Rainer Vollkommer (Hrsg.): Künstlerlexikon der Antike. Band 1: A-K. München/Leipzig: K.G. Saur 2001. LX, 435 S. DM 428,-- ISBN 3-598-11412-3

Als ein Teilprojekt des im gleichen Verlag erscheinenden Allgemeinen Künstlerlexikons wendet sich das auf zwei Bände geplante Künstlerlexikon der Antike (LAK) „an alle, die Informationen zur Kunst und Kultur der Antike suchen, vor allem an Archäologen, Altphilologen, Historiker, Kunsthistoriker, Galeristen, Sammler, Antiquare, aber auch an alle Kunstliebhaber" (VIIf.). Aus der Sicht des Altphilologen soll der vorliegende 1. Band besprochen werden.
    Nach einem Verzeichnis der über 160 Autoren aus 24 Ländern, das eindrucksvoll die Internationalität des Unternehmens dokumentiert, folgen „Benutzungshinweise" und ein umfangreiches Abkürzungsverzeichnis mit allgemeinen Abkürzungen, Antiken Autoren (die lateinischen am Index des Thesaurus orientiert), Literatur (erfaßt bis 2000), Zeitschriftensiglen und Verlagsorten. Gegenüber älteren Werken zeichnet sich das vorliegende v.a. dadurch aus, daß Künstler des alten Ägypten von ca. 3000 v.Chr. bis in die Mitte des 5. Jh. n.Chr. erfaßt sind (und dabei der Künstlerbegriff für diese Gruppe definiert wird), daß eine Reihe von Landschaften und Völkern (Phrygien und Umgebung, Nabatäer) systematisch erfaßt ist und daß die Spätantike angemessen berücksichtigt wird. Mitarbeiter von Werkstätten sind nicht aufgenommen.
    Im folgenden soll auf Information zu ausgewählten kaiserzeitlichen und spätantiken Künstlern, wie sie der Literaturwissenschaftler oder Historiker benötigt, hingewiesen werden.

Achvinus (S. 3): Eine Auflösung oder Deutung der Formulierung IUSTINA OTE wäre wünschenswert.

Aitherios (S. 18): Die Beschreibung der sog. Chalke in Konstantinopel, die durch den Architekten Aitherios erneuert worden war, umfaßt bei Thieme-Becker eine 3/4 Spalte, im LAK 9 Zeilen; wer mehr wissen will, wird auf die Literatur verwiesen.

Ampheion (S. 33): Hilfreich und brauchbar ist die Beschreibung und Würdigung des Mosaiks in Baalbek. Die Literaturangabe „RE VI, 1, 1910" (ohne Spalten- oder Lemmaangabe!) ist jedoch wenig förderlich, da der Band die Lemmata von Fornax bis Glykon umfaßt und man nur rätseln kann, auf welches Lemma verwiesen wird (ebenso der Hinweis auf KlP II, 1967). Das Fehlen der Spalten- bzw. Seitenzahlen oder gelegentlich auch des Lemmas bei Verweisen auf Lexikonarktikel ist auch sonst für den Benützer lästig.

Anastasius (S. 37): Gute Information über die französischen Ausgrabungen in Khirbet al-Samra (Jordanien).

Andromachos (S. 43): Wem nützt es, wenn er RE I.2, 1894 s.v. nachschlägt und dort die karge Notiz findet: „Steinmetz eines (sic!) in Kotyaion gefundenen Grabmals aus der späteren Kaiserzeit"? Immerhin kennt man jetzt „mindestens 20 Grabstelen" von seiner Hand. An diesem Beispiel zeigt sich deutlich, wie unsinnig der Verweis auf ältere Handbuch- und Lexikonartikel ist, wenn diese nicht zusätzliche Informationen liefern können. Leider sind derartige Verweise Legion.

Andronikos (III) (S. 44) soll „zusammen mit seinen Verwandten Chryseros" u.a. wahrscheinlich in der 2. Hälfte des 2 Jh. n.Chr. in Rom tätig gewesen sein. Chryseros ist (S. 140) jedoch erst „um 350 n.Chr. tätig". Während dieses chronologische Problem unter Andronikos IV besprochen wird, fehlt bei Chryseros ein entsprechender Rückverweis.

Annius Verus: Wichtig die Diskussion der Nachrichten aus der Historia Augusta über die Beschäftigung des jungen Kaisers mit der Malerei; vgl. auch Aurelius Severus Alexander, Domitius Ahenobarbus.

Anthemios (S. 50), Apollodorus (VI) (S. 66): Zwei vorzüglich informierende Artikel (W. Müller).

Artorius Primus (S. 97): Im Vergleich mit Thieme/Becker wenig substantiell.

Decrianus (S. 160): Man sollte die fiktiven Autoren der Historia Augusta wohl nicht namentlich als Zeugen zitieren („nach Aelius Spartanus" u.ä.).

Eleusinios (S. 201): Die Literaturangabe des Artikels vermitteln einen guten Zugang zur Geschichte des kaiserzeitlichen Olympia; vgl. auch Eros (S. 215).

Elias I und II (S. 202): Für die verschiedenen griechischen Namensformen, wenn sie denn korrekt sind, wäre die Zitierung der Originalinschriften bzw. Signaturen hilfreich.; das gilt auch sonst häufig. Im übrigen gibt der Artikel Elias (II), Kaium und Soel gute Informationen über das spätantike Heiligtum auf dem Berg Nebo in Jordanien und seine Mosaikarbeiten. Ähnliches vermißt man in dem Artikel Elpidios (II) im Zusammenhang mit der spätantiken Kirche von Palaiopolis auf Kerkyra (S. 203f.).

Euserius (S. 237): Rückverweis auf Agathon (VII) fehlt.

Eustathios (I) (S. 217): Prospers Epitoma chronicorum sollte nicht nach Migne, sondern nach Mommsen zitiert werden. Dort zeigt sich, daß die Variante des Namens, Eustachius, nur in einem Teil der Handschriften vorliegt und hier keiner weiteren Erwähnung bedurft hätte.

Felix (VII) (S. 255): J.M. Blázquez zeigt dabei allgemeine Charakteristika der spätantiken spanischen Mosaiken auf.

Filocalus (S. 256): Ein Verweis auf das Handbuch der lateinischen Literatur, § 531.2, sollte nicht fehlen.

Hadrianus (S. 273): Substantieller Beitrag zur Architektur der Zeit.

Iulius Lacer (S. 365): Wichtig für die römische Brückenarchitektur in Spanien.

Iulius Prudens (S. 367): Die Mosaiken der Villa von Caranque (Provinz Toledo) sind mit ihrem Bildprogramm ein bemerkenswertes Dokument der spätantiken profanen Bildung der Aristokratie.

S. 370: Die Einführung des Buchstabens J ist entbehrlich; die wenigen Lemmata können unter I eingeordnet werden.

    Beim Zitieren inschriftlicher Zeugnisse (Künstlersignaturen) wäre es erwünscht, daß regelmäßig der originale Wortlaut zitiert wird (wie z.B. s.v. Domitius Polygnos), bei altattischen Künstlersignaturen sollte die in Majuskeln und ohne Akzente überlieferte neben der normierten literarischen Schreibweise (in Minuskeln mit Akzenten) angeführt werden. Was den Umfang der Artikel betrifft, so ist der Vergleich mit Thieme-Becker oder RE aufschlußreich: Die Literaturangaben sind, wie nicht anders zu erwarten, umfangreicher geworden und erfreulich aktuell; die Substanz der Artikel selbst ist dagegen gelegentlich stark ausgedünnt.
    Unglaublich schlampig und fehlerhaft sind die griechischen Eigennamen geschrieben. In den Editionen des guten alten Teubner-Verlags mußte man lange nach einem falschen Akzent suchen; in diesem Werk sind sie nicht mehr zu zählen. Möge der zweite Band dieses wichtigen Handbuchs sorgfältiger redigiert werden!

Joachim Gruber, Erlangen
joachim.gruber@nefkom.net