Vlasta Tovornik: Das bajuwarische Gräberfeld von Schwanenstadt, Oberösterreich. Innsbruck: Wagner 2002 (Monographien zur Frühgeschichte und Mittelalterachäologie 9, hrsg. von F. Daim). 148 S., 11 Abb., 60 Tafeln und 3 Karten. Euro 36.-- ISBN 3-7030-0372-3.

 

Die Publikation ist in elf Kapitel unterteilt, von der Beschreibung des Fundortes (S. 11 - 14) bis zu den Schlußbetrachtungen (S. 48 - 53) und dem Katalog. Bestimmungen der Skelette führten M. Teschler-Nicola und K. Lindenbauer durch, detaillierte anthropologische Analysen sind nicht vorgelegt. Die Untersuchungen der in den Gräbern gefundenen Textilreste (S. 57 - 62) wurden noch von H.-J.Hundt vorgenommen.

            Die in antiken Quellen überlieferte mansio Tergolape an der Verbindungsstraße Lauriacum - Ovilava - Iuvavum ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Schwanenstadt-Schlatt gleichzusetzen. Das baiuwarische Reihengräberfeld wurde etappenweise - ab 1882 bis 1996, im Wesentlichen in den Jahren 1978 bis 1979 - beidseitig der durch Schwanenstadt führenden Linzerstraße auf nicht zusammenhängenden Grabungsflächen und nicht vollständig aufgedeckt. Es wurden 98 Grabnummern vergeben, einschließlich einer bronzezeitlichen Hockerbestattung (Grab I, Taf. 57), vier möglicherweise spätantiker Gräber, zweier Pferdeskelette und eines ununtersuchten Grabes. Die zugehörige zeitgleiche Ansiedlung befand sich nach Meinung der Verf. unter der am linken Ufer der Ager gelegenen Altstadt von Schwanenstadt (12 ff.). Das ist allerdings archäologisch nicht nachgewiesen. Im Areal der Nekropole traf man auf urnenfelderzeitliche Siedlungs- und Grabreste, zahlreiche römerzeitliche Kleinfunde, aber auch von den Grabanlagen gestörte Kulturschichten und Gebäudereste (Karte 2, Taf. 60, S. 16 f.). Womit, wie so häufig, auch für dieses Gräberfeld das Areal einer aufgelassenen kaiserzeitlichen Siedlung genutzt wurde.

            Die Belegung des baiuwarischen Gräberfeldes setzt im Nordwestteil in den ersten Jahrzehnten des 7. Jh. (Schicht 2 nach R. Christlein) ein, läuft über eine geschlossene Gräbergruppe nach Nordosten (620/30 -670/80) und endet mit einer Belegung im Süden ab 670/80 bis 700/Anfang 8. Jh. (S. 49). Die baiuwarischen Gräber waren im Wesentlichen West-Ost orientiert, zumeist mit einer geringen Abweichungen WSW-ONO (S. 19, Karte 1). In zahlreichen Gräbern waren Reste von hölzernen Särgen erhalten geblieben. Zusätzlich quer unter Schädel und Füßen liegende Pfosten mit deutlichen Sargspuren werden von der Verf. als "kistenartiger Einbau mit untergelegten Querbalken" bezeichnet (Grab 9, S. 70). Bei dem Befund könnte es sich eher um einen Sarg mit Tragestangen handeln. Ein Einbau ist auf jeden Fall immobil und würde in der Grabgrube vorgefertigt. Daneben sind einfache rechteckige Grabschächte mit und ohne Steinsetzungen und/oder Steinabedckungen vertreten (beispielsweise Gräber 52, 90, 95, 96).

            Die in der Nekropole geborgenen 99 Individuen - zehn davon blieben anthropologisch ununtersucht - verteilen sich auf 38 Männer, 28 Frauen und 23 Subadulte (neonatus bis iuvenil, S. 18), deren Anzahl mit unter einem Viertel der Gesamtindividuenzahl gering erscheint. Die durschnittliche Körperhöhe der Männer liegt bei 173,7 cm, der Frauen bei 165,1 cm (S. 18). Im Vergleich zu spätantiken romanischen Körperbestattungen sind hier die Körperhöhen beträchtlich stattlicher (Männer zwischen 164 und 167,7 cm, Frauen zwischen 152 und 159,1 cm: Tokod, Espelmayrfeld/Lauriacum, Brunn am Gebirge, Frauenberg bei Leibnitz).

            Die Gräber erfuhren antike (eher selten) und rezente Beraubungen, wie auch junge Störungen durch Bauarbeiten (S. 20 f.). Interessant ist der Befund in einem antiken Beraubungsschacht, angelegt für das Reitergrab 50. In diesem Schacht wurden ein dekapitierter (?) männlicher Erwachsener (Grab 55A) und zwei Kinder (Grab 55B und 55C) gleichzeitig (?) bestattet, sie waren dicht von Bruchsteinen und Mörtelbrocken, kaiserzeitlichem Ruinenschutt, bedeckt gewesen. Die Verf. zieht nicht recht nachvollziehbar die Dekapitation des Mannes als Sühneopfer für die Beraubung des Reitergrabes 50 in Erwägung (S. 21).

            Sonderlagen der Skelette (S. 22 f.) lassen sowohl nach Meinung der Verf. als auch der Rez. einen großen Spielraum für Spekulationen. Verkrümmt deponierte Körper könnten auf Knochenerkrankungen zurückzuführen sein (Grab 64: ein abgewinkeltes Bein; Grab 94: Bauchlage). Die meisten der Individuen in Sonderlagen werden von der Verf. nach entgegesetzter Orientierung und Beifunden für "spät- bis nachrömerzeitlich" als möglicherweise sozialen Randgruppen angehörig angesehen (S. 23). Die Individuen von Grab 94 und 97 befinden sich in Bauchlage, die Individuen der Gräber 91 und 86 in links- und rechtsseitiger Hockerlage (die Abbildung des Skelettes von Grab 91 wurde von der Rez. auf Taf. 61:2 nicht gefunden, da es nur 60 Tafeln gibt, sondern auf Taf. 57, die Abbildung von Grab 86 findet man statt auf der auf S. 122 angegebenen Tafel 45 ebenfalls auf Taf. 57). Bis auf das Individuum mit Kniefibel in Grab 94 sind alle Bestatteten in Sonderlage ohne Beigaben. Grab 86 ist WSW-ONO, also in Orientierung des Reihengräberfeldes angelegt, die anderen drei in entgegengesetzter Richtung. Die Verf. verweist neben einem kaiserzeitlichen Brandgrab auf spät- bis nachrömerzeitliche Körperbestattungen. Nicht erklärt ist der Terminus "nachrömerzeitlich" und ob sich die Verf. ein älteres Gräberfeld im Westbereich der baiuwarischen Nekropole vorstellt, denn Einzelbestattungen sind kaum vorstellbar. Nach Karte 2 befinden sich vier "ältere romanische Bestattungen" (Bezeichnung der Signatur) im Westen der Nekropole (weiter westlich sind baiuwarische und neuzeitlich gestörte Gräber eingetragen, das heißt, dass sich das baiuwarische, aber auch das spätantike [?] Gräberfeld weiter nach Westen erstreckt) im römerzeitlich verbauten Gebiet, ein "römisches Grab" (Bezeichnung der Signatur) ist ein gestörtes, NO-SW orientiertes Körpergrab (Grab 20), befindet sich randlich im Nordosten der Nekropole. Hier sind einige wichtige Fragen offen geblieben.

            Die Bauchlage des in einem "sargähnlichen Grabeinbau" (S. 118) befindlichen Mädchens aus dem reichen baiuwarischen Grab 79 - es gehört zu den spätesten der Nekropole - mit feuervergoldeten Bommelohrringen, einer Kette aus Glas- und Metallperlen, einer Riemenzunge aus Bronze und einem Spinnwirtel aus Ton, hält die Verf. weniger für eine "eventuelle postmortale Bestrafung der Verstorbenen", denkt dafür aber "spekulativ"... "an die Möglichkeit der Bestattung einer Scheintoten", aufgrund der verdrehten Lage der Arme und der gekrümmten Wirbelsäule, ein Umstand, der vielleicht auch simpler erklärbar wäre. Auch in diesem Fall sollte die Bezeichnung "Grabeinbau" für eine Holzkiste mit Querverstrebungen in den Ecken innen und an den Langseiten außen befindlichen längeren kantigen Stangen eher vermieden werden. Der Befund erinnert eher an eine tragbare Kiste, die Verf. nennt auch ein "hölzernes Deckbrett" (S. 118).

            Im Weiteren werden die Kleinfunde aus den Gräbern vorgestellt, eingeteilt in "Ausstattung der Frauen" (S. 24 - 33) und "Ausstattung der Männer" (S. 34 - 47), unter Letzterem sind kurioserweise auch "Pferdevergrabungen" (S. 47) subsumiert. Die Beigaben aus den Frauengräbern werden im Wesentlichen von Schmuck dominiert, wobei Ohrgehänge, Schlaufen- und Bommelohrringe eher genaue Datierungsansätze von der Mitte des 7. Jh. bis um 700 liefern.

            Gerade in Frauengräbern fällt ein gewisser Anteil an Altstücken auf. Er besteht aus einer weiteren Kniefibel (Grab 28), einer Scharnierarmfibel mit Zinnüberzug (Grab 98), einer Ringfibel aus Eisen mit rundem Querschnitt (Grab 73, mit einem aufgefädelten Fingerring aus schwarzem Glas mit gelblichgrünen Warzen, der laut Verf. in Latène-Tradition zu stehen scheint und zu dem keine Parallelen bekannt sind, S. 32) und sogar einer als Altfund keinem Grab zuweisbaren norisch-pannonischen Flügelfibel (S. 26 f.). Leider sind die Fibeln von der Verf. nicht näher typologisiert.

            Eine von zwei kaiserzeitlichen Münzen (erste Hälfte 1. Jh. und Mitte 2. Jh. ohne RIC-Angabe) ohne Lochung in zwei Gräbern (35 und 40, das Individuum von Grab 40, infans II, ist ein Knabe) wird als obolus interpretiert. Sie lag neben dem Schädel einer maturen Frau (Grab 35), die andere Münze könnte aus der Grabverfüllung stammen. Verf. schreibt die Münzbeigabe einem romanisierten Bevölkerungssubstrat zu (S. 31). Vier durchlochte Münzen (Prägedaten von 194/211 bis 364/375, ohne RIC-Angabe) stammen von einer Halskette (Grab 28) aus bunten Glasperlen und drei kleinen durchlochten Randfragmenten aus grünem Glas. Eine weitere stark abgeriebene durchlochte Münze fand sich gemeinsam mit einem Fragment eines Kettenpanzers vermutlich in einem Lederbeutel an der rechten Brustseite eines weiblichen Kindes (Grab 76). Beide Stücke sind als Amulette zu deuten. Teile von Brünnen stammen ausschließlich aus alamannischen, fränkischen und baiuwarischen Frauengräbern meist in Kontext mit einem Gürtelgehänge (S. 30).

            Ein am Gürtel hängender "großer Wirtel aus grünem Glas mit weißer Fadeneinlage" (S. 30), den die Rez. eher als große, stark gedrückt kugelförmige marmorierte Perle bezeichnen möchte, datiert die Verf. nach Parallelen in die zweite Hälfte des 6. Jh. Ein einzelner Spinnwirtel aus Ton scheint ebenfalls zu den Amuletten zu gehören (S. 31).

            Bei mehr als der Hälfte der Gräber weiblicher Individuen traf man auf Halsketten aus bunten Glas- und Metallperlen. In einem Fall (Grab 73) dürften die Perlen auf eine Haube genäht gewesen sein. Die Perlen verschiedenster Art datieren vom 4./5. Jh. (wiederverwendet) bis in das 7. Jh. (S. 27).

            Beinkämme fanden sich in acht Frauengräbern (S. 29). Von diesen acht Frauengräbern sind die Individuen aus den Gräbern 45 und 48 seitens der Anthropologie als männlich ausgewiesen (S. 96), wobei das Individuum in Grab 45 mit einer Perlenkette um den Hals wohl weiblich ist. Eine erklärende Notiz der Verf. wäre hilfreich, zudem auch in weiteren sechs Männergräbern Beinkämme beigegeben waren. Die Kämme aus Frauengräbern sind großteils zweireihige Dreilagenkämme, wie üblich fein und grob gezahnt, ein Kamm ist einreihig mit gewölbtem Rücken, ein Typ, der vorzugsweise den Schwanenstädter Männern mitgegeben wurde. Die Kämme lagen bei Frauen meist im Schädelbereich - wie auch in spätantiken Gräbern romanisierter Bevölkerung-, bei den Männern (S. 45) an unterschiedlichen Stellen. Die aus der Spätantike, allerdings nicht als Beigabe männlicher Toter, heraus entstandene Tradition der Kammbeigabe hält sich in slawischen Gräbern bis in das späte Frühmittelalter (S. 30).

            Bestandteile der weiblichen Tracht waren von gewickelten Riemen mit kleinen Riemenzungen und Schnallen gehaltene Gamaschen (in einem Fall, Grab 73, S. 29) und Gürtel (bei 23 von 25 weiblichen Individuen), die sich in ovalen bis rechteckigen Schnallen aus Eisen niederschlagen und für sich allein naturgemäß für eine Datierung unempfindlich sind. Fünf Rechteckschnallen mit Schnallenbeschlag fanden sich ausschließlich in Frauengräbern des jüngeren Belegungshorizontes (S. 33).

            Die Beigaben in Gräbern männlicher Individuen sind militärisch geprägt. Es sind Waffen: zwei Spathen (Gräber 23 und 32), an sich links getragen, Fundlage aber an der rechten Körperseite, mit Gürtelgarnitur und Spathagehänge, vergesellschaftet mit ein bis zwei Griffangelmessern, aus zwei chronologischen Horizonten (spätes 6. Jh. bis frühes 7. Jh. und spätes 7. Jh. bis frühes 8. Jh., S. 45); zwölf Breitsaxe und ein Kindersax (Letzterer zu Sonderformen des 7. Jh. gehörig), Hiebwaffen, die am Gürtel an der linken Körperseite getragen wurden und sich in dieser Lage auch in den Gräbern finden, sie können mit Griffangelmessern und/oder Pfeilspitzen vergesellschaftet sein (S. 35 f.); zwei Lanzenspitzen aus Schwanenstadt gehören zu nicht einordenbaren Altfunden (S. 37); die Lagen von 15 Pfeilspitzen aus sieben Gräbern männlicher Individuen neben und auf den Skeletten sind zeichnerisch dargestellt (Abb. 7), wobei in einem Fall eines wahrscheinlich awarischen Kriegers (Grab 29, eine blattförmige Pfeilspitze und drei Flügelpfeilspitzen neben Breitsax, Griffangelmesser und vielteiliger eiserner Gürtelgarnitur auch Fleischbeigeaben von Schaf und Huhn, S. 37 ff.) auf eine Aufbewahrung in einem Köcher geschlossen werden kann. Flügelpfeilspitzen mit tordiertem Schaft (durchgehend 7. Jh.) sind vergesellschaftet mit blattförmigen Pfeilspitzen (etwa bei dem adulten Mann in Grab 92A mit Kamm, Griffangelmesser, mehrteiliger Gürtelgarnitur, einem Armreif aus Eisen um den rechten Unterarm und einem Fingerring aus Buntmetall, es sind die einzigen derartigen Schmuckstücke der Nekropole, S. 44), eine dreiflügelige awarische Pfeilspitze befand sich in Kontext mit einer silbertauschierten und -plattierten mehrteiligen Gürtelgarnitur und einem Griffangelmesser (S. 37).

            Zur Ausstattung der Militärs gehören Gürtelgarnituren, die viel- bis wenigteilig, mehr oder nicht verziert, sich in sieben Typen auf 22 Gräber männlicher Indiviuduen verteilen  (S. 40 - 44). Die Verf. widmet ihnen eine eingehende Betrachtung mit einschlägigen Parallelen und kommt zu dem Schluß, daß im letzten Drittel des 7. Jh. vielteilige Garnituren aus Metall letztlich "reduzierten Gürtelformen" mit Schmuckbesatz aus Leder und Stoff weichen (S. 44). Zusätzlich spielen soziale Stellung des Gürtelträgers und längerer Gebrauch von Gürteln, wobei deren - verlorene - Bestandteile aus anderen Garnituren ersetzt wurden, eine zusätzliche Rolle. Ein einzelner - üblicherweise - am linken Fuß getragener Sporn stammt aus einem beraubten Reitergrab (Grab 50), das die Verf. in die Zeit um 700 stellt. 23 Griffangelmesser aus Gräbern männlicher, auch subadulter Individuen (drei sind Frauen beigegben) lagen vorwiegend an der linken Beckenseite am Gürtel befestigt, gelegentlich in Gürteltaschen (wie auch eine Nähnadel). Ein Griffangelmesser mit einem Kamm in ein Tuch gehüllt (Gräber 74 und 90) ist als Rasiermesser zu verstehen (S. 45). 

            Nur in dem Grab eines senilen Mannes (Grab 90) fand sich - unter anderem neben zwei Eberzähnen von einem baiuwarischen Lederhelm (s. 47, der Bestattete wird von der Verf. recht phantasievoll als ansässiger Romane aus einer Legionärsfamilie, integriert in die baiuwarische Gesellschaft, interpretiert, S. 50) - die einzige Geschirrbeigabe, bestehend aus einem Sigillatabecher der ersten Hälfte des 3. Jh. und einem grobkeramischen, freihändig gefertigten Krug, für den die Verf. eine Parallele von Straubing-Azlburg der zweiten Hälfte des 4. Jh. nennt (S. 46). Ein entfernt ähnliches Stück - nach Meinung der Rez. germanisch - stammt aus einem Grab des späten 4./frühen 5. Jh. vom Frauenberg bei Leibnitz, der seine Entsprechungen etwa in der germanischen Keramik vom Oberleiserberg findet.

            Wenn laut Verf. die im baiuwarischen Kernland im 6. Jh. noch gepflogene (Speise- und) Trankbeigabe, die sich in mitgegebenen Gefäßen niederschlägt, im 7. Jh. zurückgeht (S. 46 f.), gilt für die spätantiken romanischen Gräber ein Auslaufen der Sitte schon im frühen 5. Jh., wobei die einzelnen Becher und kleinen Krüge in den Gräbern nur mehr als Rudiment für eine Trankbeigabe stehen können.

            Zwei schon oben genannte "Pferdevergrabungen" stellt die Verf. als römerzeitliche Entsorgungsmaßnahme der Kadaver in Kontext mit einem nahegelegenen Gebäude der römerzeitlichen Verbauung, einer Schmiede.

            In der Auswertung (S. 48 - 53) wird noch einmal auf die horizontalstratigraphische Belegungsrichtung des Gräberfeldes von Westen über Osten nach Süden verwiesen. Die Verf. nennt das durch die baiuwarische Nekropole gestörte kaiserzeitliches Brandgrab und setzt vorwiegend entgegengesetzt orientierte Körpergräber und bis auf eine Kniefibel beigabenlose Skelette in Sonderlagen, Gräber in geringeren Tiefen, als "nachrömisch-vorbajuwarisch" in das 5. Jh. (S. 50). Wie oben angeführt, bleibt vieles dabei offen. Eine zeitliche Zäsur im 6. Jh. ist wohl gegeben.

            Die einzelnen Funde, auf die hier nicht näher eingegangen werden konnte, werden in eindrucksvoller Weise in interessante Kontexte gestellt. Das "Fortleben der romanisierten Bevölkerung" (51 ff.), dargestellt anhand (spät)römerzeitlicher Funde, scheint nicht ganz überzeugend bewiesen. Einerseits ist es in romanischen Gräbern keineswegs Sitte, Männern einen Armreif in Traglage, sei er aus Bronze oder Eisen, mitzugeben (der demselben Mann in Grab 92A angesteckte Fingerring ist leider nicht erhalten), andererseits ist es nicht einmal mehr für die Spätantike klar, ob mitgegebene Münzen als "Charonsmünze" (S. 52) zu verstehen sind, oftmals liegen die Münzen in den Gräbern in einem Beutel, der am Gürtel getragen wurde. Altstücke in baiuwarischen Gräbern hätten etwa älteren spätantiken Körpergräbern im (Rand?)Bereich der baiuwarischen Nekropole entnommen werden können. Derartige Ressourcen, ob aus früheren Gräbern oder Siedlungen, wurden beinahe zu allen Zeiten genutzt.

            Laut Verf. geht die Beigabensitte zuerst bei sozial niedrigeren Schichten zurück, wohingegen sie bei der Führungsschicht erhalten bleibt (S. 50). Die beiden mit Spatha bestatteten Männer gehörten der Oberschicht an, die einfacheren Krieger waren mit Sax, Pfeilen und Gürtelgarnituren ausgestattet (Zeitstellung 620/30 - 670/80, weitere mit Sax ausgestattete Gräber sind jünger, um 680).

            Im Beitrag von H.-J. Hundt ist die Untersuchung von 26/27 unterschiedlichen Geweberesten (aus Flachs) aus 18 Gräbern, die sich in der Korrosionsschicht von Metallen erhielten, dargestellt. Mitunter waren mehrere Textilarten in einem Grab festzustellen (S. 60). Offen bleibt das 'Geheimnis' gerissener Vogelfedern, die entweder während des Bestattungsrituals über dem Toten verstreut wurden oder einer Wattierung von Gewandstücken dienten (S. 61).

            Mit dieser Arbeit legt die Verf., die sehr ästhetischen Zeichnungen auf den Tafeln stammen von ihr selbst, eine mit viel Akribie unter Heranziehung von Parallelen und des neuen Forschungsstandes durchgeführte, für jeden Bearbeiter von Fundmaterial und nicht nur zeitgleichen Gräberfeldern aspektreiche Publikation vor, die es lohnt, genau studiert zu werden.

 

Ulla Steinklauber, Graz