The Roman Eastern
Frontier and the Persian Wars. Part II AD 363630. A narrative sourcebook. Edited and
compiled by Geoffrey Greatrex and Samuel N.C. Lieu. London, New York: Routledge, 2002. XXXII und 373 S. £ 60, $ 95. ISBN 0-415-14687-9.
1991 war bei Routledge das von Michael H. Dodgeon und Samuel
S.N.C. Lieu herausgegebene Werk The Roman Eastern Frontier and the Persian Wars (AD
226363). A Documentary History erschienen, dem nun ein zweiter,
abschliessender Band folgt. Damit liegt eine Quellensammlung vor, die die gesamte Epoche
der (ost-) römisch-persischen Beziehungen umfasst.
Im neunten Kapitel
des Vorläuferbandes waren die Berichte über den Perserfeldzug Iulians zusammengestellt
worden. Hieran schliesst sich das erste Kapitel des Nachfolgebandes The Peace of
Jovian and its aftermath in Mesopotamia (363399), S. 119 direkt an. Das
zweite Kapitel: The evolution of the north-east frontier (363399), S.
2030, behandelt den kaukasischen Schauplatz im gleichen Zeitraum. Nach demselben
System wird hinsichtlich des im Osten eher ereignislosen 5. Jhs.
verfahren: Kapitel 3 hat The Mesopotamian frontier in the fifth century, S.
3152, Kapitel 4 The north-east frontier in the fifth century, S.
5361 zum Inhalt. Der Schwerpunkt der
Sammlung liegt auf dem 6. Jh., das in acht Kapiteln geradezu erschöpfend behandelt ist.
Dabei wird zunächst der Wiederausbruch der Feindseligkeiten nach längerer Friedenszeit
geschildert: The Anastasian War and its aftermath (502525), S.
6281, woran sich Justinians First Persian War and the Eternal Peace (c.
525540), S. 82101, anschliesst. Es folgen drei Kapitel, deren
Hauptüberschrift jeweils Justinians Second Persian War lautet. Sie sind
in the southern front (540545), S. 102114, the northern
front (540562), S. 115122 und diplomatic relations (545562),
S. 123134, eingeteilt. Die
Kapitel 10 bis 12 haben The failure of the Peace of 562 (562573), S.
135150, The war under Tiberius (574582), S. 151166, und
The reign of Maurice (582602), S. 167181, zum Inhalt. In den folgenden
Kapiteln ist der abschliessende Höhepunkt des spätrömisch-sasanidischen Konflikts
geschildert: The Persian takeover of the Near East (602622), S.
182197, und The Roman recovery under Heraclius (622630), S.
198228. Den Zeitabschnitt vom Sturz Hormisdas´ IV. (590) bis zur Herrschaft der
Königin Boran (630/31) deckt Kapitel 15 (S. 229237) ab, in dem eine Übersetzung
des ersten Teils der syrischen Chronik von Khuzistan vorgelegt wird. Das letzte Kapitel:
The evidence of epigraphy: the eastern frontier (363630), S.
238245 enthält eine Auswahl von Inschriften. Die Anmerkungen (Notes) sind
kapitelweise nummeriert, aber gesammelt an den Schluss gesetzt worden (S. 247322).
Eine in Primary Sources und Secondary Sources unterteilte
umfassende Bibliography nimmt die S. 323349 ein, gefolgt vom Index
of Sources, S. 350354 und dem General Index, S. 355373.
Ein Vergleich
zwischen den beiden im Abstand von elf Jahren erschienenen Bänden zeigt, welche
Fortschritte inzwischen bei der Herausgabe von Quellensammlungen erzielt worden sind. In
der documentary history von 1991 waren die relevanten Zeugnisse ohne weiteren
Kommentar aneinandergesetzt und die nötigen Erläuterungen in den Anmerkungen geliefert
worden. Über
die Methode, nach der das rezente narrative sourcebook bearbeitet wurde, geben
die Herausgeber in der Vorrede (preface, S. XXII) Auskunft: Instead of
offering merely a series of translated excerpts from ancient authors, we have attempted to
fill the gaps between extracts, thus providing a history of the frontier and of
Romano-Persian relations ... In der Tat machen
die mitunter auch etwas längeren zusammenfassenden Abschnitte, die die übersetzten
Quellenzitate erst zu einer fortlaufenden Darstellung verbinden, nicht den
geringwertigsten Teil des Werkes aus. Wichtig erscheint aber vor allem ein Blick darauf,
welche Stellen der Überlieferung als tragende Elemente der Darstellung ausgewählt
wurden.
Hier ist
insbesondere ein Vergleich zwischen den in der Liste der Primärquellen erfassten
Editionen und den im Wortlaut abgedruckten Zitaten, wie sie im Quellenindex aufgelistet
sind, aufschlussreich. Nur eine Auswahl der erhaltenen Autoren kommt zu Wort, unter ihnen
wiederum wenige mit zehn oder mehr Einträgen. Auf die Kriterien der Auswahl wird in der
Vorrede kurz eingegangen: Die eher zurückhaltende Heranziehung von Prokop, Josua Stylites
und Sebeos ist dort mit dem Vorhandensein von Übersetzungen begründet, der völlige
Verzicht auf Georg von Pisidien mit Interpretationsschwierigkeiten. Bei all dem bleibt
immer im Auge zu behalten, dass das Werk vorzugsweise für englischsprachige Leser gedacht
ist. So mag man es immerhin als bedauerlich empfinden, dass mit keinem Wort auf die
fünfbändige griechisch-deutsche Prokop-Ausgabe von Otto Veh verwiesen wird. Dagegen ist
die 1985 als Band 20 der Bibliothek der griechischen Literatur herausgekommene
Übersetzung des Theophylaktos Simokates von Peter Schreiner genannt, obwohl im Jahr
darauf auch eine englische Version von L.M. und M. Whitby erschien.
Auf der anderen
Seite haben die Herausgeber Quellen nutzbar gemacht, an die man vielleicht nicht ohne
weiteres denken würde. Auf die syrische Fassung der im griechischen Original verlorenen
Kirchengeschichte des Zacharias von Mytilene wird wiederum in der Vorrede verwiesen. Nicht
weniger als achtzehn Zitate dieses Autors werden im 5. und 6. Kapitel vorgelegt. Leser,
deren Augenmerk mehr dem lateinischen Westen der spätantiken Welt zugewandt ist, werden
mit Interesse die Benutzung von z. B. Augustins Gottesstaat (zwei Stellen), der Historien
Gregors von Tours (eine Stelle), der Chronik des Johannes von Biclaro (vier Stellen), von
Jordanes Romana (drei Stellen) oder des Geschichtswerks des Orosius (zwei Stellen)
registrieren.
Durch die Arbeit der Herausgeber, die über eine blosse Quellen-Kompilation weit hinausgeht, ist ein schlüssiges und sehr informatives Gesamtbild der (meist kriegerischen) oströmisch-sasanidischen Beziehungen entstanden, das höchstens in Einzelheiten zur Debatte steht. Unausrottbar ist anscheinend die S. 25 aufgegriffene Vorstellung, der armenische König Pap habe den Katholikos Nerses umbringen lassen, obwohl dies nur in der fragwürdigen armenischen Überlieferung behauptet wird (vgl. LThK3 7 s.v. Pap; DNP 9 s.v. Pap(a)).
Festzuhalten bleibt
noch, dass das Buch sehr sorgfältig produziert worden ist. Die Zahl der Druckfehler und
anderer mechanischer Irrtümer hält sich so sehr in Grenzen, dass auf die beiden
auffälligsten hingewiesen werden kann: S. 163 und 165 (mit Anm. 80, S. 290) wird
anlässlich 580 und 581 durchgeführter Feldzüge des Kaisers Mauricius dessen Feldherr
Theoderich erwähnt, der nur in zwei Quellen namentlich genannt ist (vgl. PLRE III B,
Theodericus 2). Theoderic (Roman genaral) ist unter Angabe der betreffenden
Seiten auch im Index zu finden. Verblüffung erregt da ein unmittelbar davor befindlicher
Eintrag Theoderic (Ostrogothic king) 163. Gern wüsste man, wie ein solcher
Verweis zustande gekommen ist, zumal der Ostgote (mangels Beziehungen zu Persien) in dem
Buch gar nicht erwähnt wird. Ein weiterer Irrtum, dessen Richtigstellung dem Leser sogar
ein wenig Sachkenntnis abverlangt, findet sich in Anm. 26 zu S. 200 (Anmerkungstext S.
308). Dort
wird a Roman advance as far as Hamadan and May erwähnt. Statt
May muss es Ray heissen, die Rede ist von den griechisch Ekbatana
und Rhagai genannten medischen Städten.
Die nunmehr durch die Arbeit von Geoffrey Greatrex (der den
vorliegenden Band stark geprägt hat) vollendete Geschichte der römisch-persischen
Beziehungen verspricht ein Standardwerk zu werden, an dem niemand vorbeigehen kann, der
sich mit den historischen Entwicklungen im Nahen Osten in der Epoche vor der Ausbreitung
des Islam beschäftigt.
Dr. Martin
Schottky, Angerweg 3, 91362 Pretzfeld
Ergänzende Informationen (supplemetary information) zum Thema auf der Web-Seite des Autors Geoffrey Greatrex