Stefan Faller, Taprobane im Wandel der Zeit: Das Sri-Lanka-Bild in griechischen und lateinischen Quellen zwischen Alexanderzug und Spätantike. Stuttgart: Steiner 2000 (Geographica historica 14). 243 S., 15 Abb. kartoniert, DM 88.—ISBN 3-515-07471-6

Ceylon, das in frühen einheimische Zeugnisse als „Lanka“ erscheint und heute „Sri Lanka“ heißt,  war der Antike spätestens seit dem Hellenismus bekannt; es erscheint als „Taprobane“, gelegentlich auch als „Palaesimundum“ oder „Salike“, seit der Spätantike auch als „S(i)elediba“ oder „Serendip“. Mit dem Bild, das antike Autoren zwischen Alexanderzug und Spätantike von dieser Insel am Rande der antiken Oikumene präsentieren, befaßt sich Stefan Faller in seinem Buch, das auf eine von Eckard Lefèvre und Oskar von Hinüber betreute Freiburger Dissertation 1997 zurückgeht.

Faller diskutiert dabei zunächst die unterschiedlichen Namen für die Insel und geht im Hauptteil der Arbeit die Berichte der griechischen und lateinischen Schriftsteller in chronologischer Folge einzeln durch. Nach ersten Erwähnungen bei Onesikritos und Megasthenes findet die Insel Berücksichtigung in den geographischen Werken eines Eratosthenes und eines Strabon, im anonymen Periplus Maris Erythraei und bei Pomponius Mela. Besonders ausführlich handelt sodann Plinius d.Ä. im sechsten Buch der Naturalis Historia (81-91) von Taprobane, und entsprechend ausführlich und umsichtig erörtert Faller diesen Bericht. Sodann widmet er sich dem geographischen Werk des Claudius Ptolemaios sowie Notizen bei Ammianus Marcellinus, (Ps.-)Palladios, Kosmas Indikopleustes und Stephanos von Byzantion; ein Exkurs gilt Taprobane in der Dichtung, insbesondere bei Dionysios Periegetes und den auf ihm beruhenden späteren Werken. Schließlich betrachtet Faller - für PLEKOS besonders interessant, im Zusammenhang seines Themas aber nur kursorisch - unter der Überschrift „Trivialia et mirabilia“ einige spätantike „Kompilatoren“, wobei er freilich etwa die Expositio totius mundi et gentium unberücksichtigt läßt; als Begründung hierfür verweist Faller pauschal auf die Argumentation eines anderen Gelehrten (in einem übrgiens nach Ausweis der Zeitschriftendatenbank der Deutschen Bibliothek in keiner deutschen Bibliothek vorhandenen Band der Zeitschrift ‘JRAS-CB’ [offenbar = Journal of the Ceylon/Sri Lanka Branch of the Royal Asiatic Society]). Ein letzter Blick gilt der Utopie des Iamboulos. Eine ausführliche Bibliographie, Register und (leider schlecht reproduzierte) Abbildungen beschließen den Band.

Fallers Studie wird ihrem Thema gerecht, ist klar gegliedert und bietet eine Vielzahl interessanter Details. Insbesondere die Erörterungen zum Taprobane-Bericht bei Plinius d.Ä. sind in der Umsichtigkeit der Argumentation und der Vielzahl wertvoller Einzelbeobachtungen besonders hervorzuheben. Problematisch scheint allenfalls gelegentlich die unkritische Übernahme mancher Forschungsposition. Wenn Faller etwa über den nur aus wenigen Zitaten bekannten Autor Alexander von Ephesos behauptet, es gebe „einen ganzen Komplex von Dichtern und Kommentatoren, die alle auf diesem Lehrgedicht des Alexander beruhen“ und Dionysios Periegetes als „das erste Glied in dieser Kette“ bezeichnet (166), im folgenden aber nur auf Texte verweist, die nicht von Alexander, sondern von Dionysios Periegetes abhängen, so genügt als Nachweis für dessen „Beruhen“ auf Alexander nicht der Verweis auf eine in einem RE-Artikel (übrigens mit aller Vorsicht) gemachte und in einem Studienbuch ohne Belege wiederholte diesbezügliche Vermutung, die auf die Ähnlichkeit einer einzigen, dem Alexander zudem nur in den anonymen Dionysios-Scholien (607) zugeschriebenen Verszeile mit dem Dionysios-Text abhebt. Ebenfalls überrascht, daß Faller sodann die unter dem Namen des Nikephoros Blemmydes überlieferte kurze geographische Schrift nach der Ausgabe von 1861 zitiert und für die Untersuchhung nutzt, ohne daß die neuere Forschungsliteratur zu dieser Schrift wahrgenommen worden wäre, derzufolge es sich nicht etwa um ein spätantikes Werk, sondern um eine frühneuzeitliche Fälschung handelt. Doch sind Irritationen dieser Art bei einer so breit angelegten Studie wie der Fallers in der Praxis kaum zu vermeiden und daher nicht überzubewerten.

Fallers Stil ist lebhaft und oft recht persönlich (17: „Ich plädiere stark dafür“). Das Buch wird dennoch wohl kaum außerhalb der Altertumswissenschaft rezipiert werden können, da die oft ausführlich zitierten griechischen und lateinischen Zeugnisse stets ohne Übersetzung präsentiert werden. Dies ist bedauerlich, denn der Autor schließt seine Darlegung ganz zu Recht mit dem Hinweis auf die große „Faszinationskraft“, die Taprobane-Studien „auch in Zeiten“ haben, „die für die Altphilologie nicht leicht sind“.

Kai Brodersen, z.Zt. University of St.Andrews
kai.brodersen@phil.uni-mannheim.de


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