparsamkeit gezielt gestützt, die Bewegungsfreiheit war noch größer als bei den Sätteln des Hochmittelalters. In der Renaissance gewann der Sattel wieder an Volumen und näherte sich in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts mit seiner starken Polsterung und dem fast halbkreisförmig das Gesäß umschließenden Hinterzwiesel der Form des »französischen« oder »alteuropäischen« Sattels an, die auf dem Kontinent bis ins späte 19. Jahrhundert dominierend blieb, die iberischen Sättel bis heute prägte und in der Spanischen Hofreitschule wie in Saumur noch immer als d e r Sattel der klassischen (ohne Anführungsstriche!) Reitkunst verwendet wird.

Nachdem Gelbhaar seine unvermeidlichen Greuelgeschichten über den Rittersattel und die mit ihm betriebene Reitunkunst einmal mehr erzählt hat, gibt er einen trefflichen und sachlichen Überblick über die Sattelentwicklung in Europa vom 17. bis zum 20. Jahrhundert, ohne fortwährend einseitige Werturteile abzugeben, terminologische Spitzfindigkeiten breitzutreten oder sich in polemischen Ausfällen zu ergehen.137 So hätte er sein ganzes Buch schreiben sollen!

Zuletzt wendet sich der Verfasser den Reitzäumen und den Fahrgeschirren zu. Ausführungen grundsätzlicher Natur macht er dabei nur zu den letzteren, weshalb der Rezensent sich auf diese beschränken wird. Wie nicht anders zu erwarten, geht Gelbhaar ausführlich auf die lange umstrittene, mittlerweile aber dank der vorbildlichen Experimente Jean Spruyttes138 gelöste Frage ein, ob die antike Schirrung strangulierend auf die Zugtiere wirkte und deren Leistungsvermögen drastisch beschränkte. Er schließt sich mit Vehemenz der Argumentation Spruyttes und des Rezensenten139 an, die diese Interpretation und die aus ihr abgeleitete Theorie von der mittelalterlichen »Verkehrsrevolution« gleich der »Steigbügelrevolution« in den Bereich der Legende verweisen.140 Die auch in Zukunft gültige Einteilung in Brustblatt- und Kumtgeschirre141 geht demnach noch auf die römische Antike zurück. Wegen des Verfalls der Straßen brachte das Mittelalter einen Niedergang des rollenden Verkehrs, was sich erst im 18. Jahrhundert entscheidend zu ändern begann, doch lassen sich keine wesentlichen technischen Innovationen mehr beobachten.142

In diesem Zusammenhang möchte der Rezensent auf den prächtigen Katalog hinweisen, der zu der 1997 in Viterbo gezeigten Ausstellung über die in Italien ausgegrabenen antiken Streit- und Repräsentationswagen erschienen ist und den Gelbhaar nicht mehr berücksichtigen konnte.143 Über 270 solcher Funde sind bekannt, von denen eine besondere Konzentration (116) in Etrurien vorliegt. Sie stammen aus Wagenbestattungen, die in der Zeit zwischen 750 und 400 v.Chr. in den Boden gekommen sind.

Der Rezensent ist so ausführlich auf die Arbeit Gelbhaars eingegangen, weil das Werk als »wohl das Beste seiner Art« ausgegeben und behauptet wird, das Thema sei damit »erschöpfend behandelt«144. Daß die Arbeit diesem Anspruch weder in quellen- noch in sachkritischer Hinsicht genügt, hofft der Rezensent dargelegt zu haben. Dies ist wichtig, da der Verfasser mit seiner flüssigen Schreibweise und seinem äußerst ausgeprägten Selbstbewußtsein im Schnittpunkt zwei sehr verschiedener Forschungs- und Erfahrungsbereiche, die nur von wenigen Lesern gleichmäßig beherrscht werden dürften, sehr leicht den Eindruck souveräner Kompetenz und damit absoluter Glaubwürdigkeit erwecken kann. Auf diese Weise ist das Werk durchaus geeignet, fragwürdigen und zum Teil klar widerlegbaren Thesen zu unverdienter Geltung zu verhelfen. Es bleibt das Verdienst, den bedeutenden Coburger Bestand katalogmäßig erfaßt und die Diskussion angeregt zu haben.

Um bei der praktisch-antiquarischen Seite der Forschungen zu historischen Reitweisen und kavalleristischen Kampftechniken zu bleiben, möchte ich mich als nächstes der populären (keine Anmerkungen), doch gut recherchierten Publikation »Roman Cavalry Equipment« zuwenden, die Ian P. Stephenson und Karen R. Dixon 2003 vorgelegt haben. Dixon hatte bereits 1992 gemeinsam mit Pat Southern ein Buch zur römischen Kavallerie veröffentlicht.145 Das Werk ist reichlich mit anschaulichen Illustrationen versehen, wenn auch die 11 farbigen Graphiken von M. Daniels in ihrem bläßlichen, sich oft kaum vom weißen Untergrund abhebenden Kolorit und ihrer kindlich-manirierten Stilisierung dem Thema nicht so recht angemessen sind und auch die erforderliche Klarheit vermissen lassen. Stephenson und Dixon behandeln die kavalleristische Bewaffnung vom Beginn der Kaiserzeit bis in die frühbyzantinische Ära (7. Jahrhundert n.Chr.) mit einem deutlichen Schwerpunkt in den späteren Jahrhunderten, was ihr Buch von den meisten anderen Arbeiten dieser Art unterscheidet, die sich mit Vorrang der frühen Kaiserzeit widmen. Es werden alle Arten von Angriffs- und Verteidigungswaffen berücksichtigt, das Pferdezeug bleibt ausgeklammert mit Ausnahme des Körperschutzes und des Sattels.

Die Autoren betonen besonders den psychologischen, »moralischen« Aspekt der Ausrüstung, wie schon das Einführungskapitel »Before the Prosaic«146 deutlich macht, also den das Selbstbewußtsein und den Gruppenzusammenhalt der Träger betreffenden Charakter von Waffe und Rüstung einerseits, das von ihnen ausgehende Imponiergehabe und die Schreckwirkung auf den Feind andererseits. Damit stehen sie in Einklang mit neueren Tendenzen derartiger Forschungen. Doch der »prosaische«, materielle Wert der Panhoplie kommt nicht zu kurz, durfte doch die römische Armee als eine vergleichsweise hochtechnisierte gelten. So nehmen die Verfasser an, die römische Kaiserzeit habe »the widest use of metallic body armour in history« gesehen.147 Es kann daher nicht verwundern, daß sie stets davon ausgehen, auch selten belegte Elemente des Körperschutzes wie Panzerkrägen oder Panzerärmel hätten sich viel weiterer Verbreitung erfreut als es die Quellen vermuten lassen.

In Widerspruch zur überwältigenden Mehrheit der Forscher bestreiten Stephenson und Dixon, es habe so etwas wie eine spezielle Parade- oder Turnierrüstung (»cavalry sports equipment«) gegeben, deren Gebrauch auf die manöverartigen Reiterspiele (hippikà gymnásia) beschränkt gewesen sei, wie sie uns Arrian in seinem berühmten Reitertraktat beschreibt. Sowohl die Maskenhelme als auch die dekorierten Beinschienen und Roßstirnen seien vielmehr als vollgültige Kriegswaffen anzusehen, und die von Arrian geschilderten Übungen hätten nur den Zweck gehabt, die Männer und Pferde an den Gebrauch dieser Rüstungsteile auf dem Schlachtfeld zu gewöhnen.148 Sie stehen daher auch nicht an, den auf den Farbtafeln 11 und 14 rekonstruierten clibanarius des 3. Jahrhunderts n.Chr. mit einem langärmeligen, bis auf die Knie hinabreichenden Kettenhemd, einem kurzen, den Rumpf mit einer weiteren Panzerschicht bedeckenden Schuppenpanzer, einem Panzerkragen nach dem Fund von Čatalka, einem Paar zweiteiliger, in erhabener Treibarbeit verzierter Beinschienen nach dem Straubinger Schatzfund und einem Maskenhelm vom »Alexander«-Typ, gleichfalls nach Straubinger Vorbild, auszustaffieren. Das Pferd trägt eine der in Dura Europos gefundenen Schutzdecken mit Schuppenpanzerbesatz, während der Hals durch ledernen Lamellenpanzer (Dura Europos, meist als Oberschenkelschutz interpretiert) geschützt ist und der Kopf eine der großen dreiteiligen Roßstirnen aus Straubing trägt.149 Bedenkt man, daß die mit dem contus, einer langen, beidhändig geführten Stoßlanze bewaffneten clibanarii als schwerste Schockkavallerie gelten, dann erscheinen die Teile der Straubinger »Paraderüstungen«, insbesondere die gezeigten Beinschienen, reichlich unterkalibriert. Bei einer Materialstärke um 0,5 mm sind diese Stücke den Belastungen eines scharfen Gefechts nur recht unzureichend gewachsen, schon das Scheuern des eigenen Schildes führt rasch zu Beschädigungen an den vorspringenden Elementen des Kniebuckels.150 Die eisernen Kalotten der Maskenhelme vom »Alexandertyp« sind dagegen um 1 mm stark, die zugehörigen Maskenvisiere aus Messing von niedrigem Zinkgehalt haben meist ähnliche Stärken. Damit können sie mittelschwerer Waffenwirkung standhalten, was aber für einen schweren Kavalleristen immer noch als unbefriedigend gelten muß, zumal man im Rumpfbereich eine ungemein massive Doppelpanzerung mit einem Gesamtgewicht von etwa 20 kg für nötig gehalten hat (der Helm wöge lediglich 1,5 kg).151

Simon James stattet dagegen den »cataphract« auf seinem Rekonstruktionsgemälde152 nur mit eindeutigen Bestandteilen der römischen Kampfausrüstung aus, zumal sich in Dura Europos keine Elemente der »Paraderüstung« gefunden haben, sieht man von den Brustschließblechen ab, von denen man mittlerweile aber weiß, daß sie oftmals zu normalen Ketten- und Schuppenpanzern gehört haben.153 Er gibt dem Reiter ein kurzärmeliges Kettenhemd, geschobenen eiserne Segmentpanzerärmel, geschuppte Oberschenkelpanzer aus einer Kupferlegierung, zweiteilige eiserne Beinschienen und einen eisernen Helm vom Typus Niederbieber.154 Das Reittier trägt natürlich wieder eine der Schuppenpanzerdecken aus Dura Europos mit entsprechenden Ergänzungen für Hals- und Brustpartie, doch kommt James beim Pferd gleichfalls nicht ganz ohne Anleihe bei den »Paraderüstungen« aus und zwar wieder in Gestalt einer der großen dreiteiligen Straubinger Roßstirnen.155

Eine Reihe von Beschreibungen, die wir von persischen und römischen Panzerreitern des 4. Jahrhunderts n.Chr. besitzen, erwähnen allerdings die gesichtsähnlichen Maskenvisiere, ohne die der wiederholt gebrauchte Vergleich der Männer mit ehernen Statuen auch kaum angebracht gewesen wäre. Das Problem ist hier, daß die zahlreichen derartigen Helme, die das römische Fundgut enthält, allesamt aus dem 1.—3. Jahrhundert n.Chr. stammen. Nach der Mitte des 3. Jahrhunderts scheint die Produktion völlig abgebrochen zu sein. Synchron mit der archäologisch erwiesenen Benutzung von Maskenhelmen ist nur die Beschreibung in Arrians Reitertraktat, und da heißt es ausdrücklich (34, 3): »Diese Helme schützen im Gegensatz zu den für den Ernstfall (eis máchên) bestimmten nicht nur den Kopf und die Wangen, sondern sind allseitig genau an das Gesicht des Reiters angepaßt ...«156.

Nun hat der Rezensent sich selbst mehrfach dagegen gewandt, in den Maskenhelmen ausschließlich Parade- und Turnierwaffen zu sehen.157 Die frühkaiserzeitlichen Maskenhelme der Typen Kalkriese und Nijmegen-Kops Plateau besitzen in den meisten Fällen so beträchtliche Materialstärken (bis zu 4 mm Eisenblech!) und zeigen eine so funktionale Konstruktion, daß nicht daran zu zweifeln ist, daß sie primär für den Einsatz im scharfen Gefecht konzipiert worden sind, was gleichzeitigen »sportlichen« und repräsentativen Einsatz natürlich nicht ausschließt. Die Visiere können in Verbindung mit den Kalotten normaler Kampfhelme getragen werden, wozu nur einige einfache Umbaumaßnahmen erforderlich sind, die in wenigen Minuten selbst unter Feldbedingungen durchgeführt werden können.158 Der Einwand, diese Helme seien zu unpraktisch und zu hinderlich, um im Kampf verwendet zu werden, konnte vom Rezensenten in zahlreichen Experimenten widerlegt werden.

Im späten 1. Jahrhundert n.Chr. finden jedoch neue Typen von Maskenhelmen Verbreitung und verdrängen im 2. Jahrhundert die älteren Modelle so gut wie restlos. Auf Grund ihrer viel geringeren Materialstärken und ihrer weit weniger funktionalen Bauweise können sie nur mehr mit großen Einschränkungen als kriegstauglich gelten. Sie sind auch nicht mehr mit normalen Kampfhelmen zu kombinieren, sondern erfordern spezielle Hinterhauptteile. Man wird also von einem Funktionswandel ausgehen dürfen, der aus einer ursprünglich für den Kriegseinsatz bestimmten Schutzwaffe einen reinen oder fast reinen Turnierhelm werden ließ. Eine ähnliche Entwicklung hat beispielsweise auch der mittelalterliche Topfhelm im Laufe des 13.—15. Jahrhunderts durchgemacht.

Stephenson und Dixon nehmen die älteren Typen der Maskenhelme überhaupt nicht zur Kenntnis und ignorieren damit die konstruktive wie die funktionale Entwicklung, welche diese Helme durchgemacht haben.159 Der bedenklosen Integration sämtlicher Bestandteile der »Paraderüstung« in das für den Krieg bestimmte Waffenarsenal ausgerechnet der schweren römischen Kavallerie wird man also nicht zustimmen können.

Unbeachtet lassen die Verfasser auch die ziemlich dürftige Quellenbasis, auf der die Rekonstruktion der mittel- und spätkaiserzeitlichen Panzerreiterei in fast jeder Hinsicht steht. Es entbehrt nämlich nicht der Berechtigung, wenn Mariusz Mielczarek schreibt: »There is no detailed information about the arms and armour of the Roman cataphracti and clibanarii.«160 Und das gilt für die schriftlichen Quellen, die bildlichen Darstellungen und die Bodenfunde gleichermaßen. Auf dieses Defizit und auf den unreflektierten Optimismus vieler Forscher bei der Rekonstruktion der schweren Kavallerie hat besonders eindringlich Ortolf Harl hingewiesen.161 Da bei Stephenson und Dixon die Darstellung der römischen Panzerreiterei in ihrer traditionellen Interpretation breiten Raum einnimmt, während Harl die Annahme, die Kataphrakten und Clibanarier seien auf gepanzerten Rössern in die Schlacht geritten, nicht nur in Zweifel zieht, sondern mit aller Entschiedenheit verwirft, möchte ich auf dieses Thema etwas näher eingehen.162

Antike Historiker wie Polybios, Sallust, Livius und Plutarch erwähnen zwar bei der Schilderung von Ereignissen ab dem frühen 2. Jahrhundert v.Chr. Kataphrakten oder Kataphraktarier (»Gepanzerte«) auf gepanzerten Pferden, doch handelt es sich stets um Angehörige nichtrömischer Reiterverbände der seleukidischen, parthischen und anderer orientalischer Armeen. Besonders einprägsam wird der Einsatz der parthischen Kataphrakten bei Carrhae 53 v.Chr. geschildert, wo sie in Verbindung mit berittenen Bogenschützen wesentlich zur vernichtenden Niederlage des Crassus beitrugen. Es ist daher verblüffend, wenn Harl meint, die Römer seien »erst seit dem 3. Jh. [n.Chr.] an der parthisch-persischen Front in Schwierigkeiten« geraten.163 Die erste römische Kataphrakteneinheit scheint unter Hadrian aufgestellt worden zu sein, doch wissen wir nichts von ihrer Ausrüstung. Da sie sich aus Galliern und Pannoniern zusammensetzte, bringt man sie mehr mit den Kämpfen gegen die Sarmaten im unteren Donauraum in Verbindung als mit denen gegen die Parther im Orient.164 Die sarmatischen Kataphrakten hatten bis an die Knie herabreichende Panzer aus massiven Metall- oder Rohlederschuppen und Spangenhelme, doch keine Schilde, die Angriffswaffen waren eine ca. 5 m lange Lanze und ein Langschwert. Pferdepanzer werden nicht erwähnt, doch nimmt A.E. Negin an, zumindest die Anführer hätten wahrscheinlich Pferdeschutzdecken verwendet.165

Die meisten Erwähnungen von Kataphrakten und den im 3. Jahrhundert n.Chr. erstmals auftauchenden Clibanariern stammen aber aus der Spätantike (Scriptores Historiae Augustae, Nazarius, Ammianus Marcellinus, Heliodor, Iulian Apostata/Libanios, Notitia Dignitatum). Mehrfach wird dargelegt, die Clibanarier seien eine persische Version der Kataphrakten, die von den Römern übernommen worden sei, wobei der Wortlaut dafür zu sprechen scheint, daß es sich um Synonyme für ein und dieselbe Sache handelt.166 Die ausführlichste Beschreibung, die sich bei Heliodor findet, schließt auch die vollständige Panzerung des Pferdes ein, doch gilt sie wieder einem nichtrömischen, in diesem Falle persischen Kavalleristen.167 Die eingehende Schilderung der clibanarii im Gefolge des Kaisers Constantius II. durch Ammianus Marcellinus läßt dagegen die Panzerung der Reittiere unerwähnt.168 Ausdrücklich wird diese für die römische Kavallerie nur von Nazarius169 und Iulian Apostata/Libanios170 bezeugt. Beide wischt Ortolf Harl jedoch mit der Behauptung, es handle sich um panegyrischen »Theaterdonner« ohne Realitätsbezug, vom Tisch.171

Nun entspricht die Einstufung als Panegyrik im literarischen Bereich dem Vorwurf der Idealisierung oder der Befangenheit in Konventionen im bildlichen. Es sind schwammige Begriffe, die stets dann zum Einsatz kommen, wenn man einen lästigen Quellenbeleg weginterpretieren will. Natürlich kann der Einwand, es handle sich um Panegyrik bzw. Idealisierung im Sinne von Topos und stereotyper Wirklichkeitsentstellung, durchaus zutreffend sein und wird auch vom Rezensenten wiederholt eingebracht, doch bedarf es einer konkreten Begründung, wenn er sich als schlagend erweisen soll. Gelingt das nicht, dann liefert er nicht mehr als ein ungesichertes Verdachtsmoment. Im Falle von Harls panegyrischem Pferdepanzer kann der Verdacht noch nicht einmal als ein sehr dringender gelten. Warum sollten die Panegyriker nicht existierende Pferdepanzer beschreiben, womit sie sich beim sachkundigen Teil des Publikums ja nur lächerlich gemacht hätten? Die Vorgänge, die Nazarius schildert,172 hatten sich neun Jahre zuvor in unmittelbarer Nähe Roms abgespielt, die Kavallerie des Maxentius war vor der Schlacht durch die Stadt marschiert, also unter den Augen eines Gutteils der künftigen Leserschaft.

Selbst dem Ammianus Marcellinus, einem Mann mit vielseitiger praktischer Kriegserfahrung173, unterstellt Harl, seine Beschreibungen militärischer Vorgänge seien panegyrische Fabeln, die realienkundlich wertlos seien.174 So übertreibe er hemmungslos das Gewicht der Ausrüstung, das die römischen Clibanarier belastet und zu ihrem Versagen in der Schlacht von Argentorate 357 n.Chr. beigetragen habe. Allerdings gehe aus seinem Bericht eigentlich gar nicht so eindeutig hervor, daß die Pferde gepanzert gewesen seien, lege man die Worte auf die »Goldwaage«, sei das eigentlich sogar ausgeschlossen, denn sonst könnten sich die germanischen Fußkämpfer nicht zwischen die Clibanarier drängen und die Pferde von der Seite her abstechen.175 Dieses praktische Argument verfängt aber keineswegs. Was Ammianus hier schildert, ist dergestalt zu interpretieren, daß sich die feindlichen Infanteristen im allgemeinen Kampfgewühl, in dem den Clibanariern sowohl die Geschlossenheit der Formation als auch die Schnelligkeit der Bewegung verloren gegangen sind, von der Seite unter die Pferde ducken und schräg in den ungeschützten Bauch stechen. Diese Vorgehensweise ist für mehrere antike und mittelalterliche Schlachten bezeugt und richtet sich stets gegen gepanzerte Pferde, denen anders nicht beizukommen ist. So schildert Plutarch ein ganz ähnliches Verfahren, das bei Carrhae die gallischen Hilfstruppen der Römer gegen die parthischen Kataphrakten anwenden, für die es außer Zweifel steht, daß ihre Pferde gepanzert waren.176 Die von Ammianus überlieferte Taktik darf also sogar als ein sicherer Beleg dafür gelten, daß die römischen Clibanarierpferde Panzerung trugen, denn es wäre sonst überflüssig gewesen, diese auch für den Fußkämpfer recht riskante Vorgehensweise zu wählen.

Was bildliche Darstellungen anbetrifft, so hat sich keine einzige erhalten, die einen römischen Kavalleristen auf einem gepanzerten Pferd zeigte. Allenfalls käme ein oft reproduzierter Graffito aus Dura Europos in Frage, auf dem ein von Kopf bis Fuß in einer Mischpanzerung aus Ketten- und Schienenpanzer steckender Lanzenkämpfer zu sehen ist, der auf einem von einer langen mit Schuppenpanzer besetzten Decke geschützten Pferd reitet. Die Darstellung wird jedoch von fast allen Forschern für die eines parthischen oder persischen Panzerreiters gehalten.177 Aber auch die Pferdepanzerung ihrer Gegner blieb mit einer Ausnahme auf den römischen Bildwerken unberücksichtigt. Bei dieser Ausnahme handelt es sich um die Abbildungen berittener sarmatischer (?) Bogenschützen auf der Traianssäule, die, ebenso wie ihre Pferde, vollständig von einer Art Schuppenpanzertrikot bedeckt sind. Das ist in dieser Form natürlich ein Ding der Unmöglichkeit. Ob man daraus den Schluß ziehen muß, der Schöpfer dieser Reliefs habe niemals einen Kataphrakten gesehen,178 bezweifelt der Rezensent. Der Bildhauer handelte hier nicht aus Unkenntnis, sondern aus Stilwollen. Der Körper des Pferdes wie der des Menschen galt dem in griechischer Tradition stehenden Künstler als eine vollendete Schöpfung und ein zentraler Gegenstand seines Schaffens. Einen solchen Körper durch eine amorphe, kaffeewärmerartige Schutzdecke zu verhüllen und damit zu entstellen, kam ihm nicht in den Sinn. So stellte er die Körperformen plastisch in ihrer dynamischen Bewegung dar und begnügte sich damit, die Panzerung als sich elastisch anschmiegende Oberflächenstruktur anzudeuten. Die Reliefs auf dem Sockel zeigen, daß man einzelne unabhängig vom Körper innerhalb eines Trophäenensembles gezeigte Rüstungsteile durchaus realistisch wiederzugeben vermochte. In vergleichbarer Weise sucht man in der klassischen, hellenistischen und der an diesen Vorbildern orientierten römischen Kunst auch vergeblich nach der Wiedergabe am Körper getragener Roßstirnen, obwohl diese sowohl von den Griechen als auch von den Römern verwendet wurden, wie zahlreiche Fundstücke beweisen. Auf Trophäenreliefs wie dem Waffenfries aus Pergamon oder dem Sulla-Denkmal auf dem Capitol gelangten dagegen einzelne Roßstirnen vollkommen realistisch zur Darstellung.

Nach dem Gesagten ist es auch nicht mehr so verwunderlich, daß die Grabreliefs römischer Kataphrakten, von denen fünf bekannt sind,179 so wenig von ihrer unklassischen Ausrüstung zeigen, und zwar gilt das nicht nur für die Pferde, sondern in kaum geringerem Maße auch für die Männer. Diesen Umstand läßt Harl völlig unberücksichtigt, wenn er aus dem Fehlen der Pferdepanzerung auf diesen Reliefs mit zwingender Konsequenz schließen will, eine solche habe nicht existiert. Auf den fünf Reliefs ist zweimal die Lanze abgebildet, einmal der Schild, je einmal kann man mit Sicherheit einen Helm bzw. ein Panzerhemd identifizieren, Harl erkennt mit dem Auge der Liebe noch einen weiteren Helm und einen weiteren Panzer. Damit sind die Kataphrakten, statistisch betrachtet, im Vergleich zu den auf den zahlreichen Grabsteinen normaler Alenkavalleristen des 1. Jahrhunderts n.Chr. abgebildeten Reitern, die sich uns fast ausnahmslos mit Panzer, Helm, Schild, Lanze und Schwert präsentieren, geradezu kümmerlich ausgestattet. Logischerweise müßte Harl hieraus schließen, die spätrömischen Kataphrakten hätten eine wesentlich leichtere Bewaffnung getragen als die equites in der frühen Kaiserzeit. Statt dessen erzählt er uns, sie seien »wegen der wertvollen Ausrüstung ... sehr kostspielig« gewesen,180 und definiert die Waffengattung folgendermaßen: »Kataphraktarier tragen einen besonderen Panzer, einen schweren Helm, einen großen Rundschild und führen eine lange und massive Lanze (das Schwert scheint rechts getragen worden zu sein und ist meist einer Beschädigung zum Opfer gefallen).«181 Mit dieser Beschreibung beweist Harl eine noch um einiges kreativere Phantasie als die von ihm geschmähten Interpreten der »panegyrischen« Texte.

Die eindeutigen Realien der kataphraktischen Ausrüstung, die auf uns gekommen sind, beschränken sich auf die im Turm 19 von Dura Europos gefundenen Pferdeschuppenpanzer. Es handelt sich um drei unvollständige182 Schutzdecken, die zusammengefaltet gelagert waren.183 Da auch andere in dem Turm aufbewahrte Stücke, wie etwa ein bemalter Rechteckschild (scutum), unvollständig waren, geht man davon aus, daß sie auf ihre Reparatur warteten, als die Stadt von den Persern erstürmt wurde.184 Harl, dem originale römische Pferdepanzer natürlich gar nicht ins Konzept passen würden, sieht in ihnen ganz zweifelsfrei Beutestücke: »Da sie, wie zu zeigen versucht wurde, bei den römischen Truppen gar nicht geführt wurden, müssen sie den persischen Gegnern, bei denen es ja Kataphraktarier gab [da gerät der Verfasser mit seiner eigenen Terminologie etwas durcheinander, denn was sind dann die römischen Kataphraktarier gewesen?], abgenommen worden sein.«185 Das kommt nun schon einem Zirkelschluß nahe nach dem Motto, daß nicht sein kann, was nicht sein darf. Einzuräumen ist dem Verfasser jedoch, daß natürlich die Möglichkeit besteht, daß die Panzer persischer Provenienz und als Beutestücke in den Turm gelangt sind. Der Aufbewahrungsort und die Vergesellschaftung mit eindeutig römischen Stücken machen es aber wesentlich wahrscheinlicher, daß es sich um Rüstungsteile der römischen Armee handelt, zumal die Römer, hätten sie über keine entsprechend gerüsteten Truppen verfügt, mit den Panzern ja nichts hätten anfangen können, außer sie für andere Zwecke auszuschlachten.

Nachdem Harl mit dem »Nachweis« der persischen Herkunft der Dura Europos-Schutzdecken endgültig den Stab hat brechen können über all jene, welche dem Irrglauben an die gepanzerten Streitrösser römischer Kataphrakten anhängen, sieht er sich auch berechtigt, »die angeblich praxisnahen Versuche« des Rezensenten ad absurdum zu führen, gingen sie doch »an der einstigen Realität vorbei«, da die fraglichen »Ausrüstungsteile, die nicht nur schwer, sondern auch hinderlich waren, von den Pferden gar nicht getragen worden sind.«186 Er bezieht sich damit auf die vom Rezensenten angestellten Berechnungen zum Gewicht der Kataphraktenrüstung und zu den Konsequenzen, die sich hieraus für die Pferdeausstattung ergeben würden.187 Die aufmerksame Lektüre der von ihm aufs Korn genommenen Texte scheint Harls Stärke allerdings nicht zu sein. Der Rezensent hat nie behauptet, Kataphraktenrüstungen rekonstruiert und praktisch getestet zu haben (so gern er dies täte und vielleicht auch noch tun wird, wenn sich ein Sponsor findet), vielmehr liegen hier ganz simple Berechnungen auf Grund der Größe der Oberfläche, der Zahl und Stärke der Schuppen etc. vor. Diese besitzen Gültigkeit und wären selbst für den Fall, daß die römische Kavallerie keine Pferdepanzer verwendet haben sollte, von Interesse, da sie dann immer noch Licht auf die Ausrüstung ihrer parthischen und persischen Gegner würfen. Daß diese tatsächlich gepanzerte Pferde ritten, leugnet ja selbst Harl nicht, wenn man sich auch fragt, wie die Orientalen bzw. ihre Pferde mit Ausrüstungsteilen, »die nicht nur schwer, sondern auch hinderlich waren«, so sehr viel besser zurandegekommen sein sollen. Aber offensichtlich gelten nach Harl zweierlei Maßstäbe für die Römer und ihre Gegner.

Den absoluten Tiefpunkt der Beweisführung hat der Rezensent für Harl jedoch erreicht, indem jener die Trageweise der in Dura Europos gefundenen Roßharnische »durch einen in Wien aufbewahrten Lederpanzer des Erzherzogs Ferdinand verdeutlicht« sehe: »Unhistorischer kann man eigentlich gar nicht mehr argumentieren.«188 Was Harl unter einer historischen Argumentationsweise versteht, wird leider nicht erklärt, jedenfalls scheinen Analogieschlüsse und Sachkritik so wenig zum Repertoire des Verfassers zu gehören wie die sorgfältige Lektüre von Texten oder gar deren korrekte Interpretation. Der Rezensent zog den erzherzoglichen ledernen Roßharnisch nicht heran, um die Trageweise der Stücke aus Dura Europos zu erläutern – was erstens ganz überflüssig und zum zweiten völlig korrekt gewesen wäre, weil es in solchen Dingen überzeitliche Sachzwänge gibt -, sondern es ging ihm darum, die Verwendung von Pferdekörperschutz aus überwiegend organischen Materialien auch außerhalb der Kataphraktenreiterei zu illustrieren. Daß diese quellenmäßig verbürgt ist, verschweigt Harl nämlich geflissentlich. Xenophon erwähnt Schutzvorrichtungen für Kopf, Brust und Seiten schon in der 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts v.Chr. als etwas ganz Selbstverständliches,189 Arrian schreibt im 2. Jahrhundert n.Chr. in seinem Reitertraktat, bei den Reitermanövern müßten den Pferden nur Roßstirnen zum Schutz der Augen angelegt werden, nicht aber, wie im Ernstfall, Rumpfpanzerung, da man es ja nur mit stumpfen Wurfspeeren zu tun habe.190 Xenophon und Arrian wird man gewiß nicht unterstellen dürfen, praxisferne Panegyriker gewesen zu sein. Wenn nun aber schon in normalen Kavallerieeinheiten Pferdepanzerung nicht unbekannt war, was soll dann an den stets als extrem gut und schwer gepanzert geschilderten Kataphrakteneinheiten noch Besonderes gewesen sein, wenn sie auf völlig ungeschützten Tieren ritten? Die an verschiedenen Orten gefundenen Überreste lederner Pferdepanzer, vor allem Roßstirnen, zeigen, wie man sich den Schutz »normaler« Kavalleriepferde vorzustellen hat.191

Die Annahme, Kataphrakten und Clibanarier seien nichts weiter gewesen »als gepanzerte contarii [Reiter mit langen Lanzen]«192, geht letztlich auf W. Eadies veraltete These zurück, die normale Alenkavallerie habe lediglich Lederkoller gehabt, weshalb schon ein Kettenhemd einen Panzerreiter ausmache.193 Das Besondere der Kataphrakten und Clibanarier könnte nun im Tragen über den Standard hinausgehend schwerer und undurchdringlicher bzw. den ganzen Körper des Mannes bedeckender Panzer bestanden haben, wie das etwa Harl und – auf die Kataphrakten beschränkt – Negin glauben194, oder man dehnt diese Besonderheit, den orientalischen Vorbildern entsprechend, auf die Panzerung des Pferdes aus. Da Körperschutz für die Reittiere der Kavallerie schon vor der Einführung der Kataphrakteneinheiten nicht unbekannt gewesen ist, dürfte es sehr unwahrscheinlich sein, die neue, durch schwerste Panzerung ausgezeichnete Gattung sei ohne eine solche gewesen. Schließlich rühmten sich die Römer ja gerne der Bereitschaft, ihren Gegnern vorteilhafte Praktiken abzuschauen und erfolgreich zu imitieren.195 Da es darum ging, der schweren Panzerreiterei der östlichen Reitervölker etwas Ebenbürtiges entgegenzusetzen, wäre es inkonsequent gewesen, bei einer halben Maßnahme stehenzubleiben und auf die Pferdepanzerung der Vorbilder grundsätzlich zu verzichten.

Ich denke, es wird zu wenig mit der Möglichkeit eines Mischverfahrens gerechnet. Im Hohen und späten Mittelalter waren die Pferde der ritterlichen Reiterei in der Regel nicht durchgehend »gedeckt«. Pferdepanzerung der ein oder anderen Art beschränkte sich gewöhnlich auf die ersten Glieder, dahinter kamen in den tiefen Kolonnen, in denen man zu attackieren pflegte, ungeschützte Pferde. Ähnliches konnte auch für die Ausstattung der Männer gelten. Ein gutes Beispiel bietet hierfür das Fresko Lippo Vannis mit der Darstellung der Schlacht im Val di Chiana im Jahre 1363 in der Sala del Mappomondo des Palazzo Publico von Siena. Auf beiden Seiten tragen die Ritter im ersten Glied, die mit eingelegter Lanze angreifen, den großen Topfhelm über der Beckenhaube ihre Pferde sind gedeckt. Die Männer in den Gliedern dahinter verzichten auf Topfhelm, Lanze und Pferdeschutz, um mit geschwungenem Schwert in die vom ersten Glied gerissenen Breschen einzudringen, im freischwingenden Einzelkampf den Erfolg auszubeuten und die Verfolgung zu übernehmen.196 Ebenso war es im Dreißigjährigen Krieg nicht selten, daß die Reiter der schweren Kavallerieregimenter nur in den vorderen Gliedern den vollen vorschriftsmäßigen Körperschutz trugen, während nach hinten zu die Panzerung immer geringfügiger wurde.197 Die Gründe hierfür waren einerseits logistische und finanzielle Engpässe, zum anderen taktische Zweckmäßigkeit. Der feindlichen Waffenwirkung, vor allem dem Geschoßhagel und den massiven Lanzenstößen im ersten Anprall, waren nur die vordersten Männer und Pferde ausgesetzt. Für die nach dem Zusammenstoß vorquellenden Reiter der hinteren Glieder reichte leichtere Panzerung, Wendigkeit war wichtiger für sie als extremer Schutz. Ähnliches traf grundsätzlich auch für die antiken Panzerreiter zu.

Auch muß man mit Verschiebungen in der Nomenklatur und in der realen Bedeutung überkommener Bezeichnungen rechnen. »Kataphrakt« mag im 4. Jahrhundert etwas erheblich anderes gemeint haben als im 2. Namen werden, dem ausgeprägten Traditionsbewußtsein stehenden Militärs entsprechend vielfach fortgeschleppt, auch wenn der ursprüngliche Charakter der Truppengattung sich grundlegend verändert hat. Dabei läßt sich beobachten, daß die »ranghöhere« Bezeichnung die »rangniedrigere« zu überlagern bzw. zu verdrängen pflegt.198 Nehmen wir den Kürassier, die schwerste neuzeitliche Kavalleriegattung, als Beispiel.199 Der Begriff leitet sich von cuir, dem französischen Wort für Leder her. Man meinte damit im 13. und 14. Jahrhundert versteifende Elemente aus gekocht modelliertem, nach Erkalten hart gewordenen Leder (cuir boulli), die zur Verstärkung des elastischen Kettenpanzers an besonders gefährdeten Körperteilen getragen wurden. Als man im späten 14. Jahrhundert das Leder zusehends durch getriebenes Stahlblech ersetzte und daraus in zunehmender Perfektion den vollständigen Plattenharnisch schuf, wurde das Wort beibehalten. Von dem Cuirass/Küriß der späten Ritterzeit ging die Bezeichnung auf eine der beiden relativ schwerste gepanzerten Reitergattungen des späten 16., frühen 17. Jahrhunderts über. Während man die mit der Lanze kämpfenden Kavalleristen Lanzierer nannte, belegte man die ansonsten identischen, aber der Lanze entbehrenden Reiter mit dem Namen Cuirassier/Kürißer. Beide trugen zunächst Dreiviertelharnische mit Visierhelmen. Im Laufe des Dreißigjährigen Krieges verschwanden die Lanzierer vollständig und die Kürassiere reduzierten ihre Panzerung immer mehr, bis nur mehr Helm, Brust- und Rückenplatte übrigblieben. Damit entsprach ihre Schutzrüstung derjenigen, welche die unter dem Namen »Arkebusiere« bekannte leichte Kavallerie am Anfang des Krieges getragen hatte.200 Die Bezeichnung »Arkebusiere« verschwand nun, die Kürassiere, die eine höhere Reputation besaßen, blieben bestehen. Im 18. Jahrhundert verringerte man die Panzerung in den meisten Armeen schließlich auf die Brustplatte und selbst diese kam Ende des Jahrhunderts vielfach in Fortfall, doch der Name »Kürassier« wurde beibehalten. In napoleonischer Zeit ging man wieder zu stärkerer Panzerung aus Helm, Brust- und Rückenplatte über, die man Ende des 19. Jahrhunderts in manchen Streitkräften wieder ablegte. All diese Versuche spiegeln sich aber nicht in der offiziellen Nomenklatur.201 Daß es in der Antike ähnliche Verhältnisse gab, beweist etwa der Umstand, daß die als »hastati« bezeichneten, das 1. Treffen der Legion bildenden Männer in der Mitte des 2. Jahrhunderts v.Chr. nicht mehr die Lanze (hasta) führten, die sie ursprünglich wohl gehabt hatten, sonder nden schweren Wurfspeer (pilum), während die im 3. Treffen stehenden triarii tatsächlich mit der hasta bewaffnet waren.202

Umstritten bis auf den heutigen Tag ist die Frage, ob es zwischen den römischen Kataphrakten und Clibanariern einen nennenswerten Unterschied in waffentechnischer oder taktischer Hinsicht gab. Einige Forscher stellen sich vor, in den Kataphrakteneinheiten seien zwar die Männer schwergepanzert gewesen, nicht aber die Pferde, während bei den Clibanariern auch die Tiere Körperschutz getragen hätten.203 Andere halten dagegen die beiden Gattungen für austauschbar.204 Harl vertritt letzteren Standpunkt, findet aber den Ansatz von Mariusz Mielczarek erwägenswert, ausrüstungsmäßig habe zwar kein Unterschied bestanden, wohl aber in taktischer Hinsicht: »Die Idee hat jedenfalls für sich, daß sie mit den vorhandenen Inschriften und Bildern nicht widerlegt werden kann.«205 Nach Mielczarek ließen sich viele antike Autoren allzusehr vom imposanten Erscheinungsbild der Panzerreiter blenden und konzentrierten sich übermäßig auf die Ausrüstung, statt der Fechtweise und den taktischen Einsatzformen die gebührende Beachtung zu schenken, worin ihnen die Masse der modernen Forscher kritiklos gefolgt ist.206 Indes: »Not the equipment but the tactics was important.«207

Als Hauptwaffe führten Mielczarek zufolge beide Gattungen den contus, doch in sehr unterschiedlicher Weise. Diese ca. 5 m lange Lanze sei in der Nachfolge der makedonischen sarissa gestanden und dürfe als Antwort des Ostens auf die spießstarrende Phalanx der Infanterie gelten.208 Tatsächlich habe die Hauptfunktion der Kataphrakten in der direkten Attacke auf geschlossenes Fußvolk bestanden, da sie mit der langen Lanze eine vergleichbare oder sogar überlegene Reichweite gegenüber den Stangenwaffen der Infanterie erzielen konnten.209 Zu diesem Zweck habe der Kataphrakt, gleich dem makedonischen Kavalleristen, den contus mit der rechten Hand im Schwerpunkt, also in der Mitte, gehalten und ihn mit senkrecht nach unten gestrecktem Arm tief entlang der rechten Seite des Pferdes horizontal gegen den Feind gerichtet. Mielczarek übersieht hierbei freilich, daß bei dieser Einsatzweise die große Reichweite der Waffe weitgehend verlorengeht. Die Spitze ragt nur 2,5 vor die Faust des Reiters und keine 1,5 m vor den Kopf des Pferdes. Dementsprechend trifft selbst ein mittellanger Infanteriespieß das Reittier an Kopf, Hals oder Brust, noch bevor der contus seine Wirkung tun kann. Aber lassen wir das beiseite und folgen wir weiter Mielczareks Thesen. Die Kataphraktarier attackierten diesen zufolge in homogen aus gleichartig bewaffneten Reitern zusammengesetzten Kolonnen mit geradliniger Front. Taktisches Zusammenwirken mit anderen Truppengattungen, etwa Schützen zu Pferd oder zu Fuß, erfolgte in separaten Formationen.

Die Clibanarier dagegen sollen den contus mit beiden Händen am hinteren Schaftende ergriffen und leicht diagonal über den Vorderzwiesel nach links vorne gehalten haben. Normalerweise seien sie nicht gegen Infanterie, sondern gegen Kavallerie eingesetzt worden. Eine keilförmige Aufstellung sei die Regel gewesen, wobei die Panzerreiter die Spitze der Formation bildeten, während auf den zurückgezogenen Flügeln leichter bewaffnete berittene Bogenschützen folgten, die durch ihren Pfeilbeschuß den Einbruch der Clibanarier unterstützen sollten.210

Mit dem beidhändig am Schaftende geführten contus ließ sich die Reichweite der Waffe wesentlich besser ausnutzen als mit der oben beschriebenen einhändigen Methode. Man fragt sich daher, warum man nicht ebenso gegen Infanterie vorgegangen sein soll. Sowohl die Sarmaten als auch die Parther und Perser benutzten den contus auf diese Weise, wie zahlreiche Darstellungen beweisen. Praktische Versuche des Rezensenten bestätigten die vielseitige Einsetzbarkeit des beidhändig gehandhabten contus gleichfalls: »Der Stoß wurde gewöhnlich mit beiden Händen von der Hüfte aus geführt und sollte die ganze Wucht des anrennenden Pferdes ausnützen ... Indem er den contus mit beiden Händen dirigierte, konnte der Lanzenreiter mit größerer Sicherheit zielen, vermochte auch nach den Seiten und nach hinten zu stoßen, und er konnte, ähnlich wie beim Bajonettfechten, mit der Waffe parieren. Vor allem aber war es ihm möglich, die Lanze ganz am hinteren Ende zu packen und so den erheblichen Verlust an Reichweite zu vermeiden, der mit allen anderen Stoßarten verbunden ist ... Mit dem contus läßt sich ein nicht weniger wuchtiger Stoß ausführen als mit der eingelegten Lanze [des mittelalterlichen Ritters], der Nachteil ist nur, daß die beidhändige Handhabung der Waffe den Gebrauch des Zügels im entscheidenden Moment etwas einschränkt. Trotzdem ist der Einsatz des contus unter den beide Hände in Anspruch nehmenden Fechtarten der antiken Kavallerie – Waffe und Schild, Pfeil und Bogen, mit beiden Händen geführte Stoßlanze – noch die am leichtesten zu bewerkstelligende, da die linke Hand nicht durch einen schweren Schild belastet wird und es auch nicht erforderlich ist, wie beim Bogenschießen, den Zügel für Augenblicke so gut wie völlig hinzugeben. Der contus wird normalerweise mit der rechten Hand ganz hinten am Schaftende und mit der linken etwa 1 m weiter vorn gefaßt, in der letzteren hält der Reiter auch die Zügel. Es ist daher nicht allzu schwierig, Lanze und Pferd gleichzeitig zu dirigieren, zumal da die Spitze der Waffe gewöhnlich in die Richtung weist, in die das Pferd laufen soll. Auf den ersten Blick mag es verwunderlich erscheinen, daß mit der um die 6 m langen makedonischen Sarissa der beidhändige Stoß, der hier eine effektive Reichweite von 4—5 m erbracht hätte, nicht angewandt worden zu sein scheint. Der praktische Versuch zeigt jedoch, daß eine so lange und schwere [zudem vibrierende] Waffe in dieser Weise nicht mehr dirigiert werden kann. Meiner Erfahrung nach liegt die Höchstgrenze der für diese Einsatzweise in Frage kommenden Lanzenlänge bei 4,5 m, also bei der maximalen Länge eines contus. Will man eine noch längere Waffe benutzen, muß man den Schaft im Schwerpunkt ergreifen und dadurch die Reichweite fast um die Hälfte verringern, dafür behält man die linke Hand frei.«211

Mit diesem ausführlichen Zitat soll gezeigt werden, daß auf dem praktischen Experiment beruhende Sachkritik zu detaillierten, präzisen Ergebnissen führt, zu denen man auf dem Weg der rein spekulativen Forschung nie gelangen kann. Darunter leiden auch die kenntnisreichen Untersuchungen von Mielczarek. Völlig unrealistisch ist auch seine Annahme, zumindest die frühen Kataphrakten hätten außer dem contus keinerlei Waffen besessen, vor allem kein Schwert.212 Die Lanze, gleichgültig wie sie geführt wird, ist eine Waffe für den Ansturm und den Einbruch. Dabei verbraucht sie sich schon in vielen Fällen, indem sie abbricht, durch die Wucht des Aufschlages aus der Hand gerissen wird oder so tief in den Körper des Feindes eindringt, daß man sie nicht schnell herausziehen kann und sie daher fallen lassen muß. Kommt es nach dem Einbruch zu Getümmel und Handgemenge, fehlt es gerade für eine sehr lange Lanze am nötigen Raum, um sie zum Einsatz bringen zu können, zumal auch das Pferd seine Geschwindigkeit eingebüßt hat. Der Reiter kann daher, soll er nicht wehrlos werden, unmöglich einer für Hieb und Stich auf kurze Entfernung verwendbaren Zweitwaffe entbehren.

Das Zusammenwirken von schweren Lanzenreitern und leichten berittenen Bogenschützen innerhalb einer geschlossenen Formation würde auch schwerlich sämtliche Vorteile der Kavallerie zugleich zur Geltung bringen, wie Mielczarek sich das vorstellt.213 Entweder halten die Bogenschützen den Kontakt mit der von den Clibanariern gebildeten Spitze aufrecht und folgen deren notwendigerweise sehr raschem Ansturm, wobei sie zu nur sehr wenigen, schlecht gezielten Schüssen kämen, bevor sie selbst die feindliche Front erreichten und mit ihrer wenig geeigneten Ausrüstung in den Nahkampf eintreten müßten, oder sie bleiben zurück, um den Beschuß aufrechtzuerhalten, wodurch der Kontakt zu den Panzerreitern verlorenginge, ganz abgesehen davon, daß sie trotzdem bald mit dem Schießen aufhören müßten, da sie in dem bei und nach dem Einbruch der Clibanarier beginnenden Getümmel Freund und Feind gleichermaßen gefährden würden. Ohne Zweifel ist der Einsatz in sich geschlossener, getrennt auftretender, wenn auch eng zusammenarbeitender Formationen von Panzerreitern und berittenen Bogenschützen die bei weitem vorzuziehende Verfahrensweise und entspricht auch der zu allen Zeiten angewandten Taktik berittener Großverbände. Möchte man den schweren Kavallerieeinheiten gleichfalls eine gewisse Fähigkeit zum selbständigen Ferngefecht verleihen, dann ist es gewiß besser, sie selbst zusätzlich mit Schußwaffen zu versehen, statt sie mit leichtbewaffneten Bogenschützen zu untermischen, da deren Einsatz ganz anderen Prinzipien unterliegt. Der schwergerüstete Reiter, der wahlweise mit Lanze, Schwert und Bogen kämpfen kann, ist eine im Orient häufig vorkommende vielseitige Kavalleriegattung.

Ich halte daher Mielczareks etwas willkürlich aus den Quellen herausinterpretierten Ansatz, die Verwendungsweise der Lanze, die Ausrichtung auf einen bestimmten Gegner und die Wahl einer stereotypen Formation zum Kriterium für die Unterscheidung zweier Kavalleriegattungen zu machen, für verfehlt. Zwar hat es immer taktische Spezialisierungen innerhalb der berittenen Truppen gegeben – schwere Schockkavallerie für den Durchbruch, leichte berittene Schützen für Schwärmattacken und Kleinkrieg, berittene Infanterie -, die sich auch in der Schaffung bestimmter Gattungen wie Kürassiere, Husaren, Dragoner niederschlug, doch konnten sie nie so einseitig auf beschränkte Aufgabenstellungen und taktische Methoden festgelegt werden, wie Mielczarek das will. So muß etwa schwere Kavallerie immer gegen berittene und gegen zu Fuß kämpfende Gegner gleichermaßen einsetzbar sein, da sich die taktischen Situationen gerade im Reitergefecht blitzartig ändern können. Das gilt natürlich auch für die einander so ähnlichen, wenn nicht geradezu identischen Kataphrakten und Clibanarier. Dementsprechend hat man ohne Zweifel jeden Kavalleristen in allem Möglichkeiten, seine Waffe einzusetzen, intensiv ausgebildet. Mit Recht bilden Stephenson und Dixon Zeichnungen ab, die acht verschiedene Methoden zeigen, in denen ein Reiter eine Lanze oder einen Speer fassen und einsetzen kann,214 und halten die meisten von ihnen auch für den contus für verwendbar. Überhaupt betonen die beiden Forscher die Vielseitigkeit der römischen Kavallerie, selbst der Einsatz im Fußgefecht sei jederzeit denkbar gewesen.215 In der Tat schildert Flavius Josephus sogar, wie abgesessene, von Kopf bis Fuß gepanzerte Elitereiter den Stoßtrupp bei der Erstürmung einer Festungsbresche bilden.216 So kann Mordechai Gichon die römische Kavallerie des späten 1. Jahrhunderts n.Chr. eine entscheidende Vielzweckwaffe und die vielseitigste aller Waffengattungen nennen.217 Zweifellos waren die Kataphrakten und Clibanarier in weit höherem Maße spezialisiert als die hier gemeinte Standardkavallerie, doch können auch sie nicht jeder taktischen Flexibilität entbehrt haben.

Um abschließend zum Buch von Stephenson und Dixon zurückzukehren, bleiben noch einige Kleinigkeiten anzumerken. So wird man der generellen Behauptung, den Panzer nicht durchschlagende Waffen würden Prellverletzungen verursachen, die ebenso tödlich seien wie tief in den Körper eindringende Verwundungen,218 gewiß den Glauben versagen müssen – natürlich trifft in wenigstens 90 % der Fälle das glatte Gegenteil zu. Eine Statistik, der zufolge die römischen Reiter mit ihren leichten Wurfspeeren mit jedem zehnten Wurf einen tödlichen Treffer erzielt hätten,219 stellt zweifellos eine völlig unrealistische Übertreibung dar. Selbst wenn man die – sehr viel zahlreicheren – nicht tödlichen Verwundungen einbezieht, ist nicht im entferntesten mit einer solchen Ausbeute zu rechnen, falls der Gegner zumindest Schilde hatte, wovon ja so gut wie immer auszugehen ist. Kompositbögen bestanden nicht aus Holz, Sehnen, Horn »oder«Bein220. Das Horn ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Konstruktion und keine Alternative zu Bein. Letzteres fand nur bei bestimmten Bogentypen als Endversteifung Verwendung. Wie der praktische Versuch lehrt, trifft es nicht zu, daß die zweiteiligen römischen Beinschienen die Bewegungsfreiheit so einschränken, daß man sie erst nach dem Aufsitzen anlegen kann.221 Daß man mit einem Schwerthieb einen Metallhelm von auch nur einigermaßen ernstzunehmender Qualität samt dem darunter befindlichen Schädel zu spalten vermag, wie man das auf manchen mittelalterlichen Miniaturen sehen kann, ist völlig ausgeschlossen.222 Das in der frühen Kaiserzeit eingeführte Langschwert (spatha) der römischen Kavallerie darf nicht als eine Übernahme der spätkeltischen Hiebschwerter gelten,223 sondern als eine verlängerte Version der gleichzeitigen römischen Infanterieschwerter vom Typus Pompeii. Das zeigen nicht nur die Gestaltung von Griff und Scheide, sondern auch der Umstand, daß sie mit Spitzen ausgestattete schmälere und kürzere Klingen haben als die völlig spitzenlosen keltischen Schwerter und primär ganz offensichtlich für den Stich konstruiert sind.

Wird fortgesetzt.
Marcus Junkelmann,Schloß Ratzenhofen
Marcus Junkelmann




1 The Roman Saddle, in: M. Dawson, Roman Military Equipment. The Accoutrements of War (British Archaeological Reports, International Series 336), Oxford 1987, 7—27; Tiberius Claudius Maximus – The Cavalryman, Oxford 1988; zusammen mit Carol van Driel-Murray, The Roman Cavalry Saddle, Britannia 22 (1991), 33—50.

2 Equus. The Horse in the Roman World. London 1990.

3 The Roman Cavalry. From the First to the Third Century A.D. London 1992.

4 Die Reiter Roms, Bde., Mainz 1990—1992; Rezensionen von Ann Hyland, Equus, und Dixon/Southern, The Roman Cavalry, Bonner Jahrbücher 192, 1992, 663—667, und 193, 1993, 486—488.

5 Cataphracti and Clibanarii. Studies on the Heavy Armoured Cavalry of the Ancient World. Lódź 1993.

6 Die Kataphraktarier im römischen Heer – Panegyrik und Realität, Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 43, 1996, 601—627.

7 Sarmatian Cataphracts as Prototypes for Roman equites cataphractarii, Journal of Roman Military Equipment Studies 9, 1998, 65—75.

8 Training the Roman Cavalry. From Arrian’s »Ars Tactica«, Stroud 1993.

9 Reiter wie Statuen aus Erz. Römische Paraderüstungen. Mainz 1996.

10 The Medieval Warhorse. Origin, Development and Redevelopment., London/ New York 1989.

11 The Medieval Warhorse from Byzantium to the Crusades. Stroud 1994.

12 John Clark (Hrsg.): The Medieval Horse and its Equipment, c. 1150—c. 1450 (Medieval Finds from Excavations in London 5). London 1995.

13 Bde. 38—40.

14 Die konkrete Besprechung des Coburger Materials beschränkt sich auf 129 von 282 Seiten. Dies schließt einen als Anhang gebotenen Katalog (S. 255—279) ein.

15 Die Verzeichnisse umfassen insgesamt acht unvollständige Seiten, wobei viele Titel mehrfach aufgeführt werden.

16 Einbandrückseite.

17 S. 160.

18 In reichlich widersprüchlicher Weise wendet sich Gelbhaar zwischendurch (S. 19, 75ff., 159) selbst dagegen, moderne reiterische Vorstellungen zum Maßstab der Beurteilung historischer Reitstile zu machen.

19 S. 8.

20 Junkelmann, Die Reiter Roms (siehe Anm. 4), Bd. 3, S. 15.

21 Gelbhaar S. 9.

22 Ebda. S. 8.

23 Junkelmann, Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 16.

24 Gelbhaar S. 19.

25 Junkelmann, Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 21—23.

26 Gelbhaar, S. 26f.

27 Ebda. S. 76.

28 Junkelmann, Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 23.

29 Gelbhaar S. 28.

30 Eigenem mündlichen und brieflichen Eingeständnis (Brief vom 29.7.2001) nach ist Gelbhaar niemals mit einer rekonstruierten römischen oder mittelalterlichen Hebelstangentrense geritten.

31 Gelbhaar S. 27.

32 Junkelmann, Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, Abb. 27 und 84. Die Tatsache, daß die Kinnbügel der Metallzäume eine Einbuchtung besitzen, die nur damit zu erklären ist, daß hier ein starres Gebiß eingefügt wurde, ignoriert Gelbhaar gleichfalls.

33 Daß die Verstellbarkeit notwendig gewesen sei, um die Kinnstange, die nach Gelbhaar lediglich ein Abstandshalter war, der Position des unterschiedlich hoch verschnallten Gebisses anzupassen, ist eine völlig praxisferne Konstruktion. Merkwürdigerweise schildert Gelbhaar die Funktion der Kinnstangen bei hochmittelalterlichen Kandaren gerade so, wie der Rezensent das bei den römischen Vorläufern getan hat: »Verbindendes typologisches Element der Hebelstangengebisse des 13.—14. Jh. sind die noch relativ kurzen, geraden Unterbäume, die beweglich oder fest sein können, die verbindenden, recht massiven Stange an Stelle der später üblich gewordenen Ketten [!] ...« Gelbhaar, S. 31. Ann Hyland, eine sehr erfahrene Western-Reiterin, kommt bei ihrer Rekonstruktion der römischen Kandare gleichfalls zu dem Schluß, daß die die Bäume verbindende Stange (»crush bar«) die Funktion der späteren Kinnkette zu erfüllen hatte, und fand das Gebiß im praktischen Versuch vollkommen funktional, wenn auch streng (The Action of the Newstead Cavalry Bit, Journal of Roman Military Equipment Studies 1, 1990, 67—72).

34 Siehe die in der Zeitschrift Cavallo 2004/5, S. 16—29 veröffentlichten Versuchsergebnisse. Gelbhaar schreibt selber sehr richtig: »Normalerweise ist jedoch die einhändige Zügelführung mit scharfen Gebissen, die aber auf den Zugkontakt im Maul weitestgehend verzichtet, humaner als eine Wassertrense, an der ständig mit beiden Händen herumgeriegelt wird.« (S. 17) Man fragt sich dann nur, warum der Verfasser dann trotzdem fortwährend mit Ausdrücken wie »scheußlich«, »tierquälerisch«, »sadistisch« und »unmenschlich« um sich wirft, wenn er scharfe Gebisse beschreibt, von denen er genau wissen müßte, daß sie einhändig und ohne ständigen Zügelkontakt eingesetzt wurden.

35 Gelbhaar S. 25.

36 So geht aus Xenophons berühmter Reitlehre eindeutig hervor, daß man im Einsatz der Gebisse sehr wohl sensibel zu nuancieren verstand: »Zunächst sollen wir wenigstens zwei Gebisse haben. Das eine soll glatt und mit ziemlich großen Scheiben versehen sein, das andere aber kleinere Scheiben und mit Stacheln versehene Walzen haben, die dem Pferd unangenehm sind und es veranlassen, das Mundstück lose im Maul zu halten. Wird dagegen mit dem glatten Gebiß geritten, soll sich das Pferd über die Glätte freuen und sich ebenso verhalten, wie es das mit dem scharfen Mundstück gelernt hat ... Man kann aber auch mit dem scharfen Gebiß flexibel umgehen, indem man manchmal mit den Zügeln nachgibt, manchmal die Zügel annimmt ... Man darf nicht zu scharf im Maul reißen, sonst schlägt das Pferd mit dem Kopf, nimmt man aber den Zügel zu leicht an, merkt das Pferd nichts. Wenn es unter dem Zügelzug den Nacken hochnimmt, dann muß man sofort mit den Zügeln nachgeben und das Tier – wie bei jeder entsprechenden Gelegenheit – für seinen Gehorsam loben. Die Wichtigkeit dieser erzieherischen Maßnahme betone ich immer wieder.« (Perì hippikês 10, 6ff.).

37 Ebda. 7, 6.

38 Gelbhaar S. 78.

39 Ann Hyland, Equus, (wie Anm. 2), nach S. 146, Legende zu Abb. 7; Gelbhaar, briefliche Mitteilung vom 5.9.2001.

40 Akademische Reitkunst. Eine Reitlehre für anspruchsvolle Freizeitreiter, Cadmos² 1999 (1996), S. 8.

41 Ebda. Siehe auch unten Anm. 64.

42 Gelbhaar S. 30. Zur Größe der Ritterpferde siehe unten.

43 Ebda.

44 Normalerweise versteht man unter »Stuhlsitz« eine Position mit horizontal vorgestrecktem Oberschenkel und vom Knie abwärts vertikal nach unten abgewinkeltem Bein. Der Ritter preßte sich dagegen mit diagonal durchgestreckten Beinen mit dem Gesäß gegen den Hinterzwiesel.

45 Gelbhaar S. 81. Merkwürdigerweise läßt Gelbhaar den Ritter in vollem Galopp vor dem Aufprall auf den Gegner die Zügel schießen und damit gerade im entscheidenden Moment jede Kontrolle über das Pferd aufgeben: »Dabei ließ man die Zügel lang, man dürfte sie meistens ›verhängt<, d.h. über den Vorderzwiesel geworfen haben.« (ebda.) So etwas macht man aber nur mit einem Verlaßpferd. Außerdem besteht keine Notwendigkeit hierfür, da die linke Hand für keine neue Aufgabe gebraucht wird.

46 Ebda. Wie sich Gelbhaar diese »Gewaltmittel« vorstellt, kann man gleich dem nächsten Absatz entnehmen: »Etliche besonders scheußliche Verfahren dieser Art stellt Baucher (Dictionnaire d’equitation, 1840, 78f.) als besonders verwerfliche Beispiele einer vergangenen Epoche vor, vor deren Anwendung man sich hüten sollte. Auszugsweise seien hier genannt: ein durchgehendes Pferd mit Hieben auf den Kopf bewußtlos schlagen, gegen eine Mauer, Tür oder gegen einen Strick rennen lassen, der in Brusthöhe ausgespannt ist, alternativ dazu ihm die Sporen so lange in die Flanken zu stechen, ›bis es atemlos vor Ermüdung und Erschöpfung hinstürze.< Ein widersetzliches Pferd kann man ›in einen Abgrund stürze‹ oder dem Hengst ›um das Geschröt‹, d.h. um die Hoden eine Schnur binden. ›Unbarmherzige Schläge‹ und sog. ›Esbrillade‹, d.h. ruckartiges, einseitiges Reißen am Gebiß, heutigentags als ›Insterburger‹ bekannt, gehören selbstverständlich auch dazu.« Man sollte nun meinen, ein in Quellen- und Sachkritik erfahrener Autor überziehe Bauchers Traktat mit Hohn und Spott und kennzeichne es als das, was es ist, nämlich ein Greuelmärchen, das sich ein Autor des aufgeklärten 19. Jahrhunderts über das mehr als finstere Mittelalter ausgedacht hat. Aber weit gefehlt! Gelbhaar kommentiert vielmehr bestätigend: »Es ist auch sehr einfach einzusehen, daß bei einer derartigen Form der Pferdebehandlung harte Gebisse dringend benötigt wurden.« Das Zeitalter der Ketzerverfolgung und Hexenverbrennung habe eben »einem anderen Geist« angehört, der sich in einer generellen Brutalität gegenüber Mensch und Tier niedergeschlagen habe (S. 81f.). Daß der Reiter bei einigen der geschilderten Praktiken sein Pferd schwer verletzt, wenn nicht getötet und damit auch gegen seine eigenen Interessen verstossen hätte, kann man so aber kaum plausibel machen.

47 Ebda. S. 101. Er fährt dann verwirrenderweise fort: »Diese Einstellung zum Tier wandelte sich mit der Zeit immer mehr, die rohesten und gleichgültigsten Behandlungsmethoden finden sich im späten 16. Jh. ...« Nachdem er einige Seiten zuvor die ganze ritterliche Reitweise pauschal als tierquälerisch und unreiterlich abqualifiziert hat, verschiebt Gelbhaar jetzt plötzlich ohne irgendeine Erklärung die Brutalisierung im Verhältnis Reiter-Tier in die Spätrenaissance, also in eine Zeit, in der das Rittertum bereits niedergegangen war und die von Gelbhaar hochgepriesene akademische Reitkunst um sich griff!

48 So S. 31 (kleine, aber scharfe Zäume des 14. Jahrhunderts »für Kleinpferde und Ponys des ritterlichen Nachwuchses«) und 59 (»Jagdpferde«). Tatsächlich lassen die Größen von Gebissen und Hufeisen nur recht vage Rückschlüsse auf die Widerristhöhen der Pferde zu, da Tiere von gleichem Stockmaß sehr unterschiedlich große Hufe und Mäuler haben können. »Horseshoes, applied directly to a part of the horse’s anatomy, should theoretically give a reliable indication of size – though only that of the foot, and the size of a horse’s foot, like that of its jaw, gives no more than a general indication of its overall dimension.« (John Clark in: Ders. [Hrsg.], The Medieval Horse, wie Anm. 12, S. 28). Ganz ähnlich schreibt Ann Hyland, The Medieval Warhorse (wie Anm. 11), S. 17f., über die Gebisse: »The size of the bit cannot be taken as an accurate indication of the size of the horses ... A 5 ½ in (140 mm) bit can be a perfect fit both for a 14.3 hh [149,8 cm] horse and for a 16.1 hand [165,1 cm] animal.« Ein singuläres Gebiß mit einer Weite von 15 cm in der Coburger Sammlung, das Gelbhaar als Nachweis für seine riesigen Ritterpferde anführt (S. 59—61), hat zwar gewiß keinem kleinen Tier gehört, doch muß dieses keineswegs mehr als 155 cm gemessen haben. Die allermeisten der Coburger Stücke liegen aber bei 12—13 cm Gebißweite (S. 59, 255—266). Wenngleich es also nicht möglich ist, auf Grund der Realien zu präzisen Größenberechnungen zu gelangen, so gibt die Häufung innerhalb bestimmter Größenbereiche doch Hinweise auf die allgemeine Tendenz. Bei den mittelalterlichen Gebissen und Hufeisen ist diese Tendenz eindeutig, wie John Clark, The Medieval Horse, (wie Anm. 12, S. 28) an Hand der letzteren darlegt: »If only the largest of medieval horseshoes would fit an average modern horse, it may be safe to conclude that the great majority of medieval horses did not reach the sort of 15 hands height [152,4 cm) and proportionate bulk that is today expected of an ordinary riding horse – a conclusion similar to our deductions from documentary and pictorial evidence and consistent with the data derived from skeletal remains. Most medieval horses were in modern terms decidedly small.«

49 Siehe etwa Urs Alfred Müller-Lhotska: Das Pferd in der Schweiz von der Prähistorie bis zum ausgehenden Mittelalter. Diss. Zürich 1984. Das von ihm angeführte Knochenmaterial von 17 hoch- und spätmittelalterlichen Fundstellen in der Schweiz und in Mitteleuropa enthält unter ca. 40 Individuen nur in vier Fällen Überreste von Tieren, die über der Obergrenze des Ponymasses (147,3 cm) lagen, von denen aber keines nennenswert über 150 cm gemessen haben dürfte. 75 % der Knochen stammten von Pferden, die weniger als 140 cm groß waren (S. 253—257). Zwar wissen wir nicht, welchen Zwecken die gefundenen Tiere gedient hatten, doch da die Mehrzahl von ihnen in Burgställen ausgegraben wurden, ist es unwahrscheinlich, daß sich unter ihnen gar keine Kampfpferde befanden. D James Rackham stellt unter den in London gefundenen Skelettresten eine große Bandbreite fest, die von 10 hands (101,60 cm) bis zu annähernd 16 hands (162,56 cm) reiche, doch falle die Masse der Tiere in den Bereich zwischen 12 ½ und 15 hands (126—152,4 cm).

50 Gelbhaar S. 30. Auch das Ardenner und das Brabanter Kaltblut sowie der Friese sollen damals als ritterliche Streitrösser gezüchtet worden sein, wobei sich Gelbhaar auf »die Angaben der Zuchtverbände« beruft (ebda.). Was letztere anbetrifft, so haben sie bekanntlich den Quellenwert von Märchenbüchern. Der große schwere Kaltblüter ist ein Produkt zielgerichteter Züchtung des 19. und vor allem der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Zwecke des Lastenziehens. Noch im 17. und 18. Jahrhundert maßen etwa die Zugpferde der französischen Artillerie nur 130—145 cm (J. Spruytte: Early Harness Systems: Experimental Studies. Contribution to the History of the Horse. London 1983, S. 108—111).

51 Brief vom 15.8.2001.

52 Junkelmann, Die Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, Abb. 141, 183—186. Die Fragmente zweier einteiliger bronzener Roßstirnen, aus Neuß und aus Nijmegen, die in ihrer Konstruktion gleichfalls den spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Roßstirnen ähneln, haben Stirnbreiten von 30 und 32 cm. Da die unteren Partien in beiden Fällen abgehen, läßt sich keine exakte Länge angeben, doch dürfte sie bei 55—60 cm gelegen sein (Jochen Garbsch: Römische Paraderüstungen. Katalog der Ausstellung. München 1978, S. 85, Nr. S1, Tafel 44; Junkelmann, Reiter wie Statuen aus Erz [wie Anm. 9], S. 99, Nr. S28). - Bei den genannten Experimenten wurden Camarguepferde verwendet, was den Widerspruch Gelbhaars fand: »Der Größenvergleich mit gleichzeitig auf den Grabstelen abgebildeten Reitknechten (calones) legt eine Widerristhöhe von ca. 150 cm nahe. Sicherlich unrichtig ist dagegen die rekonstruktive Verwendung des wesentlich kleineren, viel eher im Ponytyp stehenden Camarguepferdes, die Junkelmann vorschlägt ...« Gelbhaar S. 183. Das römische Kavalleriepferd ist aber durch die sicherste Quelle, nämlich eine Fülle eindeutig von Kampfpferden stammender Skelettfunde, in seiner Größe und seinen Proportionen dermaßen gut bekannt, daß sich jede Diskussion erübrigt (Junkelmann, Die Reiter Roms [wie Anm. 4], Bd. 1, S. 38—44, 250—253). Es kamen zwar durchaus Tiere von 150 cm und leicht darüber vor, die große Masse fiel aber in den Bereich 135—150 cm mit einem Mittelwert bei 142—143 cm. Leider hat Gelbhaar auch hier das osteologische Material völlig ignoriert.

53 How Great Was the »Great Horse«? A Reassessment of the Evidence, in: M. A. Littauer, J. H. Crouwel, Selected Writings on Chariots and Other Early Vehicles, Riding and Harness, hrsg. von Peter Rauhwing, Leiden u.a. 2002, S. 452—459 (ursprünglich in: Light Horse 13/144 [1963], 350—352). Hier: S. 455. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangen John Clark und Ann Hyland: »The Great Horse certainly existed ... It was strong enough to carry not merely an armoured knight but in later years also the weight of its own armour. Yet what is the evidence for its giant stature? Certainly not, it would seem, the size of surviving medieval horse armour – Mrs Ann Hyland comments (pers comm) that her measurements of examples in the Royal Armouries show that, with allowance for padding, they would sit comfortably on a modern horse of between 15 an 16 hands [152,4—162,5 cm].« (Clark, The Medieval Horse, S. 23).

54 Gelbhaar verwies in seinem Brief vom 15.8.2001 auf den Einsatz von »1:1-Repliken musealer Originale« während der Landshuter Fürstenhochzeit, die »auf normalen Warmblütern« verwendet würden. Letzteres kann der Rezensent aus eigenem Augenschein bestätigen, doch erhielt er von dem Hersteller dieser Stücke, dem Plattner Walter Suckert, die Auskunft, die Roßstirnen habe er »wohlweißlich nicht nach alten Maßen gefertigt«, da die Originale den Warmblütern zu klein seien (Brief vom 1.9.2001).

55 Gelbhaar S. 183.

56 Die größten Schwankungen gab es beim Körpergewicht des Mannes, das sich im Bereich zwischen etwa 60 und 110 kg bewegen konnte, doch dürfte bei der Masse der Harnischträger im 15. und 16. Jahrhundert von einem Gewicht zwischen 70 und 80 kg auszugehen sein. Ein spätgotischer oder ein Frührenaissance-Harnisch wog einschließlich Helm und Handschuhen zwischen 20 und 28 kg, die textile Unterkleidung, die punktuell durch aufgesetzte Kettenpanzerflecken verstärkt war, lag bei 8—10 kg, die Waffen (Schwert, Dolch, Lanze und Streithammer oder Streitkolben) kamen zusammen auf ca. 8—9 kg, das Pferdezeug ohne Panzerung (Sattel mit Steigbügeln, Kopfzaum mit Gebiß) auf 10—15 kg, das Gewicht von Roßharnischen schwankte zwischen 23 und 50 kg (Gewichtsangaben nach Gerhard Quaas, Katalog, in: Ders. [Hrsg.], Eisenkleider. Plattnerarbeiten aus drei Jahhunderten aus der Sammlung des Deutschen Historischen Museums, Berlin 1992, 31—119, besonders Kat. Nr. 42, 43, 68—70, 87—93; Mary Aiken Littauer, How Great was the Great Horse [wie Anm. 53], S. 455; Autopsie an Stücken im Bayerischen Armeemuseum, Ingolstadt). Das ergibt, nimmt man stets die Mindestwerte, 69 kg, addiert man die Höchstwerte, 112 kg. Zusammen mit einem Körpergewicht des Reiters von 80 kg käme man dann auf Belastungen des Pferdes von 149—192 kg.

57 Marcus Junkelmann, Die Rekonstruktion und Erprobung der Rüstungen, in: Dollinger das Buch zum Spiel, hrsg. vom Verein zur Förderung des Regensburger Dollingerspiels e.V., Regensburg 1995, 111—115.

58 »Size and weight beyond those essential for any task follow the laws of diminishing returns. Again and again we see the smaller animal able to carry a greater weight in proportion to his size than the larger one; we see him staying sound longer. Before the days of scientific breeding and modern veterinary practices there was even less chance of the overlarge individual reaching healthy maturity – or staying workable if he did. While there must constantly have been the temptation to have a warhorse who would impose by his mass and height this must have been frustrated in practice by the limitations of nature – barring those exceptions that always occur.« (Mary Aiken Littauer, »How Great was the ›Great Horse<?« [wie Anm. 53], 458f.).

59 Sehr treffend attackiert Gelbhaar den unnatürlichen und schädlichen Charakter der extremen Springreiterei (S. 75f.).

60 The Medieval Warhorse (wie Anm. 10), S. 21.

61 How Great was the Great Horse?« (wie Anm. 53), S. 453. Sie vergleicht die Pferde auf dem Teppich mit den gleichzeitigen dänischen Exemplaren, deren Überreste in Hedeby gefunden wurden und auf Pferde um 14 hands (142,2 cm) schließen lassen, doch seien die dargestellten Tiere offensichtlich noch kleiner.

62 Gelbhaar S. 183.

63 Brief vom 5.9.2001. Zu Uccellos dreiteiligem Gemälde, das in den Uffizien, im Louvre und in der Londoner National Gallery aufbewahrt wird (Gelbhaar scheint nur das Exemplar in Florenz zu kennen) siehe Volker Gebhardt: Die Schlacht von San Romano. Frankfurt a.M.² 1995 (1991); Pietro Roccasecca: Paolo Uccello, Le battaglie. Mailand 1997.

64 Erstaunlicherweise läßt Gelbhaar einen anderen interessanten Aspekt der »Schlacht von San Romano« unbeachtet. Namentlich auf dem von ihm zitierten Teil in den Uffizien sind ganz eindeutig Terre à Terre und Kapriole dargestellt, zwei schwierige Übungen der Hohen Schule, die das hohe Niveau der ritterlichen Reitkunst belegen (Bent Branderup, Akademische Reitkunst [wie Anm. 40, S. 8f.). Walter Liedtke: The Royal Horse and Rider. Painting, Sculpture, and Horsemanship 1500—1800. New York 1989, führt Uccellos »schematic« Methode der Pferdedarstellung darauf zurück, der Maler habe die Posen von römischen Münzen und gotischen Siegeln übernommen, doch wird man dort schwerlich eine Kapriole abgebildet finden (S. 160f., Nr. 22).

65 The Medieval Warhorse (wie Anm. 10), S. 22f., Abb. 10.

66 Ebda. S. 69. Im Gegensatz zu Gelbhaar, der die Größenentwicklung des Ritterpferdes im 15. und 16. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichen läßt, nimmt Davis an, die Pferde seien im 14. Jahrhundert am größten gewesen, da die damals verwendete Mischpanzerung schwerer gewesen sei als die Plattenharnische des 15. und 16. Jahrhunderts. Das letztere habe den Niedergang des »great horse« gebracht (ebda.).

67 Ebda. S. 66, Abb. 31.

68The Medieval Horse, S. 24f.

69 Ebda. S. 25. Zu ähnlichen Schlüssen gelangt Littauer, How Great was the »Great Horse«, (wie Anm. 53), S. 454, die zu dem Schluß kommt, die im Vergleich zum Früh- und Hochmittelalter weit zuverlässigeren Darstellungen aus dem 15. Jahrhundert »confirm the emergence of an undoubtedly robust type of charger, yet not necessarily one of great stature.« Dürers »Großes Pferd« von 1505, auf das man sich so oft berufe, sei im Vergleich zu dem danebenstehenden Mann, der den Widerrist um Haupteslänge überragt, allerhöchstens »15 hands 1 in.« (156,9 cm) groß.

70 Littauer, How Great was the the »Great Horse« (wie Anm. 53), S. 456.

71 Ebda. S. 456; Davis, The Medieval Warhorse, (wie Anm. 10), S. 108f.; Clark, The Medieval Horse (wie Anm. 12), S. 53.

72 Littauer in J. Spruytte, Early Harness Systems (wie Anm. 50), S. 109, Anm. 12.

73 Littauer, How Great was the »Great Horse« (wie Anm. 53), S. 456.

74 Denis Bogros: Les chevaux de la cavalerie française de François 1er (1515) à Georges Clemenceau (1918). Paris 2001, 33. Der Verfasser bemerkt dazu: »Quelques années plus tard, il acceptera des tailles plus petites encore.«

75 Brief vom 29.7.2001.

76 Brief des Direktors des Lipizzanermuseums, Hofrat Dr. Georg Kugler, vom 3.9.2001.

77 Gelbhaar S. 57.

78 Bent Branderup, Eberhard Kern, Barockes Reiten. Nach F. R. de la Guérinière, Über die Ausbildung des Pferdes, Cadmos 2000, S. 25.

79 Gelbhaar S. 15.

80 Branderup, Kern, Barockes Reiten (wie Anm. 78), S. 28, 51.

81 Gelbhaar S. 18.

82 Ebda. S. 20.

83 Ebda. S. 17.

84 Ebda.

85 Ebda. S. 20.

86 Ebda. S. 21.

87 Ebda.

88 Ebda. S. 32. Vgl. oben S. 4f. und Anm. 33.

89 S. 77—88.

90 S. 80. Gelbhaar stützt sich hier, wie auch andernorts, auf das populäre Bilderbuch "Waffen und Rüstungen" von Fred und Liliane Funcken (1990), das in einer wissenschaftlichen Publikation kaum als zitierfähig gelten dürfte.

91 Gelbhaar S. 84.

92 Auf S. 158 behauptet Gelbhaar, man könne auch ohne Steigbügel leicht traben. Abgesehen von der völligen Sinnlosigkeit dieser Übung, kann dieses »leicht Traben« nur darin bestehen, mit beträchtlicher Kraftanstrengung das Gesäß durch Anspannung der Schrittmuskulatur in kaum nennenswerter Höhe über den Sattel zu erheben. Auf jeden Fall ist das Verfahren wesentlich anstrengender als der ausgesessene Trab und kann nur ganz kurze Strecken durchgehalten werden. Die bloße Idee zeigt die unüberwindliche Befangenheit Gelbhaars in modernen Reitpraktiken.

93 S. 162.

94 Gelbhaar versucht hier eine Feststellung des Rezensenten zu korrigieren, indem er im Anschluß an die zitierte Passage schreibt: »Der neuzeitliche Reiter ist niemals ›... in völliger Abhängigkeit vom Steigbügel hochgezogen worden ...‹; wie es Junkelmann völlig realitätsfern behauptet (Reiter Roms III, S. 104).« Erstens entstellt Gelbhaar die kritisierte Aussage, da der Rezensent tatsächlich nicht von »dem« modernen Reiter spricht, sondern sich im artikellosen Plural (»Moderne Reiter ...«) äußert. Er meint also nicht jeden Reiter, sondern nur einen substantiellen Teil. Zudem heißt es »moderne« und nicht »neuzeitliche« Reiter. Die Praxis eines Guérinière oder die der Husaren Friedrichs des Großen tun hier nichts zur Sache. Daß heute noch wie zu deren Zeiten verfahren würde, das ist in der Tat eine »realitätsferne« Behauptung, wovon sich Gelbhaar in jeder beliebigen Reitschule hätte überzeugen können.

95 Johann Jacobi von Wallhausen: Kriegskunst zu Pferdt. Frankfurt a.M. 1616, S. 14. Wallhausen zitiert den italienischen Militärschriftsteller Giorgio Basta.

96 Brent Nosworhy: The Anatomy of Victory. Battle Tactics 1689—1763. New York 1990, S. 124.

97 Beilage I in: Nachrichten und Betrachtungen über die Thaten und Schicksale der Reuterei in den Feldzügen Friedrichs II. und in denen neuerer Zeit, Bd. 1, Berlin und Posen 1823, S. 337—344, hier: 341.

98 Gelbhaar S. 85. Siehe den hier fehlenden Teil des aus dem Jahr 1766 stammenden Zitats in Junkelmann, Die Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 112.

99 Gelbhaar S. 102.

100 Ebda. S. 138; 139, Abb. 40.

101 Marcel Dugué Mac Carthy bringt eine wesentlich genauere Umzeichnung desselben Gefässes, in der der »Steigbügel« ganz eindeutig als eine von einem Gurtring herabhängende Schlaufe gekennzeichnet wird (La cavalerie Française et son harnachement, Paris 1985, S. 25, Fig. 1—17). Gelbhaar, der Mac Carthys Buch intensiv benutzt hat, unterschlägt diese Interpretation. Solche Umzeichnungen sind mit Vorsicht zu genießen, vor allem wenn sie eine bestimmte These stützen sollen, denn oft ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Klarheit schafft letztlich nur eine Autopsie. Frank Trippett: Die ersten Reitervölker. Time-Life-Bücher 2. Aufl. 1976 (1974), S. 31, ein Werk das Gelbhaar gleichfalls als Beleg zitiert (in der Ausgabe von 1978 mit veränderter Paginierung), enthält eine ausgezeichnete Farbreproduktion nach Photo, die ganz klar eine Riemenzunge zeigt und keinen Steigbügel.

102 Christian-Henry Tavard: Sattel und Zaumzeug. Das Pferdegeschirr in Vergangenheit und Gegenwart. Fribourg/Köln 1975, S. 98.

103 David Nicolle: Attila and the Nomad Hordes. Oxford (Osprey Elite Series 30) 1990, S. 13. In der Legende heißt es: »Gilt bronze plaques [die anderen Plaketten zeigen wilde Tiere, denn es handelt sich um eine Jagdszene] to decorate a saddle from Khakassia on the upper Yenisey River; Kirghiz, 9th century.« Das Stück befindet sich in der Eremitage in St. Petersburg. – Die für skythische Reiter untypische Tatsache, daß der Sattel ein rundes Sattelblatt und Hinterzeug besitzt, hätte mißtrauisch stimmen müssen.

104 Sergej Rudenko: Frozen Tombs of Siberia. The Pazyryk Burials of Iron Age Horsemen. London 1970. Gelbhaar (S. 180) gibt zu, daß die Pazyryk-Sättel noch keine Steigbügel hatten, doch sei der – im Typ identische – Sattel auf der 100 Jahre jüngeren Tschertomlyk-Vase mit solchen ausgestattet gewesen (siehe oben Anm. 101).

105 Gelbhaar S. 138. Mary Aiken Littauer hat verschiedene historische und rezente Beispiele für Steigbügel aus Holz oder Leder zusammengestellt, wobei sie vornehmlich an Vorrichtungen denkt, in denen das Bein des Reiters bei Langstreckenritten ruhen sollte. Ferner weist sie auf wohl eiserne Haken hin, die auf Abbildungen aus dem skythischen Raum zu erkennen seien und eine ähnliche Funktion gehabt haben dürften. (Early Stirrups, in: Antiquity 55, 1981.

106 Junkelmann, Die Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 105f., Abb. 104—109.

107 Gelbhaar S. 140

108 Ebda. S. 141.

109 Junkelmann, Die Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 99.

110 Gelbhaar S. 135. Eine Szene, die der Vision Gelbhaars ähnelt, schildert tatsächlich Fronto in einem Brief an den Kaiser Lucius Verus (161—169 n.Chr.), in dem er darlegt, wie heruntergekommen die im Osten des Reiches stehenden römischen Truppen seien – Verweichlichung, Disziplinlosigkeit, miserabler Ausbildungsstand, die Reiter beherrschten nicht einmal mehr das Aufsitzen: »Wenige der Soldaten kamen glatt aufs Pferd, der Rest kletterte mühselig hinauf, indem man sich mit Fersen, Knien und Schenkeln hocharbeitete.« (Ad Verum Imperatorem, II, 1, 22). Man kann sich nun wirklich nicht vorstellen, die Männer hätten sich mit dieser hilflosen Krabbelei blamiert, wenn ihnen Steigbügel oder ähnliche Aufstiegshilfen bekannt gewesen wären.

111 Gelbhaar S. 161.

112 Gelbhaar bedient sich für den einen Dreiviertelharnisch tragenden Kürassier des Ausdrucks Kürisser, wie das in der deutschen Fachliteratur häufig geschieht. Der »Kürassier« bleibt dann dem schweren Reiter mit auf Brust- und Rückenplatte beschränkter Panzerung vorbehalten, der durch stetige Reduzierung des Körperschutzes gegen Mitte des 17. Jahrhunderts dem alten Kürisser hervorgegangen ist. Das ist eine jener künstlich verkomplizierten Terminologien, die für die deutsche Forschung so typisch sind. Tatsächlich waren der französische »cuirassier«, der italienische »corazza« und der deutsche »kürisser« im 16. und frühen 17. Jahrhundert gebrauchte Synonyme für den schweren, mit Degen und Pistolen bewaffneten Reiter (im Gegensatz zum Lanzierer, der aber schon am Aussterben war). Wallhausen verwendet abwechselnd die Bezeichnungen »Kührissierer« und »corazzen«. Daß sich in der 2. Jahrhunderthälfte in Deutschland der Ausdruck »cuirassier«/Kürassier durchsetzte, hatte keine technischen Gründe, sondern hing einzig mit der dominierenden Position zusammen, die das Französische inzwischen gewonnen hatte. Zu den verschiedenen Varianten, die es zu den Ausdrücken »Kürisser« und »Kürassier« gab, und ihrer zeitlichen Verbreitung siehe Christian Beaufort-Spontin: Harnisch und Waffe Europas. Die militärische Rüstung im 17. Jahrhundert. München 1982, S. 48—69.

113 Gelbhaar S. 161f.

114 Ebda. S. 180.

115 Ebda. S. 140.

116 Ebda. S. 160. Welcher Art diese war, legt der Verfasser leider nicht dar.

117 Schon die römischen Ausdrücke »insilire« und »desilire« lassen an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Im Mittelalter wurden daraus bezeichnenderweise »scandere« und »descendere«.

118 Gelbhaar S. 160.

119 Ebda. S. 136, 158.

120 Ebda. S. 136, 163.

121 Ebda. S. 163.

122 Ebda. S. 142. Die vor allem von Lynn White jr. vertretene These von der »Steigbügelrevolution« im frühen Mittelalter ist schon verschiedentlich widerlegt worden, am eingehendsten vom Rezensenten (Junkelmann, Die Reiter Roms [wie Anm. 4], Bd. 3, S. 102—111).

123 Gelbhaar S. 142.

124 Ebda.

125 Ebda. 169—254.

126 Peter Connolly, The Roman Saddle (wie Anm. 1); ders. zusammen mit Carol van Driel-Murray, The Roman Cavalry Saddle (wie Anm. 1).

127 Junkelmann, Die Reiter Roms (wie Anm. 4), S. 34—74.

128 Carol van Driel-Murray, Peter Connolly, John Duckham: Roman Saddles. Archaeology and Experiment 20 Years on, in: Lauren Gilmour (Hrsg.): In the Saddle. An Exploration of the Saddle through History. A Meeting of the Archaeological Leather Group at Saddlers’ Hall, London 23 October 2002. London 2004, S. 1—19, Hier: S. 4; Dieser bedeutende Sammelband enthält eine Reihe weiterer wichtiger Beiträge: Angela Care Evans, The Saddle in Anglo-Saxon England and its European Background, S. 21—30; Ann Hyland, The Medieval War Saddle and it Accessories, S. 31—38; Lynda Hickling, The Saddle of Henry V. at Westminster Abbey Library, S. 39—41; Else Blouet, Ian Beaumont, The Conservation of a 16th Century War Saddle, S. 43—52; Hazel Forsyth, The Saddle from Unicorn Passage, Southwark, S. 53—57; Robert Payton, Conservation of the Saddle from Unicorn Passage, Southwark, S. 59—65; Lauren Gilmour, Saddles of the Stuart Period, S. 67—82; Lindsay Smith, The History and Development of the Side-Saddle, S. 83—96.

129 Junkelmann, Die Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 69.

130 Gelbhaar S. 180—182.

131 Ebda. S. 173, 181.

132 Ebda. S. 182.

133 Ebda. S. 183.

134 Auch Ann Hyland, The Medieval War Saddle (wie Anm. 128), S. 36, nimmt an, die Nierengegend sei vom Sattel geschützt worden.P>

135 Siehe Anm. 57.

136 Lynda Hickling, The Saddle of Henry V (wie Anm. 128).

137 Gelbhaar S. 184—196.

138 Early Harness Systems (wie Anm. 50); Études expérimentales sur l’attelage. Contribution à l’histoire du cheval, Paris 1997.

139 Die Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 1, S. 64—87; Bd. 3, S. 217—225 (mit wichtigen Korrekturen und Ergänzungen).

140 Gelbhaar S. 236—240.

141 Er lehnt die gleichfalls übliche Schreibweise Kummet ab, leider ohne einen Grund dafür zu nennen (S. 234).

142 Gelbhaar S. 240.

143 Adriana Emiliozzi (Hrsg.): Carri da guerra e principi etruschi. Rom 1997.

144 Gelbhaar, Einbandrückseite.

145 Siehe Anm. 3.

146 Stephenson, Dixon, Roman Cavalry Equipment, S. 11—15.

147 Ebda. S. 43.

148 »... that such helmets were designed for and used in pitched battle and that their use in the Hippika Gymnasia was simply battlefield accomodation training.« (Ebda. S. 24) »There is a tendency to artificially classify Roman greaves of the early and middle Empire as either field armour or sports/ parade armour.« (Ebda. S. 61). – Mariusz Mielczarek, Cataphracti and Clibanarii (wie Anm. 5), S. 80 und 85, hielt gleichfalls schon die Einteilung in »Parade«- und »Kampf«-Ausrüstung für willkürlich, wenn er schreibt, die Kataphrakten des 2. Jahrhunderts n.Chr. hätten Ausrüstung getragen, wie sie von Arrian für die Reiterübungen beschrieben wird und die gewöhnlich als »parade equipment« betrachtet werde: »The classification of a specimen as representing parade arms and armour seems to be due to the conviction that arms and armour worn or used in fighting were neither of high artistic quality nor equipped with rare and special elements.« (S. 80) Er läßt dabei Fragen von Stabilität und Funktionalität völlig außer Betracht.

149 Die Kombination von Straubinger »Paraderüstungs«-Teilen mit den Pferdepanzern aus Dura Europos zur Rekonstruktion eines clibanarius hatte schon John Warry vorweggenommen (Warfare in the Classical World, New York 1980, S.201). Das Pferd trägt eine große Straubinger Roßstirn, der Helm des Mannes stellt eine Kombination aus der Kalotte eines bronzenen Kavalleriehelms vom Typus Hedderheim/Bodegraven, einer Variante der Niederbieber-Helme des 3. Jahrhunderts n.Chr., und einem Maskenvisier dar. Dies ist eine durch keinerlei archäologischen Befund belegte Phantasiekonstruktion.

150 Marcus Junkelmann, Reiter wie Statuen aus Erz (wie Anm. 9), S. 51, 75.

151 Ebda. S. 44, 51.

152 Simon James: The Excavations at Dura-Europos Conducted by Yale University and the French Academy of Inscriptions and Letters 1928 to 1937. Final Report: The Arms and Armour and Other Military Equipment. London 2004, S. XXXII, Farbtafel 13.

153 Junkelmann, Reiter wie Statuen aus Erz (wie Anm. 9), S. 69f.

154 Galt der Typus Niederbieber seit Ludwig Lindenschmit lange Zeit als der römische Kavalleriehelm par excellence, wurde in ihm in jüngerer Zeit der charakteristische Infanteriehelm des 3. Jahrhunderts n.Chr. erkannt. Das gilt im wesentlichen noch immer, doch könnte er daneben gelegentlich auch von der Reiterei als Alternative zu aufwendiger gefertigten Modellen verwendet worden zu sein. Marcus Junkelmann: Römische Helme, Sammlung Axel Guttmann VIII. Berlin/Mainz 2000, S. 85—87. M.C. Bishop, J.C.N. Coulston: Roman Military Equipment. From the Punic Wars to the Fall of Rome. Oxford 2. Aufl. 2006 (zuerst 1993), S. 174—177.

155 Peter Connolly: Greece and Rome at War. London 1981, S. 313, Nr. 18, hat dagegen auf seiner malerischen Rekonstruktion dem Pferd eine mit Schuppen bedeckte flexible Roßstirn mit bronzenen Augenschutzkörben gegeben. Beim Reiter hält er sich an die Soldaten (Infanteristen) auf dem Fresko in der Synagoge von Dura Europos, doch dürfte es als unwahrscheinlich gelten, daß ein Kataphrakt als Kopfschutz nur eine Schuppenpanzerkapuze statt eines festen Helms verwendet haben soll.

156 Junkelmann, Reiter wie Statuen aus Erz (wie Anm. 150), S. 88, Originaltext S. 110, Anm. 294.

157 Junkelmann, Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 2, S. 165—173; Junkelmann, Reiter wie Statuen aus Erz (wie Anm. 150), S. 50—56; Born/Junkelmann, Römische Kampf- und Turnierrüstungen, 28—31; Junkelmann, Paradehelme? Zur funktionalen Einordnung frühkaiserzeitlicher Maskenhelme im Lichte von Neufunden und praktischen Versuchen, in: Kemkes/Scheuerbrandt (Hrsg.), Fragen zur römischen Reiterei, S. 39—43 [siehe Teil 2].

158 Die Zahl der archäologisch belegten Kombinationen von Visiermasken und Kalotten der Pseudoattischen Kavalleriehelme vom Typus Weiler/Koblenz-Bubenheim sowie der wohl auch primär von der Reiterei verwendeten Helme vom Typus Weisenau/Guttmann hat in den letzten Jahren dank der zahlreichen Neufunde aus dem unteren Donauraum erheblich zugenommen. Leider stammen sie fast durchweg aus undokumentierten Raubgrabungen.

159 Die Verfasser führen zwar die Mehrzahl der einschlägigen Titel des Rezensenten in ihrer Bibliographie auf und haben einigen ihrer Rekonstruktionen auch offensichtlich dort zu findende Abbildungen zu Grunde gelegt, doch scheinen sie sich, wohl aus sprachlichen Gründen, auf den Gebrauch der Bilder beschränkt zu haben.

160 Cataphracti and Clibanarii (wie Anm. 5).

161 Die Kataphraktarier (wie Anm. 6).

162 Ihrer Bibliographie nach zu schließen, kennen Stephenson und Dixon Harls Thesen nicht. Auch im Literaturverzeichnis von Simon James, The Excavations (wie Anm. 152) fehlt Harls Aufsatz. Dagegen verweisen Coulston und Bishop, Roman Military Equipment (wie Anm. 154), S. 198, Anm. 94 (zu S. 192) auf Harl, gehen aber nicht auf seine Argumente ein und halten an der traditionellen Auffassung, die Römer hätten zumindest ab dem 2. Jahrhundert n.Chr. Pferdepanzerung verwendet, dezidiert fest (S. 192, 227).

163 Harl, Die Kataphraktarier (wie Anm. 161), S. 601.

164 A.E. Negin, Sarmatian Cataphracts (wie Anm. 7).

165 Ebda. S. 73 (Legende zu Abb. 6) und 74.

166 So soll etwa Alexander Severus 232 n.Chr. über die persischen Panzerreiter geäußert haben: ... cataphractarios quos clibanarios vocant ... eorum armis nostros armavimus ... (Hist. Aug. Alex. 56). Man kann das entweder als Gleichsetzung interpretieren oder als Klassifizierung der Clibanarier als eine spezielle Art von Kataphrakten. Groß können die Unterschiede nicht gewesen sein, da der Kaiser nach dem Sieg seine eigenen Kataphrakten mit den Beutewaffen ausstatten konnte. – Entgegen der üblichen Annahme, das Wort »clibanarius« leite sich von clibanus (»Backofen«) her, plädiert Harl, dem Orientalisten F. Rundgren folgend, für die Herleitung des Begriffs aus dem Altindischen. In seiner Dissimilation ins Persische habe er die Bedeutung »Panzerhemd« angenommen. So wären cataphractus und clibanarius auch sprachlich Synonyme. (Die Kataphraktarier [wie Anm. 161], S. 625).

167 Aithiopika 9. 15. Siehe Junkelmann, Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 198 und 204.

168 Res gestae, 16. 10, 8.

169 Panegyrikos auf Constantin den Großen (Paneg. Lat. 4 [10], 22, 40).

170 Iulian, Or. 1, 37; Libanios, Or. 18, 206.

171 Die Kataphraktarier (wie Anm. 6), S. 606.

172 Die Schlacht an der Milvischen Brücke 312 n.Chr. Nazarius schrieb seinen Panegyrikos im Jahre 321.

173 Während Harl dem Libanios vorwirft, er sei ein Mann gewesen, »der selbst nie etwas mit Militär zu tun hatte und nur in der Welt der Redekunst lebte« (Ebda. S. 103), verschweigt er geflissentlich die Tatsache, daß Ammianus ein kriegserfahrener Autor war, und stellt ihn in eine Reihe mit »Zivilisten«, die sich von Truppenparaden den Blick auf die Wirklichkeit verstellen ließen (ebda.)

174 Ebda. S. 603—605.

175 Ebda. S. 605 zu Res gestae, 16, 12, 22.

176 Crassus 25, 8.

177 Simon James, The Excavations (wie Anm. 152), S. 259 (Kommentar zu Tafel 13) schließt nicht aus, es könnten auf diesem und einem weiteren Graffito aus Dura Europos (Bogenschütze auf gepanzertem Pferd) römische Kavalleristen gemeint sein (»ambiguous«).

178 Mielczarek, Cataphracti and Clibanarii (wie Anm. 5), S. 34.

179 Harl zählt einen Altar, acht Grabstelen, einen Sarkophag und drei Inschriftsteine, auf (Die Kataphraktarier, S. 601, 617, katalogmäßige Erfassung S. 607—612), doch nur sechs von ihnen zeigen Reiterreliefs. Unter diesen befindet sich einmal die Darstellung des Thrakischen Reiterheros, ein Kult, der Harl unbekannt zu sein scheint, da er sich wundert, daß M.P. Speidel den »Jäger« für einen »thrakischen Reiter« hält (S. 609, Nr. 4).

180 Ebda. S. 601.

181 Ebda. S. 623.

182 Die Ergänzungsteile für Brust und Hals sowie die Kopfpanzerung fehlen.

183 Simon James, The Excavations (wie Anm. 152), S. 129—133, Nr. 449—451. Zwei der Decken waren mit Schuppen aus einer Kupferlegierung, eine mit eisernen Schuppen besetzt. In Nr. 451 steckte die Spitze eines Bolzens.

184 Ebda. S. 38.

185 Harl, Die Kataphraktarier (wie Anm. 6), S. 625.

186 Ebda. S. 626.

187 Ebda. S. 603; Junkelmann, Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 216. Unverständlich ist freilich die Angabe, die Harl zitiert, »daß allein die Panzerung von Reiter und Pferd [welche noch?] rund 45 Kilo gewogen habe.« Tatsächlich bezieht sich dieses Gewicht nur auf die Panzerung des Pferdes. Für die des Reiters kämen noch ca. 40 kg dazu (Junkelmann, Ebda. S. 199).

188 Die Kataphraktarier (wie Anm. 6), S. 606. Zu Junkelmann, Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 210f.

189 Perì hippikês 12, 8.

190 34, 8; – Zum Körperschutz der antiken Kavalleriepferde generell siehe Junkelmann, Reiter Roms (wie Anm. 4), S. 3, S. 202—213.

191 Ebda. Bd. 3, Abb. 183—186. Die Rekonstruktion und funktionale Einordnung einer Lederdecke aus Vindolanda, auf die Carol van Driel-Murray den Rezensenten hingewiesen hat (Ebda. Bd. 3, S. 210), bereitet nach wie vor Rätsel (wie Anm. 128), S. 5ff.

192 Harl, Die Kataphraktarier (wie Anm. 6), S. 626.

193 The Development of Roman Mailed Cavalry, Journal of Roman Studies 57, 1967, 161—173.

194 Sarmatian Cataphracts (wie Anm. 7), S. 74, gibt nur den Elitekämpfern unter den Kataphrakten Pferdepanzer, während bei den Clibanariern alle Reiter eine solche besessen hätten.

195 Etwa Arrian, Reitertraktat, 31, 1 und 2.

196 Roccasecca, Paolo Uccello (wie Anm. 63), S. 14; Roberto Marchionni, Val di Chiana 1363 (Battaglie senesi 2), Siena 1997, S. 16f.

197 Für die Schweden siehe Marcus Junkelmann: Gustav Adolf. Schwedens Aufstieg zur Großmacht. Regensburg 1993, S. 218f.; Richard Brzezinski: The Army of Gustavus Adolphus 2, Cavalry (= Osprey Men-at-Arms 262). London 1993, S. 10f.

198 Christian Beaufort-Spontin beobachtet im 16. und 17. Jahrhundert generell eine Tendenz zur Verlagerung der Termini, »wobei der Gattungsname von der höheren auf die nächst niedrigere Truppengattung übergeht.« (Geschichte des Harnischs im 17. Jahrhundert. Diss masch. schr. . Wien 1977, S. 26).

199 Zur Terminologie der Kürassiere siehe oben, Anm. 112.

200 Der schwedische Veteran James Turner schrieb über die Kavallerie in der zweiten Krieghälfte: »And now ... instead of Cuirassiers we have Harquebusiers, and instead of Harquebusiers we have Horsemen, only armed offensively [ganz ohne Körperschutz].« Brzezinski, The Army of Gustavus Adolphus (wie Anm. 197), S. 11.

201 Es war eine Ausnahme, daß man in Bayern nach Abschaffung der Kürasse in den 1880er Jahren die Namen der beiden betroffenen Regimenter von »Kürassiere« in »Schwere Reiter« umänderte.

202 Polybios 6, 22f.

203 So etwa Michel Feugère: Les Armes des Romains de la République à l’Antiquité tardive. Paris 1993, S. 184f.; A.E. Negin, Sarmatian Catapracts (wie Anm. 7), S. 74.

204 Stephenson, Dixon, Roman Cavalry Equipment, fassen beide Bezeichnungen immer wieder als »cataphractii/clibanarii« zusammen (z.B. Index, S. 125); Bishop/Coulston, Roman Military Equipment (wie Anm. 154), S. 208, meinen, die beiden Bezeichnungen seien »interchangeably« benutzt worden; Harl, Die Kataphraktarier (wie Anm. 6), S. 626: »Von der Ausrüstung her ist kein Unterschied zwischen den Kataphraktariern und den Clibanariern zu erkennen.« Siehe auch oben Anm. 166.

205 Harl, Die Kataphraktarier (wie Anm. 6), S. 607.

206 Mielczarek, Cataphracti and Clibanarii (wie Anm. 5), S. 90.

207 Ebda. S. 80.

208 Ebda. S. 47.

209 Ebda. S. 43—49.

210 Ebda. S. 49f. – J.C. Coulston nimmt dagegen an, die Clibanarier selbst hätten zusätzlich zum contus noch den Bogen geführt (Roman, Parthian and Sassanid Tactical Development, in: Philip Freeman, David Kennedy [Hrsgg.]: The Denfence of the Roman and Byzantine East, Bd. 1, [= British Archaeological Reports, International Series 297/I], 1986, S. 59—75).

211 Junkelmann, Reiter Roms (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 145f. Siehe auch Abb. 135 und 136 (nach S. 152).

212 Mielczarek, Cataphracti and Clibanarii (wie Anm. 5), S. 60f.

213 »All advantages of the cavalry were exploited ...: violent assault with the long spear and the possibility to shoot at the same time at the enemy from a chosen spot and distance.« Ebda. S. 50.

214 Roman Cavalry Equipment, S. 72, Abb. 46. Sie folgen hier David C. Nicolle: The Impact of the European Couched Lance on Muslim Military Tradition, The Journal of the Arms and Armour Society 10, 1, 1980, 6—40.

215 »... given the fact that the Roman cavalryman was expected to be versatile and fight on both horseback and foot ...« Roman Cavalry Equipment, S. 90.

216 Bellum Iudaicum 3, 7, 24.

217 Aspects of a Roman Army in War according to the Bellum Iudaicum of Josephus, in: Freeman/Kennedy (Hrsgg.), The Defence (wie Anm. 210), 297f.

218 Roman Cavalry Equipment S. 52.

219 Ebda. S. 98.

220 Ebda. S. 100.

221 Ebda. S. 61.

222 Ebda. S. 88.

223 Ebda. S. 75.


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