Laktanz: De mortibus persecutorum - Die Todesarten der Verfolger. Lat./ dt., übersetzt und eingeleitet von Alfons Städele. Turnhout: Brepols 2003 (Fontes Christiani 43). 270 S. 5 Tab. 1 Kt. Euro 35, 43.

Der Herausgeber, der bereits mit einem Beitrag über diese Schrift als  „Dokument einer Zeitenwende“ hervorgetreten ist,[1] legt hier die lang erwartete Neubearbeitung dieses erst 1678 in der französischen Abtei St. Pierre de Moissac entdeckten historischen Kleinods der Spätantike vor. Erfahren wir hieraus doch wichtige Einzelheiten über die Zeit der diokletianischen Tetarchie, wie sie weder bei dem Kirchenhistoriker Eusebius noch bei den heidnischen Breviatoren zu finden sind.

Wie in dieser Reihe üblich, ist dem zweisprachigen Text eine ausführliche Einleitung vorangestellt, die mehr als 80 Seiten umfaßt. In ihr bringt Städele (S.), allerdings zumeist aus zweiter Hand schöpfend und unter Verweis auf moderne Darstellungen, alles Wesentliche über Laktanz und dieses so bedeutsame kleine Werk, das lediglich 52 Kapitel umfaßt. Hierzu und zum Folgenden seien einige kritsche Beobachtungen gestattet: In dem Kapitel über den Autor und sein Werk hätte man sich abgesehen von den Testimonien gerne eine etwas ausführlichere Einbeziehung der übrigen Schriften gewünscht (bes. der Institutiones bzw. der Epitome). Dies gilt ebenfalls für den zeitgeschichtlichen Hintergrund, wo gewissermaßen handbuchartig die Zeit vom Regierungsantritt Diokletians (284) bis Konstantin behandelt wird. Im folgenden Überblick über die Christenverfolgungen im Römischen Reich, beginnend mit Nero, vermißt man z.B. ein Eingehen auf das in Forschung noch immer unterschiedlich beurteilte Gallienusedikt von 260, faßbar erst 262 (Wiederherstellung des früheren Zustandes vor der Verfolgung oder Gewährung umfassender Toleranz?), auch das Galeriusedikt wird nicht genauer analysiert. Schließlich fehlt ein Wort zu der Gleichung „gute Kaiser – Christenfreunde“ bzw. „schlechte Kaiser – Christenfeinde“, die schon auf Melito von Sardeis und Tertullian zurückgeht. Außerdem sollte die Frage, ob es nur ein einziges Gesetz gegen die Christen gegeben hat, nicht nur in einer Fußnote unter Bezugnahme auf J. Vogt bzw. K.H. Schwarte abgehandelt werden, da der Text Eusebs doch eindeutig von mehreren Gesetzen spricht.[2] Nach einem Überblick über das Werk, den man dankbar begrüßt, wird die klare Tendenz mit dem Rückgriff auf das 2. Makkabäerbuch gut herausgestellt, was bei der Verwendung der Schrift als historische Quelle stets zu beachten ist. Bei der literarischen Gestaltung wie auch im Abschnitt über die Komposition und Sprache wären neben Einzelheiten wie Stilfiguren, Ironie, Spott, Sarkasmus u. ä., die hier kenntnisreich zusammengestellt werden, einige Sätze über die konsequente dramatische Strukturierung am Platze gewesen, worauf besonders Antonie Wlosok hingewiesen hat.[3] Die grobe inhaltliche Verzeichnung zeigt sich bes. an der Charakterdarstellung der Tetrarchen, die als malae bestiae gezeichnet werden, worauf der Verf. zu Recht großen Wert legt. Sehr breit wird von ihm der Verlauf der Verfolgung Diokletians und seiner Nachfolger von 303 bis 313 geschildert, wo klar herausgestellt wird, wie die historischen Fakten jeweils dem Leitgedanken untergeordnet werden, daß Galerius und nicht Diokletian der eigentliche Urheber der harten Maßnahmen gegen die Christen gewesen sei. Die Folge war nach Ansicht des Laktanz das qualvolle Ende dieses Herrschers, das beinahe genüßlich ausgestaltet wird. Ein Wort zu der Tatsache, daß Eusebius hierüber ganz anders urteilt, hätte sich freilich angeboten. Hingegen wird auf den scharfen Kontrast zwischen den gottlosen Herrschern und dem sanctissimus adulescens Konstantin, der wegen seiner glänzenden Erscheinung, seiner Tapferkeit und seines leutseligen Wesens (18, 10) von allen Bevölkerungsschichten hoch geschätzt worden sei, zu Recht großer Wert gelegt, da hierin das wahre Stimulans für die abgründige Polemik des Laktanz, des Erziehers des Kaisersohnes Crispus in Trier, gegen jene Tetrarchen, welche  die christliche Religion verfolgten,  zu suchen ist.

In der Textgestaltung hält sich S. im wesentlichen an die bewährte CSEL-Ausgabe[4], beläßt aber an einigen Stellen den verderbten Text der einzigen Handschrift, des Parisinus lat. bzw. Colbertinus 2627, anstatt sich auf fragwürdige Konjekturen einzulassen (1, 6; 2, 4; 3, 1; 22, 3; 26, 1). Einsichtig erscheint die jeweilige inhaltliche Begründung für diese Haltung. Der textkritische Apparat berücksichtigt auch die späteren Ausgaben von Pesanti, Moreau, Creed u.a.. Die Übersetzung liest sich flüssig und leicht verständlich, bisweilen neigt der Bearbeiter zu einer gewissen Breite und freieren Wiedergabe, wo er es für nötig hält. Kann man allerdings, um nur ein Beispiel herauszugreifen, ad bonas mentes redire (34, 1) mit „zurückkehren zu einer vernünftigen Haltung“ übersetzen ? Dagegen Moreau (S. 118): „revenissent à de bon sentiment“, oder Creed (S. 53): „should return to a sound frame of mind“. Der Kommentar beschränkt sich großenteils auf allgemeine Angaben wie Regierungszeiten früherer Kaiser oder ganz kurze inhaltliche Erklärungen bzw. auf Literaturhinweise. So sucht man z.B. bei 24, 9 vergeblich nach einer Stellungnahme, ob Konstantin bereits bei seinem Regierungsantritt (306) ein Toleranzedikt zugunsten der Christen erlassen hat, wie bisweilen behauptet wird.[5] Gerne hätte man weiterhin beim Galeriusedikt (34) Näheres über die Ausdrücke secta, disciplina, conventicula usw. erfahren. Was bedeutet hier ganz konkret der Nebensatz ut denuo sint Christiani? Hierzu muß man weiterhin in den Kommentaren bei Moreau oder Creed nachschlagen. Auch bei dem berühmten Traumbericht (44) wäre eine genauere Analyse notwendig (Frage: Wie sieht ein Staurogramm aus? Sprach nicht J. Vogt von einem monogrammatischen Kreuz, andere vom bekannten Christogramm ?). Auch ein Vergleich mit den Angaben bei Eusebius wäre am Platze gewesen. Außerdem: Wie interpretierten die früheren Herausgeber diese vielbehandelte Textpassage? Schließlich: Gibt es überhaupt ein „Toleranzedikt von Mailand“, wovon der Herausgeber nach anfänglicher Vorsicht doch wieder  mehrfach spricht?

Der Anhang enthält einen breiten Überblick mit Zeittafeln über die Tetrarchen, die Herrscherkollegien bis zum Tod des Licinius, ihre verwandtschaftlichen Beziehungen und das Römische Reich zur Zeit Diokletians, weiterhin ein Abkürzungsverzeichnis, eine wohlüberlegte Bibliographie (getrennt nach Quellen und Literatur) sowie ein Register mit Bibelstellen, Personen und Stichwörtern.

Die Ausgabe ist verdienstvoll für den ersten Einstieg, bes. für Studenten, zumal nun endlich eine moderne deutsche Übersetzung vorliegt. Der wissenschaftlich arbeitende Historiker wird allerdings weiterhin zu den ausführlicheren früheren Kommentaren greifen müssen.

Richard Klein, Wendelstein
rikle@gmx.net


[1] In: Peter Neukam (Hrsg.): Klassische Sprachen und Literaturen 32, 1998, 185 ff.

[2] Für insgesamt 4 Gesetze  jetzt auch wieder K. Piepenbrink: Konstantin der Große und seine Zeit. Darmstadt 2002, 23.

[3] In: Reinhart Herzog (Hrsg.): Handbuch der lateinischen Literatur der Antike V. Restauration und Erneuerung 284-374 n. Chr. München 1989, 396.

[4] S. Brandt, G. Laubmann, CSEL 27, 2, Wien 1897.

[5] Z. B. von T. D. Barnes: Constantine und Eusebius. Cambridge (Mass.)/London 1981, 28 und Ders.: The Conversion of Constantine, EMC 1985, 378 ff.


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