Prisciani institutionum grammaticalium librorum XVII et XVIII Indices et Concordantiae. Curantibus Cirilo García Román, Marco A. Gutiérrez Galindo, María del Carmen Díaz de Alda Carlos, 2 Bde., Hildesheim 1999, VI/965 S. (Alpha-Omega, Reihe A, Bd. CXCII). Preis je Bd. DM 198,-.

Mit seinen 18 Büchern ‘De institutione Grammatica’ hat der bis in die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts n. Chr. in Konstantinopel wirkende Nordafrikaner Priscian nicht nur die für uns letzte vollständig erhaltene lateinische Grammatik der Spätantike vorgelegt. Ergänzt durch separat veröffentlichte, unter seinem Namen überlieferte kleinere Traktate (‘De figuris numerorum’, ‘De metris Terentii’, ‘De praeexercitamentis rhetoricis’, ‘De nomine et pronomine et uerbo’, ‘Partitiones duodecim uersuum ...’, [‘De accentibus’]), ist Priscians ‘Institutio’ zugleich das ausführlichste grammatische Lehrwerk der Antike und ein wertvolles Zeugnis für den immer stärker werdenden Verfall sprachlicher wie auch metrischer Bildung im römischen Restreich. Wenn ein Priscian seinen Zeitgenossen erst erklären mußte, daß es sich z.B. bei Komödien des Terenz um Dichtung in Versen, nicht um Prosa handelt, ist solches schon bezeichnend. Unbeeindruckt durch die Dominanz der Donatschen ‘Artes’ und die von ihnen abhängige Grammatiktradition, die sich zu einem großen Teil auf eine bloße Kommentierung der Aussagen Donats beschränkt hat, hat Priscian eine eigene Großgrammatik verfaßt, die sorgfältig selbst griechische Quellen auswertet und erstmals in Latein einen eigenen, ausführlichen Abschnitt über die Syntax bietet (Buch 17 und 18). Wie eine fast unüberschaubare Fülle von Handschriften bezeugt, hat Priscian noch im Mittelalter die ihm gebührende Beachtung gefunden. Auf Abbildungen der Grammatica, wie sie z.B. Handschriften des 11. und 15. Jahrhunderts bewahren, ist er sogar über Donat gestellt (ms. Laur. S. Marco 190, fol.16v; ms. Urb. lat. 329, fol.25v):

                   Magna Donatus me soluit parte peritus,

                   Auctor Priscianus totam me scribit opimus.

Für die Forschung des 20. Jahrhunderts dagegen scheint Priscians wichtige ‘Institutio’ eher weniger von Interesse. Immerhin ist es Priscian und nicht Donat, der 1988 als einziger lateinischer Grammatiker mit sogar 15 Seiten in den von Gärtner herausgegebenen 5. Band ‘Die römische Literatur in Text und Darstellung’ aufgenommen ist. Und natürlich sind seine Aussagen in Untersuchungen zu den Grammatici Latini und den von ihnen behandelten Phänomenen einbezogen - zuletzt hervorzuheben ist z.B. das Buch von Baratin über die Entwicklung der Syntax (1989). Sind jedoch zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch mehrere Dissertationen speziell zu Priscian entstanden (z.B. Wischnewski [1909], Schultze [1910], Luscher [1911], Dierschke [1913]), gibt es in jüngerer Zeit nur mehr vereinzelt Priscian selbst gewidmete Literatur wie das kleine Büchlein von Ballaira über „Prisciano e i suoi amici“ (1989). In den - leider unvollständigen - Grammatiker-Bibliographien von Della Casa bzw. Pugliarello sind für die Jahre 1934-1984 lediglich 17 Einträge zu Priscian verzeichnet; für 1985-1997 sind es immerhin 37, davon allerdings nur 10 bzw. 25 direkt zu Priscian - scheinbar ein Indiz für eine deutliche Zunahme des Interesses. Doch auch wenn Pugliarello in ihrem Forschungsüberblick gar davon spricht, „la figura di Prisciano ha focalizzato l’attenzione degli studiosi“, gelten die meisten Beiträge Fragen der Überlieferung und Geschichte des Priscian-Textes oder seiner späteren Kommentierung und Rezeption im Mittelalter (so z.B. das Buch von Glück 1967 oder die Edition eines St. Gallener Kommentars durch Hofman 1996) und damit nicht wirklich Priscian selbst als Grammatiker und der Anlage und Entstehung seines Werkes. Neue Editionen gibt es lediglich zu vier von Priscians ‘Opera minora’ (Passalacqua 1987, 1992). Eine moderne wissenschaftliche Ausgabe oder auch ein neuzeitlicher Kommentar zur ‘Institutio’ insgesamt existieren nicht. In den derzeit verfügbaren Literaturdatenbanken auf CD-ROM (PHI, Bibliotheca Teubneriana) ist Priscian nicht enthalten. Maßgeblich ist nach wie vor die alte zweibändige Edition von Hertz als Band 2 und 3 des von Keil herausgegebenen Corpus der Grammatici Latini (1855, 1859), das nach einer Vorankündigung des Saur-Verlags demnächst auch auf der zweiten Teubner-CD digital zugänglich sein soll. Im Zusammenhang mit anderen, neueren Großprojekten zu den Grammatici Latini ist Priscian ebenfalls berücksichtigt und so z.T. bereits durch moderne Computer-Indizes bzw. Konkordanzen erschlossen. Zu verweisen ist auf den soeben erschienenen Bd.14 der ‘Concordantiae - Indices’ zu den Scriptores Latini de re metrica (1997) mit einer Zusammenstellung von „los términos métricos y prosódicos“ sowie auf den großen dreibändigen ‘Index Grammaticus’ von Marinone/Lomanto (1990) in der bekannten Reihe des Olms-Verlags. Da in derselben Reihe nun nahezu zeitgleich sogar zwei Priscian-Spezialkonkordanzen erschienen sind, von García Román und zwei Mitherausgebern zu den beiden letzten, der Syntax geltenden Büchern der ‘Institutio’ (1999) sowie von Ballaira zu Priscians ‘Panegyricus’ (2000), scheint zumindest durch den Olms-Verlag mit seiner Reihe ‘Alpha-Omega’ die Auseinandersetzung mit dem Priscian-Text eingeleitet.

Hier zu besprechen ist die Konkordanz von García Román u.a. zum 17. und 18. Buch von Priscians Grammatik, die - eben mangels neuerer Editionen - auf dem Text von Hertz/Keil von 1859 basiert (Grammatici Latini Bd.3, S.107-377). Es handelt sich um eine in der üblichen Weise angelegte KWIC-Konkordanz mit einem Kontext von ca. einer Zeile (Keil) jeweils rechts und links vom mittig gesetzten Keyword. Dieses ist durch Fettdruck zusätzlich markiert und so besonders gut hervorgehoben. Der Kontext ist im Block und ohne Beachtung von Wortgrenzen gegeben, so daß die Einträge für den nur oberflächlichen Betrachter einen optisch schönen, geschlossenen Anblick bieten. Tatsächlich aber sind die dadurch entstandenen fragmentarischen Wortbrocken am Zeilenanfang und -ende verwirrend und bringen dem Nutzer keinen Vorteil, und dies trotz des erklärten Zieles der Herausgeber, möglichst viel zu präsentieren (vgl. p.V,4). Da gerade in einem Grammatiker-Text mit Einzelbuchstaben, Silben und Wortteilen zu rechnen ist (vgl. z.B. [17]3,112,2f.), wäre der Kontext vernünftiger auf vollständige Wörter bzw. tatsächlich überlieferte Einzelbuchstaben und Silben zu beschränken gewesen, so wie es technisch auch ohne weiteres möglich und in den Konkordanzen zu anderen Autoren heute längst Standard ist. Die übliche Anordnung mit ihrer zu erwartenden alphabetischen Ausrichtung nach dem Keyword und dem ihm folgenden Kontext ist durch eine jeweils vorangestellte Auflistung der Fundstellen ergänzt, so daß die einzelnen Einträge zugleich die Funktion eines am Vorkommen der Belege orientierten Stellenindex erfüllen. Lateinische und griechische Wörter sind in zwei eigenen Konkordanzen für sich getrennt verzeichnet (S.1-807 mit eigenen Einträgen für die Enklitika -ne, -que, -ue; S.809-965). Auf zusätzliche Angaben und einen Anhang mit Wortstatistiken, Frequenzlisten o.ä. ist verzichtet. Informationen über die Verläßlichkeit des abgedruckten Textes und den Überlieferungsbefund sind aus der Konkordanz selbst leider nicht zu entnehmen (vgl. dagegen die Konkordanz-Vollversion zum Index von Marinone mit einer Markierung von Konjekturen, vgl. die Konjekturliste im Anhang zu meiner Konkordanz zu den grammatisch-metrischen Werken des Terentianus Maurus). Eine knappe, zweiseitige Einleitung informiert lediglich über die Anlage der Konkordanz und Orthographisches und macht auf die Korrektur von 21 Druckfehlern im Ausgangstext aufmerksam (davon 15 Akzentfehler bei griechischen Wörtern). Auf eine Einführung in den Forschungsstand ist verzichtet. Ein bibliographischer Überblick über die bisherige Arbeit am Text ist nicht gegeben. Nicht einmal Hertz als der eigentliche Editor von Keils Priscian ist benannt (vgl. dagegen die deutlichen Titelblätter zu den Bänden 2 und 3 [„Grammatici Latini ex recensione  Henrici Keilii ...“, „Prisciani ... Institutionum ... libri XVIII ex recensione Martini Hertzii“], vgl. die Praefatio). Eine über die bloße Konkordanzerstellung hinausgehende Auseinandersetzung mit dem Text des Priscian und der zugehörigen Forschung ist folglich nicht zu erkennen bzw. nicht dokumentiert.

Angesichts der Notwendigkeit, für die Arbeit an und mit antiken Texten Formulierungen und sprachliche Parallelen vollständig, verläßlich und vor allem rasch auffinden zu können, steht der Wert einer Konkordanz als unverzichtbares Hilfsmittel und Arbeitsinstrument für die Forschung außer Frage. Auch für die hier zu besprechende Priscian-Konkordanz scheint dies zunächst zu gelten, zumal man bislang auf die mühevolle Arbeit mit dem kontextlosen Auswahlindex von Marinone angewiesen war. Mit der neuen Konkordanz von García Román u.a. sind demgegenüber erstmals präzise Untersuchungen zu Priscians Sprachgebrauch möglich - die unumgängliche Voraussetzung für eine längst überfällige Neuedition.

So formuliert Priscian z.B. nur einmal im 17. und 18. Buch haec autem elocutio ad ... pertinet (18,288) und verwendet die t.t. barbarismus und soloecismus im 17. und 18. Buch insgesamt nur viermal (17,111. 167, 18,211; keine Angaben bei Marinone, da mit 135 bzw. 105 Fundstellen allein für die Nominative das Limit überschritten ist). Die Formulierung 18,259 hic quoque affirmatiue ponuntur ... ist mit 18,258 hic quoque omnia affirmatiue ... und 18,253 affirmatiue posuit zu vergleichen. Hic quoque nutzt Priscian in den Büchern 17/18 insgesamt zehnmal, und dies auf engstem Raum (allein siebenmal 18,258-261), dreimal in ähnlicher Weise wie an den zuvor genannten Stellen mit confirmatiue bzw. confirmatiuam habet uim. Den Satzanfang inueniuntur/inuenitur tamen etiam gibt es viermal (17,143, 18,266. 275. 329); vgl. ferner inuenitur tamen und inuenitur tamen ... et (18,290. 225) und demgegenüber 17,163 sed inuenitur etiam sowie noch zweimal sed mit inuenitur im 17. Buch (115, 162). Wie eine Formel ist huic simile est illud verwendet, einmal in bezug auf Sallust, dreimal für Terenz und ebenfalls dreimal für Vergil. Ersichtlich ist z.B., wie oft und mit welcher Variation Priscian lateinische Komödien mit Titel zitiert (40mal Terentius in eunucho, 33mal ... in adelphis, 46mal ... in Andria, 23mal ... in Phormione [einmal lediglich Terentius Phormione] und nur einmal Terentius in hecyra). Nur ein einziges Mal ist dagegen namentlich ein Plautus-Beispiel eingeführt (17,122 Plautus in Poenulo). Ein Vers aus dem 8. Buch der Aeneis ist im 17. Buch zweimal zitiert und mit leichter Variation bezogen: 17,202 ist Virgilius in VIII dem Vers nachgestellt, an der späteren Stelle 208 aber steht es voran. Angesichts der sonst im 17./18. Buch offenbar üblichen, überlieferten Zitierweise ist auch 18,278 Lucanus in IIII statt ... in quarto zu erwarten sowie Großschreibung bei den Eigennamen/Titeln wie eunuchus, hecyra.

Die Veröffentlichung der Konkordanz im renommierten Olms-Verlag und ihre äußere Erscheinung in zwei stattlichen, repräsentativ gebundenen Bänden mit goldfarbiger Titelprägung darf freilich nicht darüber hinweg täuschen, daß es sich damit nicht um einen wissenschaftlich selbständigen Beitrag zur Forschung mit eigenen gedanklichen Erträgen handelt. Eine Konkordanz per se ist noch kein Erkenntnisfortschritt und lediglich ein Arbeitsinstrument, das weitgehend vom Computer hergestellt ist. Ihre nutzbringende Auswertung, wie sie hier ansatzweise demonstriert ist, und der Gewinn von neuen, für das Verständnis des Priscian-Textes und seine Interpretation wesentlichen Erkenntnissen hat erst noch zu erfolgen und wird dem gedanklichen Ergebnis anderer, nicht der Leistung von García Román, Gutiérrez Galindo und Carmen Díaz de Alda Carlos anzurechnen sein. Zudem ist deren Wertigkeit weiter einzuschränken. Denn trotz der hier exemplarisch aufgezeigten Möglichkeiten, die die neue Konkordanz eröffnet, ist die Arbeit mit den beiden Bänden und ihr Nutzen für die Forschung problematisch, und dies sogar in dreifacher Hinsicht:

1.)     Als Referenz für die einzelne Fundstelle sind lediglich die Buchzahl Priscians (17 oder 18) und die entsprechende Seite in Keils Ausgangstext angegeben. Unverständlicherweise verzichtet ist auf die zusätzliche Angabe der Zeilenzahl nach der Edition von Hertz/Keil, so wie es der üblichen, eingeführten Zitierweise von Texten der Grammatici Latini entsprochen hätte (vgl. die Zitierliste des ThLL, vgl. die Angaben in anderen Grammatiker-Indizes/Konkordanzen wie die von Marinone, Beck, Herrera). Ein schnelles, präzises Auffinden der Stelle ist damit erschwert, zumal wenn es die gesuchte Formulierung auf der Seite mehrfach gibt.

2.)     Bei der Erstellung der Konkordanz hat der besondere Charakter des zugrunde liegenden Priscian-Textes zu wenig Beachtung gefunden. Schon ein oberflächlicher Blick auf die Ausgabe von Hertz/Keil mit ihrem seitenlang dominierenden Sperrdruck zeigt, daß Priscian in den für die Erstellung einer Konkordanz gewählten Büchern 17 und 18 seiner ‘Institutio grammatica’ über weite Strecken und in einer fast übertriebenen Fülle Beispielformulierungen aus antiken, als klassisch empfundenen Autoren zitiert. Geradezu ein Zitatennest bilden die Seiten 258-264; auch von S.280 an finden sich bis zum Ende auf nahezu 100 Seiten fast ausschließlich Zitate, von wenigen überleitenden Bemerkungen Priscians abgesehen (z.B. idem in, in isdem, ut etiam, id est, similiter in ...; häufig ist die Gegenüberstellung von Attici - Romani, apud illos - et nostri, illi - nos [apud nostros nur einmal, apud nos 41mal, apud Latinos 12mal]; vgl. besonders 3,264,16 ideo ex uno libro Ciceronis tot usus proponere studui ... mit ständigem in eodem ...). Wie es auch sonst bei den lateinischen Grammatikern üblich ist, beschränkt sich Priscian beim Zitieren nicht auf die für ihn relevante Wortverbindung, sondern gibt großzügig vollständige Sätze bzw. Verse wieder. Bei der Lektüre seiner Grammatik mag dies durchaus seinen Reiz haben. Für den heutigen wissenschaftlichen Nutzer ist die optisch rasche Identifizierung der Originalzitate als Beispiele und ihre Trennung von Priscians eigenen Aussagen wichtig, wie es eben der Sperrdruck bei Hertz/Keil sofort ermöglicht. Auch für eine Grammatiker-Konkordanz - und gerade im Fall der Bücher 17 und 18 des Priscian - wäre dies zu erwarten und technisch durchaus möglich (vgl. z.B. die Terentianus-Konkordanz mit ihrer Markierung von Beispielwörtern und -versen durch Kursivdruck). Die drei Herausgeber haben dagegen für ihre Konkordanz auf eine Markierung gänzlich verzichtet. Ob es sich um Priscians eigene Formulierungen handelt oder aber um Worte eines Terenz, Cicero und Sallust, ist lediglich aus dem dafür z.T. zu knappen Kontext zu erschließen.

          Tadel verdient im übrigen nicht nur die wenig benutzerfreundliche Präsentation. Fraglich ist überdies der Sinn einer selbständigen Vollkonkordanz ausgerechnet für die mit Beispielen angefüllten Bücher 17 und 18 des Priscian: Durch völlig irrelevante Füllwörter von Priscians Beispielautoren ist die Konkordanz unnötig aufgebläht und vermittelt dem auf schnelle Information ausgehenden Benutzer ein verzerrtes Bild von Priscians eigenem Wortschatz. Sinnvoll und in der Tat wertvoll wäre demgegenüber eine Trennung von Priscians eigenem Text und den darin enthaltenen Beispielen sowie die Wiedergabe von letzteren, eben nicht von Priscian stammenden Formulierungen in einer eigenen, dritten Konkordanz, so wie auch griechische (Beispiel-)Wörter ihre eigene Konkordanz erhalten haben. Im übrigen macht Priscian selbst seinen Leser zu Beginn des 18. Buches auf Wiederholung von bereits zuvor gegebenen Beispielen aufmerksam (3,210,7 ergo minime mireris, si eadem exempla constructionum repetantur ...): Hier wäre in der Tat eine eigene, übersichtliche Zusammenstellung hilfreich (z.B. [17]3,175,1 und [18]3,308,2 unterschiedlicher Anfang desselben Lucan-Verses). Als Zugabe sinnvoll wäre eine verläßliche Liste der Fundstellen, die den alten unzuverlässigen Stellenindex bei Keil ersetzt.

3.)     Auch wenn Priscians Bücher 17 und 18 eine thematisch geschlossene und zweifellos für die Geschichte der Grammatik besonders wichtige Einheit darstellen (Syntax, ‘De constructione’), ist schließlich der Wert einer solchen Konkordanz als ganzes in Frage zu stellen. Denn daß die beiden Bücher im Mittelalter z.T. in der Tat als ‘Priscianus minor’ eine eigenständige Verbreitung erfahren haben - so die Herausgeber selbst einleitend zur Rechtfertigung ihrer beschränkten Textauswahl -, ist kein überzeugendes Argument für eine entsprechende umfangsmäßige Beschränkung eines mit der Konkordanz geschaffenen reinen Arbeitsinstrumentes, das keinerlei inhaltlich eigenständigen Charakter hat, um an die Rezeptionsgeschichte des zugrunde gelegten Textes anzuknüpfen. Die beiden Bücher 17 und 18 sind ursprünglich als Teil einer Großgrammatik konzipiert und von Priscian eindeutig in das Gesamtwerk seiner ‘Institutio grammatica’ einbezogen - anders als seine zusätzlichen kleinen Traktate und eben nicht vergleichbar den einzelnen, eigenständig konzipierten Dialogen eines Platon oder Komödien eines Plautus, für die es inzwischen im selben Verlag ebenfalls einzelne Konkordanzen gibt. Priscians Bücher 17 und 18 sind bereits in der Inhaltsübersicht des Widmungsbriefes angekündigt (2,4,9f.). Im 8. und 11. Buch ist auf die Bücher 17f. vorverwiesen (2,408,20 ... cum de constructione orationis tractauerimus, latius disseremus ..., 550,18 sed de his, ..., cum de dispositione uel constructione partium orationis scripserimus, ..., exponere latius conabimur). Zu Beginn des 17. Buches ist ausdrücklich auf die vorausgegangene Einzeldarstellung der sog. partes orationis Bezug genommen und die nun folgende Besprechung als daran anschließende Darstellung eingeleitet (3,107,22ff. Quoniam in ante expositis libris de partibus orationis in plerisque Apollonii auctoritatem sumus secuti ..., nunc quoque eiusdem ... uestigia sequentes ... in supra dictis igitur de singulis uocibus dictionum, ut poscebat earum ratio, tractauimus; nunc autem dicemus de ordinatione earum ... hoc enim etiam de literis tradita ratio demonstrauit ...). Für den heutigen wissenschaftlichen Bearbeiter auf der Suche nach sprachlichen Parallelen und grammatischen t.t. ist die Auseinandersetzung mit Priscian folglich nicht auf ein inhaltlich und sprachlich unabhängig entstandenes Buchpaar zu beschränken. Für die Edition, Kommentierung und Analyse von Priscians Sprachgebrauch sind die vorausgegangenen 16 Bücher mit nicht weniger Intensität auszuwerten. Daß die Arbeit allein mit einer Konkordanz zum 17. und 18. Buch hierfür nur eine verhältnismäßig schwache Hilfe ist, liegt auf der Hand: Zu verweisen ist z.B. auf die uocales praepositiuae [17]3,111,22 und bereits [1]2,37,8. Syllaba abundat [17]3,109,16 ist z.B. mit [9]2,465,10, aber auch [7]2,295,24 zu vergleichen. Das oben als Beispiel untersuchte Adverb affirmatiue kommt auffälligerweise bei Priscian nur im 18. Buch vor und ist dort relativ häufig (246-259 zehnmal; vgl. den Index von Marinone). Die von Priscian in den Büchern 17/18 scheinbar gemiedene Terenz-Komödie ‘Hecyra’ ist nach dem Index von Keil sonst allerdings 13mal zitiert. Von den t.t. subiunctiuus und dubitatiuus verwendet Priscian ersteren im Nominativ außer in Buch 17/18 noch siebenmal, letzteren im Akkusativ noch 2,422,16. Subaudiendum findet sich bei den Grammatici Latini nur viermal und nur bei Priscian, dreimal in den Büchern 17 und 18, aber auch einmal in Buch 9 (2,476,3). Für Priscians eigene Umschreibung des Inhaltes von Buch 17 und 18 und die dazu [17]3,108,1f. gleichsam wie ein Titel verwendete Formulierung de ordinatione siue constructione dictionum sind leichte Variationen in den vorausgegangenen Büchern interessant, so 2,4,9f. de constructione siue ordinatione partium orationis inter se, 408,20 de constructione orationis, 550,17 de dispositione uel constructione partium orationis. Auch wenn die Bücher 17 und 18 natürlich die überwiegende Zahl der Belege bieten, sind die t.t. constructio bzw. ordinatio bereits in den Büchern 2, 5, 6, 8, 11 und 13-16 verwendet und ebenfalls zu berücksichtigen ...

          Für die Beschäftigung mit Priscian und seinen Aussagen über die Syntax in den Büchern 17/18 wird man folglich auch weiterhin eher zum Index von Marinone/Lomanto greifen bzw. für eigene Recherchen auf die angekündigte CD-ROM des Saur-Verlags mit den Texten aller Grammatici Latini warten.

Abschließend ist somit leider festzustellen, daß die hier zu besprechende Konkordanz wenig Einfühlungsvermögen für den Umgang mit Grammatiker-Texten und die Bedürfnisse eines heutigen wissenschaftlichen Nutzers erkennen läßt. Für ein bloßes, spielerisches Ausprobieren technischer Möglichkeiten, d.h. die exemplarische Erstellung einer Konkordanz für einen aus praktischen, nicht wirklich aus sachlichen Gründen beschränkten Ausgangstext ist das im Olms-Verlag publizierte Ergebnis zu teuer. Einen ohnehin immer knapper werdenden Bibliotheksetat für Klassische Philologie mit den beiden, zusammen fast DM 400,- kostenden Bänden zu belasten, ist kaum zu empfehlen.

Es ist schade, daß der Olms-Verlag die bereits im Gnomon 67 (1995) S.226 für Platon und Plautus als unzeitgemäß beklagte, zunehmende Zerstückelung eines Oeuvres auch im Falle des Priscian ohne Rücksicht auf die finanzielle Lage seiner Abnehmer und das Fortschreiten technischer Möglichkeiten fortsetzt, letzteres im Gegensatz etwa zu den zahlreichen Bibliographie-Datenbanken des Saur-Verlags. Mit denselben Worten wie vor fünf Jahren ist für Priscian bzw. für die Grammatici Latini erneut und nun mit umso größerem Nachdruck eine CD-ROM-Edition des Konkordanz-Großprojektes von Marinone zu postulieren - eine sinnvolle, einmalige Investition in eine vollständige Konkordanz anstelle teurer, unbefriedigender Einzelkäufe etwa des publizierten Auswahlindex von Marinone und jetzt auch noch einer Priscian-Konkordanz nur zum 17. und 18. Buch.

Abgekürzt zitierte Literatur:

Index Grammaticus. An Index to Latin Grammar Texts. Edited by V. Lomanto, N. Marinone, 3 Bde., Hildesheim 1990 (Alpha-Omega, Reihe A, Bd. LXXXI). Rez.: J.-W. Beck, Gnomon 67 (1995), S.221-226.

 

Concordantia in Terentianum Maurum. Curavit J.-W. Beck, Hildesheim 1993 (Alpha-Omega, Reihe A, Bd. CXXXVI).

 

Scriptores Latini de re metrica. Concordantiae - Indices, Vol. XIV: Priscianus, hrsg. v. M. del Castillo Herrera, Universidad de Granada 1997.Rez.: M. L. Arribas Hernáez, Emerita 67 (1999), S.375-376.

 

Concordantiae in Prisciani Panegyricum. A cura di G. Ballaira, Hildesheim 2000 (Alpha-Omega, Reihe A, Bd. CCX).

 

G. Ballaira: Prisciano e i suoi amici, Torino 1989.

 

M. Baratin: La naissance de la syntaxe à Rome, Paris 1989.

 

A. Della Casa: Rassegna Di Studi Sui Grammatici Latini (1934-1984), BStudLat 15 (1985), S.85-113.

 

H. A. Gärtner (Hrsg.): Die römische Literatur in Text und Darstellung, Bd. 5: Kaiserzeit II, Stuttgart 1988.

 

M. Glück: Priscians Partitiones und ihre Stellung in der spätantiken Schule, Hildesheim 1967.

 

M. Passalacqua (Hrsg.): Prisciani Caesariensis Opuscula. De figuris numerorum, De metris Terentii, Praeexercitamina, Rom 1987.

 

M. Passalacqua (Hrsg.): Prisciani Caesariensis Institutio de nomine et pronomine et verbo, Urbino 1992.

 

M. Pugliarello: Rassegna Di Studi Sui Grammatici Latini (1985-1997), BStudLat 28 (1998), S.506-547.

 

Für weitere Angaben und zur rasch möglichen Ergänzung der genannten Grammatiker-Bibliographien um fehlende Priscian-Titel sei auf die DCB-Datenbank (‘La Bibliographie de l’Antiquité Classique’, CD-ROM) verwiesen.

 

Regensburg                                                                                                Jan-Wilhelm Beck