Tabacco, Raffaella: Itinararii Alexandri Concordantia. Hildesheim, Zürich, New York: Olms-Weidmann, 2002 (Alpha-Omega. Reihe A. Lexika, Indizes, Konkordanzen zur klassischen Philologie, Vol. 225). 245 S. Euro 68,--. ISBN 3-487-11580-8.

 

Im Computerzeitalter mit seinen CD-ROM-Datenbanken muten Konkordanzen in Buchform fast schon wie ein Relikt aus alten Zeiten an. Doch gerade für spätantike Texte, die in elektronischer Form heute oftmals noch nicht verfügbar sind, stellt eine gedruckte Konkordanz ein „strumento essenziale per un’ analisi linguistica completa e approfondita“ dar, wie Raffaella Tabacco (im folgenden: „T.“ bzw. „Tabacco 2002“) am Schluß ihres konzisen Vorwortes (S. 4) treffend konstatiert.

Nach gut einem Duodezennium intensiver Beschäftigung mit dem Itinerarium Alexandri, aus deren Ergebnissen eine neue kritische Edition mit ausführlicher Einleitung, umfassendem Textapparat und detailliertem Kommentar resultierte,[1] hat T. nun in Ergänzung ihrer Ausgabe und quasi als Ersatz eines dort fehlenden Index verborum[2] die hier zu rezensierende Itinararii Alexandri Concordantia, erschienen als Band 225 der Serie Alpha-Omega. Reihe A, vorgelegt.

Überliefert in einem einzigen Kodex, dem Ambrosianus P 49 Sup,[3] bot und bietet das wohl im Jahre 340 von einem Anonymus verfaßte[4] Itinerarium neben inhaltlichen viele editorische und sprachliche Probleme. Da der anonyme Autor, wie August Wilhelm Schlegel schroff urteilte, außerstande gewesen sei, „les vrais principes de la grammaire et de la logique“ zu befolgen,[5] ist es für T. nicht immer einfach gewesen, eine klare Trennlinie zu ziehen „tra quanto può essere accettato come testimonianza del progressivo allontanamento della lingua dai costrutti e dal lessico classico e quanto va considerato menda del manoscritto.“[6]

Ob dieses Befundes hielt es T. für geraten, den Text ihrer Ausgabe eher konservativ zu gestalten und die in den letzten beiden Saecula propagierten Konjekturen der viri docti überwiegend in den Apparat zu „verbannen“, um so einen - bei aller Vorsicht, zu der die dünne Überlieferungslage gebietet - relativ authentischen Text des Itinerarium zu gewinnen. Das führt in den Grenzbereich eines diplomatischen Abdrucks der Hs., und es finden sich in der Konkordanz konsequenterweise etwa unter dem Lemma adversum auch archaische Formen wie advorsum oder unter adgestus assimilierte Formen wie aggestus, stets mit den entsprechenden Querverweisen. Erfreulicherweise werden durch Cruces markierte Textverderbnisse in der Konkordanz dokumentiert,[7] und auch Emendationen/Konjekturen sind i.d.R. gekennzeichnet.[8] Daß T. der Konkordanz ihre eigene Edition zugrundegelegt hat ist mehr als legitim, zumal sich diese unzweifelhaft als Standard etablieren wird.[9]

 

Von den zwei grundsätzlichen Einrichtungsmöglichkeiten für eine Konkordanz - alle Lemmata fortlaufend strikt alphabetisch vs. die flektierten Formen eines Wortes jeweils unter dessen Grundform als Rubrum - hat sich T. für letztere entschieden. Innerhalb eines Lemmas sind die einzelnen Belege chronologisch aufgelistet: nach dem Paragraphen folgt die Zeilennummer der durchgängigen Zeilenzählung aus T.s Edition, gefolgt von dem in einen „contesto significativo“[10] eingebetteten Wort in Fettdruck. Die ersten beiden der insgesamt elf Einträge für agmen mögen das Format illustrieren:

18 106   Agmen uero ceterum et auxilia circa gentium classi uehebatur

19 121   is Granicus ... impetu plus quam agmine ualebat

Zwar weisen ob des geringen Textumfanges des Itinerarium selbst (821 Zeilen in T.s Edition) die Lemmata der Konkordanz selten mehr als zehn Einträge auf - die Regel sind gar ein bis drei - doch bei längeren Listen erweist sich das chronologische Ordnungsprinzip als nachteilig. Um z.B. alle maskulinen Akkusative des Relativpronomens aufzufinden, muß man sich durch 186 Einträge arbeiten. Hier, bzw. dann insgesamt, wäre eine Anordnung nach grammatischen Gesichtspunkten bzw. eine alphabetische Anordnung benutzerfreundlicher gewesen.[11]

Die Ausstattung der Konkordanz entspricht dem Standard der Reihe. Der Druck ist gut lesbar und, soweit es die Stichprobe des Rezensenten ergab, fehlerfrei. Am Schluß dieser Besprechung stehe ein Diktum Michael Winterbottoms: „Concordances are to be used, and are hardly reviewable.“[12] Möge also vorliegendes Werk seinen Nutzen im tätigen Gebrauch erweisen!

 

Marc Steinmann, Gießen
marcsteinmann@web.de

 

Nachsatz:

Im Internet zugänglich ist (derzeit noch) eine Übersetzung des Itinerarium mit einleitender Fußnote von Waldemar Heckel: Davies, Iolo 1998. „Alexander’s Itinerary. An English Translation.“ In: AHB 12.1-2: 29-54.

http://web.archive.org/ web/20020120064956/http://www.uni-frankfurt.de/fb08/SAG/ahb/ahb12/ahb-12-1-2d.html

 

Bibliographie:

Fuhrmann, Manfred: Das Itinerarium Alexandri. HLL 214f.

 

Hausmann, Hans-Josef: Itinerarium Alexandri (kritische Edition). Diss. phil., Köln 1970.

 

HLL = Herzog, Reinhart und Schmidt, Peter Lebrecht (Hrsgg.): Handbuch der lateinischen Literatur der Antike. Band 5. Restauration und Erneuerung. München1989.

 

Schmidt, Peter Lebrecht: Iulius Valerius Alexander Polemius, Res gestae Alexandri Macedonis. HLL 212-214.

 

Tabacco, Raffaella: Itinerarium Alexandri. Testo, apparato critico, introduzione, traduzione e commento. Florenz 2000 (= Tabacco 2000).

 


[1] Vgl. Bibliographie.

[2] Die Edition enthält lediglich Indices locorum und virorum doctorum. Man vermisst vor allem einen Index grammaticus, dessen Beigabe den Wert dieser verdienstvollen Ausgabe des Textes eines Autors, „che scrive in una lingua certamente ormai lontana dalla regolarità del latino classico e largamente permeata di costrutti che tradiscono, insieme ad una certa fatica nella scrittura, l’influsso della lingua d’uso“ (Tabacco 2000: V), noch wesentlich erhöht hätte.

[3] Für etwa ein Achtel des Gesamttextes tritt ein Fragmentum Guelferbytanum (Extrav. 259,1) hinzu; einige wenige Passagen sind zudem in die Res Gestae Alexandri Macedonis des Iulius Valerius interpoliert, und zwar im Parisinus 4880.

[4] In der vorliegenden Konkordanz ist der Text vorsichtig auf „secolo IV“ (S. 1) datiert, die communis opinio setzt die Entstehung im Frühjahr 340 an. Zu Datierungsfragen und zur Kontroverse um die Autorschaft - einige Gelehrte sprechen das Itinerarium dem Iulius Valerius zu - siehe ausführlich Tabacco 2000, VIII-XXI, mit weiterer Literatur. - Diesbezüglich sei am Rande vermerkt, daß auf engstem Raume innerhalb des fünften Bandes des HLL Schmidt (213) implizit für eine Verfasserschaft des Iulius Valerius eintritt, Fuhrmann (215) zwei Seiten weiter jedoch die Indizien für „nicht stark genug“ hält.

[5] Brief an Guillaume Favre vom Oktober 1817, dem Jahr der ersten Publikation des Itinerarium durch Angelo Mai; zitiert nach Tabacco 2002,1.

[6] Tabacco 2000, XLV.

[7] Vgl. etwa acutus 15 88, visabundus 57 362, 105 717 suascitum.

[8] Etwa incentivum 3 16, sibi 26 171, utrubique 32 205, offerre 44 279, pars 106 722, abnuo 114 776. Nicht in der Konkordanz verzeichnet - schlechterdings auch nicht möglich, da es sich um eine Eleminierung handelt - etwa die auf Muratori zurückgehende Streichung des usi bzw. usu (manus alt.) in 16 93, wo andere Herausgeber zu verschiedensten Konjekturen gegriffen haben. - Eine Tabula coniecturarum im Anhang einer Konkordanz könnte hier vielleicht aufschlußreich sein, würde aber wohl in den meisten Fällen den Rahmen sprengen.

[9] Zu den Editionsprinzipien vgl. Tabacco 2000, XLVf.; zu den Vorgängereditionen, von denen sich diejenige Hausmanns - die derzeitige Referenzausgabe laut Index des ThLL - durch „un’ eccessiva subalternità“ auszeichne, vgl. ibid. XL-XLIV.

[10] Tabacco 2002, 4.

[11] Letztlich aber entbindet auch eine solche Art der Anordnung den Benutzer einer Konkordanz nicht von aufmerksamer Lektüre, hängt doch die (vermeintlich) optimale Anordnung und kontextuelle Einbindung eines Wortes jeweils vom individuellen Interesse eines Benutzers einer Konkordanz ab.

[12] CR N.S. 30, 1980, 142.