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C. Plinius Secundus: Naturgeschichte – Gesamtregister, hrsg. von Karl Bayer & Kai Brodersen. Artemis & Winkler / Patmos Verlag: Düsseldorf / Zürich 2004. 1535 S. Euro 68 (Deutschland), Euro 70 (Österreich), SFr. 115. ISBN 3-7608-1705-X.


Mit dem vorliegenden Gesamtregisterband ist die in mehrfacher Hinsicht gewichtige zweisprachige Ausgabe der Naturgeschichte des älteren Plinius in 37 Bänden zu einem sehr positiven Abschluss gelangt. Was im ersten Band der Tusculum-Gesamtausgabe der Naturalis historia (hrsg. von Roderich König & G. Winkler, 2. erweiterte und bearbeitete Auflage 1997) mit der Vorrede, dem Inhaltsverzeichnis des Gesamtwerkes, den Fragmenten und den Testimonia fundiert beginnt, hat nunmehr ein umfangreiches sowie würdiges Gegenstück erhalten. Bislang war man hierzu auf den Registerband von Otto Schneider (Hrsg.), In C. Plini Secundi naturalis historiae libros indices, 2 Bde., Gotha 1857/58, ND Hildesheim 1967 angewiesen.

Der nunmehr vorgelegte Registerband des Gesamtwerkes bietet zunächst eine klassische Zusammenstellung aller Personennamen (Abschnitt A, S. 23 – 92) und der geographischen Namen (Abschnitt B, S. 93 – 228), für die der Mannheimer Althistoriker Kai Brodersen verantwortlich war. Gewissenhaft folgt er den zahllosen Einträgen des antiken Autors. So findet man z. B. gemäß des Pliniustextes die „sacra via“ (so in fast allen Quellen belegt) hier korrekt unter „via sacra“ vermerkt (S. 203, mit dem Verweis auf Plin. nat. 19,23), einer Wortstellung, die sonst nur noch bei Suet. Vit. 17,1 belegt ist.

Für die folgenden Abschnitte des Bandes ist Karl Bayer, der langjährige Wegbegleiter der Tusculum-Reihe, verantwortlich. Es handelt sich um ein ausführliches Sachregister, das inhaltlich in sieben Hauptgruppen gegliedert ist: Abschnitt C: Natur (S. 229 – 515) mit den Unterpunkten Stoffe, Pflanzen und Tiere; Abschnitt D: Mensch (S. 517 – 985) mit den Unterpunkten Anatomie, Fortpflanzung, Humanmedizin, Kosmetik, Seele, Geist, Verstand, Tugend, Laster, Schicksal, Affekte, Sinne und Sinneswahrnehmung; Abschnitt E: Individuum (S. 987 – 1042) mit den Unterpunkten Leben, Tod, Schicksal, Ernährung, Kleidung, Wohnung und Werkzeuge; Abschnitt F: Wirtschaft (S. 1043 – 1138) mit den Unterpunkten Landwirtschaft, Bergbau, Handel und Verkehr sowie dem Aspekt „weitere Erwerbsmöglichkeiten“; Abschnitt G: Gesellschaft (S. 1139 – 1236), mit den Unterpunkten Familie und Sozialgefüge, Schule und Bildung, Recht, Staat und Politik, Heerwesen, Religion, Magie, Spiel und Sport; Abschnitt H: Künste und Wissenschaft (S. 1237 – 1354) mit den Unterpunkten Musik, Bildende Kunst, Sprachwissenschaft, Kosmologie, Astronomie und Kalender, Meteorologie, Geographie, Geschichte sowie Mythologie und dem abschließenden Abschnitt I: Plinius (S. 1425 – 1534) mit den Unterpunkten Autobiographisches, Moralist, Schriftsteller, Wissenschaftler sowie Naturverehrung. Zahlreiche dieser Unterpunkte sind zudem noch weiter ausdifferenziert worden. So findet man z. B. unter dem Unterpunkt „Schriftsteller“ (S. 1448 – 1507) auch ein Verzeichnis der im Text genannten Quellenautoren usw.

Überschneidungen, Dopplungen bzw. Zweifelsfälle innerhalb eines thematisch unterteilten Sachregisters liegen in der Natur der Sache. Manchen Aspekt würde man in anderen Kapiteln bzw. Untergliederungspunkten suchen, so z. B. „Straßenräuber“ (S. 1136, mit dem Verweis auf Plin. nat. 8,144), den man wohl eher im Unterpunkt „Handel und Verkehr“ und nicht unter „weitere Erwerbsmöglichkeiten“ erwartet hätte. Einige Begriffe wie z. B. „Lebenshauch (spiritus)“ und „Lebensodem (anima)“ auf S. 992 hätte man ohne weiteres auch zusammenfassen können. Wiederum andere vermisst man, wie z. B. im Abschnitt „Geographie“ unter dem Schlagwort „Karte“ (S. 1363) den Verweis auf die sogenannte Karte des Agrippa (Plin. nat. 3,17). Leider findet man diese Textstelle auch nicht unter „Erdkreis“ (S. 1358) oder entsprechenden Synonymen. Stattdessen wird man hier (totus orbis) auf Plin. nat. 3,42 verwiesen – nachzutragen wäre zu diesem Schlagwort noch Plin. nat. 3,39. Auch in dem sehr informativen Abschnitt „Schriftsteller (S. 1448 – 1507)“ bleiben noch einige wenige Wünsche offen. So wäre es für den Benutzer vorteilhaft gewesen, wenn alle Quellenautoren durchgängig mit den entsprechenden Angaben aus den Standardwerken von Hermann Peter (Hrsg.), Historicorum Romanorum Reliquiae, Leipzig, Bd. 1 19142, Bd. 2 1906 (= HRR) oder aus Felix Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker, 15 Bde., Berlin/Leiden 1923ff. (= FGrHist) versehen worden wären. In diesem Zusammenhang ist es zudem unverständlich, warum z. B. bei Theopomp (S. 1476) auf die überholte Ausgabe von Carl Müller (Hrsg.), Fragmenta Historicorum Graecorum, 5 Bde., Paris 1841–1870 und nicht auf die heute übliche Edition bei Jacoby (FGrHist 115) aus dem Jahr 1929 verwiesen wird. Dies ist leider ein bedauerlicher Rückschritt hinter die Erläuterungen in den betreffenden Einzelbänden, wo fast durchgängig auf FGrHist verwiesen wird. Zudem zeigt das Beispiel Theopomp, dass im Registerteil „Personennamen“ (S. 86) hierzu mit Plin. nat. 31,16 (= FGrHist 115 F 278e) ein Eintrag mehr geboten wird als im Abschnitt „3.2.1 In den Texten genannte Quellen“. Dies hätte vermutlich durch mehr Abstimmung zwischen den beiden Bearbeitern vermieden werden können.

Vor dem Hintergrund des sehr fein ausdifferenzierten Sachregisters wären auch einige Querverweise sicher hilfreich gewesen. So findet man z. B. „Regenbogen“ (S. 1329) sowohl unter „Kosmologie, Astronomie, Kalender“ mit einem thematisch korrekten Bezug (Plin. nat. 33,81, 37,136f.) als auch unter „Meteorologie“ (S. 1346), ohne dass die jeweiligen Textstellen/Schlagwörter alternativ angezeigt worden wären. Ferner sucht man unter „Weitere Erwerbsmöglichkeiten“ (S. 1128 – 1138) vergeblich nach einem Schlagwort „Prostitution“ findet aber alternativ auf S. 1129 den etwas antiquierten Begriff „Dirne (meretricula)“ mit den entsprechenden Stellenangaben. Auch hier wäre ein Querverweis sinnvoll gewesen. Nicht zuletzt deshalb wäre eine beiliegende CD-Rom (z. B. mit einer pdf-Datei) eine relativ preiswerte Ergänzung gewesen, wodurch die Handhabung dieses Gesamtregisters um ein vielfaches hätte erleichtert werden können. Auch einige Missverständnisse sind anzumerken, wie z. B. auf S. 989 unter dem Schlagwort „Bestattung / Bestattungszeit“. Die angegebene Pliniusstelle 7,188 sagt jedoch nichts über die Uhrzeit aus, zu der ein Verstorbener beigesetzt werden sollte, sondern vielmehr über „die Zeit nach der Bestattung“ sowie „über die Geister der Verstorbenen“.

Des Weiteren sind auch einige Fehler bei den Stellenverweisen aufgefallen, die bei einem derartig umfangreichen Buch per se nicht völlig auszumerzen sind. Kennzeichnend ist auf S. 1362 der Verweis auf Plin. nat. 12,18 zu „Karte Äthiopiens, kürzlich dem Kaiser Nero überbracht (Aethiopiae forma nuper allata Neroni principi)“. Korrekt ist Plin. nat. 12,19. Es lohnt sich in Zweifelsfällen also durchaus, schon einmal einen Satz davor oder dahinter mitzulesen. Stichproben ergaben jedoch, dass Fehler dieser Art äußerst selten sind.

Bleibt noch abschließend ein formaler Kritikpunkt. Nicht zuletzt aufgrund des doch beachtlichen Preises wird dieses Buch leider nur von Fachbibliotheken und Pliniusfreunden & -nutzern gekauft werden. Gerade bei der ersten Käufergruppe ist eine über die Jahre intensive Benutzung zu erwarten, so dass die Papierstärke mit Sicherheit schon recht bald zu Problemen führen wird. So ist nicht nur die Schrift der durchschimmernden Rückseiten, sondern sogar die der darauf folgenden Seite noch gut zu erkennen. Die Haltbarkeit der extrem dünnen Seiten dürfte folglich in Uni-Bibliotheken sehr endlich sein.

Doch sind derartige Einwände insgesamt vor dem Hintergrund der nunmehr erschlossenen Materialfülle zweitrangig. Das mühselige Suchen in den Registern der Einzelbände hat mit dem vorliegenden Gesamtregister ein Ende. Zudem erschließt dieses Gesamtregister eine Fülle von sachlichen Begriffen, die in den Einzelbänden schlicht fehlen. Der vorliegende Band offenbart wieder einmal nachdrücklich, zu wie vielen Fragestellungen und Themengebieten sich Plinius geäußert hat. Mit dem Gesamtregister hält man gleichsam einen Schlüssel zu diesem Wissensschatz in Händen. Zudem ist es äußerst hilfreich, dass bei fast allen deutschen Schlagworten die entsprechenden lateinischen Textpassagen angemessen kurz zitiert werden. Kai Brodersen und vor allem Karl Bayer kann für das vorgelegte Buch nur gedankt werden – Artemis & Winkler für seinen verlegerischen Mut, dieses Gesamtregister auf den Markt gebracht zu haben. Es ist ein vorzügliches Arbeitsinstrument!

Michael Rathmann, Bonn
michael.rathman@uni-bonn.de


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